aus dem Buch von Fritz-Peter Habel: Eine politische Legende, München 1996, dankenswerterweise zur Verfügung gestellt vom Ostdeutschen Arbeitskreis Hochtaunus (Friedebert Volk).
Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Tschechoslowakischen Republik
über Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen
vom 20.11.1938
.....
§ 1
Diejenigen tschechoslowakischen Staatsangehörigen, die am 10. Oktober 1938
ihren Wohnsitz in einer mit dem Deutschen Reich vereinigten Gemeinde gehabt haben,
erwerben unter Verlust der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit mit Wirkung vom 10.
Oktober 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie
a) vor dem 1. Januar 1910 in dem mit dem Deutschen Reich vereinigten
Gebiet geboren sind oder
b) die deutsche Staatsangehörigkeit mit dem 10.
Januar 1920 [ML01] verloren haben
oder
c) Kinder oder Enkelkinder einer Person sind, auf die die Voraussetzungen der Buchstaben a
oder b zutreffen,
oder
d) Ehefrauen von Personen sind, auf die die Voraussetzungen der Buchstaben a, b oder c
zutreffen.
Tschechoslowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit, die am 10. Oktober
1938 ihren Wohnsitz außerhalb des früheren tschechoslowakischen Staatsgebiets
gehabt haben, erwerben unter Verlust der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit mit
Wirkung vom 10. Oktober 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn
sie am 10. Oktober 1938 das Heimatrecht in einer mit dem Deