Vorbemerkung zur Veröffentlichung des Urteils in www.Mitteleuropa.de:

Für eilige Leser: Zum vollständigen Wortlaut des Gerichtsentscheides. Und hier zu fachkundiger Beurteilung durch amerikanische und deutsche Juristen.

Der Deutsche Text des Verfassungsgerichtsurteils zur Recht- oder Un-Rechtmäßigkeit einiger Beneš-Dekrete wurde mir dankenswerterweise vom Pressereferenten der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Herrn Konrad Badenheuer, zur Verfügung gestellt. Ich habe es mit einem Scanner eingelesen und anschließend auf Tipp- und Lesefehler überprüft. Dabei kam ich nicht umhin, jedes Wort genau anzuschauen. (Wenn trotzdem noch Tippfehler auftauchen, bitte ich um Nachricht!)

Dabei gingen mir manche Aussagen des Urteils durch den Kopf: wie weltfremd müssen Richter sein, wie voreingenommen, wie parteiisch. Dieses Urteil ergeht sich in hehren Worten über den Edelmut der Staatsgründer der ersten Republik, über die Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit der tschechischen Politik, und übersieht in einer wahnsinnigen Engstirnigkeit die Verbrechen gegen die Menschheit, die Masaryk und Beneš mit ihrer verlogenen Politik zu verantworten haben. Das Gericht hat sicherlich noch nie etwas von Hanus Kuffner gehört oder gelesen, hat sich mit der widerwärtigen Lügenpolitik der „Tschechoslowaken“ vor der Staatsgründung am 28. Oktober 1918, mit der Unterdrückung aller „mitwohnender Völker“ durch die Tschechen überhaupt nicht auseinandergesetzt.

Ich gebe hier den Text der Öffentlichkeit bekannt. Zwar wurde zeitnah nach Ergehen des Urteils dasselbe durch unzählige Pressestimmen kommentiert, welche ich nicht alle wiedergegeben kann und will. Ich werde einige Leitlinien aus den Pressestimmen herausarbeiten und in einem Anhang veröffentlichen.

Vorher werde ich mir aber die Freiheit nehmen, einige Aussagen des Gerichtes der Wirklichkeit gegenüberzustellen. Und dazu erbitte ich die Mithilfe aller Leser. Ich als nachgeborener Sudetendeutscher kann nicht alles wissen, was meine Elterngeneration und die Großeltern aus eigenem Erleben dazu zu sagen hätten. Mir ist es unerträglich, daß alle Geschichtsbetrachtungen immer nur mit dem „Deutschen Übel“ beginnen, ohne nach den Vorgängen zu fragen, ohne die Zwangslagen zu bedenken, in die das deutsche Volk und das Deutsche Reich nicht nur aus eigener Schuld hineingepreßt wurden. Der Anfangspunkt meiner Betrachtungen ist das Ende des Ersten Weltkrieges.

Der Erste Weltkrieg hatte eine Zeit ruhiger Entwicklung, aber auch aufbrausenden Nationalgefühls beendet. Nach über vierzigjähriger aufstrebender Wirtschaft hatte der Krieg für die Deutschen eine gewaltige Umwälzung gebracht. Plötzlich wurde das Deutsche Volk gefragt und gefordert. Und das Volk litt mehr, als es dem Kaiser zu opfern bereit war.

Der Krieg wurde beendet unter der Maxime der von Wilson verkündeten 14 Punkte. Mit dem Versprechen einer neuen Weltordnung hatte Wilson für die Alliierten des Ersten Weltkrieges erreicht, daß das Deutsche Volk müde wurde, für Kaiser und Reich zu kämpfen und zu sterben. Das Deutsche Volk sehnte sich nach einer Zeit ruhiger Einkehr und innerer Entwicklung.

Das Ende des Ersten Weltkrieges war nun allerdings alles andere als der Beginn einer friedlichen Zeit. Die Waffenstillstandsbedingungen waren unerbittlich hart, die „Friedensverträge“ kann man nicht als solche bezeichnen, denn es waren nicht ausgehandelte zweiseitige Verträge, sondern Diktate der obsiegenden Alliierten über das unterlegene Deutsche Reich und das besiegte Deutsch-Österreich (dem die Sieger freilich diesen Namen verweigerten!).
Wer das Wort „Diktat“ nicht gelten lassen will, sei daran erinnet, daß die deutschen Delegationen an Verhandlungen nicht teilnehmen durften und daß die Sieger die Deutschen unter Androhung weiterer Waffengewalt zwangen, die Lüge von der „Alleinigen Kriegsschuld Deutschlands“ zu unterschreiben.

Sämtliche Nachbarstaaten fielen über die Grenzen der beiden deutschen Länder her, um ihre anmaßenden Kriegsziele zu verwirklichen: Italien überfiel das nur von der Landwehr schwach verteidigte Südtirol, die Tschechen besetzten mit Waffengewalt die sudetendeutschen Gebiete, die Südslawen fielen über die Untersteiermark her, die Polen hatten durch den Versailler Diktatfrieden Westpreußen, Posen und Ostoberschlesien annektiert, Ostpreußen vom Reich getrennt und Danzig vom Hinterland abgeschnitten und kümmerten sich einen Dreck darum, daß jede Volksabstimmung in „zweifelhaften“ Gebieten erdrückende Mehrheiten für den Verbleib beim Deutschen Reich brachten. Eupen-Malmedy, rein deutsch besiedelte Landkreise an der Westgrenze, wurden in Belgien einverleibt, das deutsche Elsaß wurde – ohne Befragung der Einwohnerschaft – wieder Frankreich zugeschlagen, obwohl mehrheitlich deutschsprachig. Lediglich die Grenze gegen Dänemark im Norden wurde nach einigermaßen vertretbaren Gesichtspunkten leidlich entsprechend dem Wunsche der Bevölkerung gezogen, so daß diese Grenze niemals später neuen Streit hervorrief.

Während das Deutsche Reich im November 1918 mit sich selbst beschäftigt war (9. November: Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann, wenige Stunden darauf Ausrufung der Räterepublik durch Karl Liebknecht, seither Bürgerkrieg und innere Kämpfe, 11. November Kapitulation der Frontheere, Rückfluten der ihrer Aufgabe entledigten Soldaten ins Reich) fielen die Tschechischen Armeen mit Waffengewalt ins deutsche Sudetenland ein. Nur eine viel zu schwache Landwehr widersetzte sich der Okkupation, um dem Selbstbestimmungsrecht der Völker Gehör zu verschaffen – aber niemand vernahm die Schmerzensschreie des vergewaltigten Sudetenlandes. Die Siegermächte waren den Lügen der Herren Masaryk und Beneš erlegen und meinten, das Sudetenland sei tschechisches Land. Die Brüder und Schwestern im Deutschen Reich hatten Augen und Ohren allein für die eigenen Sorgen, Deutschösterreich stritt sich mit den Siegern um die eigene Stellung: es begehrte den Anschluß an das Deutsche Reich und betrachtete nach wie vor die deutschen Kreise Böhmens und Mährens gemäß der eigenen Bekundung dieser Landesteile als Bestandteile Deutschösterreichs. Erst unter dem Druck des tschechischen Embargos gegen Wien (die Tschechen drohten mit der Sperrung jeglicher Nahrungszufuhr nach Wien!) ließ die Regierung Deutschösterreichs seine Unterstützung der Sudetendeutschen fallen. Und die Tschechen setzten die militärische Eroberung der sudetendeutschen Städte und Dörfer fort: Nach den ersten Toten aus den ohnmächtigen Abwehrkämpfen brach am 4. März 1919 nicht nur die Sudetendeutsche Mahnung für das Selbstbestimmungsrecht auch für die Sudetendeutschen unter den Waffen der tschechischen Milizen und Militärs zusammen, sondern auch 54 Tote (die „Märzgefallenen“) waren zu beklagen: Kinder, junge Frauen und Greise beiderlei Geschlechts.

Hier liegt der Hund begraben: Die Tschechen hatten sich durch Vorspiegelung falscher Tatsachen und mit Versprechungen, deren Einhaltung sie von vornherein nicht ernst meinten, auf die Seite der Sieger geschlagen. Sie hatten ihre Truppen aus den Fronten gelöst und mit voller Bewaffnung in den Heimatgarnisonen, während noch die Deutschen des k.u.k.-Heeres an den Fronten oder in Kriegsgefangenschaft standen und erst nach und nach (durch die Waffenstillstandsbedingungen völlig entwaffnet) in die von fremden Völkern besetzten Heimatländer heimkehren konnten.

Die Tschechen hatten niemals ernsthaft erwogen, die Slowaken angemessen an der Staatsmacht zu beteiligen. Den Deutschen im Staate, nach den Slowaken die drittgröße Volksgruppe mit etwa 3½ Millionen Menschen, wurde jegliche Teilhabe an der Staatsgewalt verweigert. Deutsche Beamte wurden in großer Zahl aus dem Staatsdienst entlassen. In die sudetendeutschen Gebiete wurden tschechische Lehrer und Verwalter verschoben, für deren Kinder wurden tschechische Schulen eingerichtet, wofür oftmals deutsche Schulen geschlossen oder geschmälert wurden. (Es wird behauptet, daß 1938 infolge des Anschlusses der deutschen Siedlungsgebiete an das Deutsche Reich etwa 500 000 Tschechen diese Regionen verlassen mußten. Aufgrund der vorliegenden Verträge (Optionsvertrag Berlin-Prag 1938 über die staatliche Zugehörigkeit der Angehörigen des Nachbarvolkes) kann es sich nur allein um Personen gehandelt haben, die nach 1918 ins Sudetenland übersiedelt bzw. versetzt worden waren, und die aufgrund ihres Auftretens gegenüber der deutschen Mehrheitsbevölkerung Angst hatten vor der ausgleichenden Gerechtigkeit.)
Gegen deutsche Betriebe wurde ein regelrechter Wirtschaftskrieg geführt: Staatliche Aufträge ergingen nur an Betriebe, die mehr als die Hälfte tschechische Arbeitnehmer beschäftigten, oder sie waren an die Einstellung zusätzlicher Tschechen gebunden. Infolgedessen waren die industrialisierten Sudetengebiete weit stärker von der Weltwirtschaftskrise geschüttelt als Innerböhmen. Die Arbeitslosigkeit unter den Sudetendeutschen – mit all ihren leidvollen Folgen bis zu auffällig hohen Selbstmordraten und geringer Kinderzahl der Familien – erreichte annähernd die doppelte Höhe wie in den tschechischen Städten und Dörfern. 

Der Ordnung halber sei erwähnt, daß die tschechische Unterdrückung der anderen Völker sich ebenso gegen die Ungarn (Slowakei) und die Polen (Beskiden, Slowakei) richteten, daß selbst die Slowaken sich derart unterdrückt fühlten, daß sie Ende 1992 nun endlich das tschechische Joch abschüttelten und ihre Geschicke in eigene Hände nahmen. Dabei ist es bezeichnend und hoffentlich ein gutes Omen, daß der zweite Staatspräsident Rudolf Schuster deutscher Abstammung ist.
Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des Verfassungsgerichts in Brünn nur schwer verdaulich.

Ich werde Anmerkungen einfügen, sobald meine Zeit und Kraft das erlauben. Und ich werde Verknüpfungen legen zu den Texten, auf die sich die Verfassungsrichter beziehen. Damit bitte ich alle Leser, es mir gleichzutun: die Prüfung zu verfeinern und Belege beizubringen – für die Behauptung des Verfassungsgerichts oder für meine Kritik. Ich mache das im Interesse der geschichtlichen Wahrheit, nicht um einer Seite wehzutun oder um der anderen Seite zu gefallen.

Weiter zum vollständigen Wortlaut des Gerichtsentscheides.

2001-06-18 ML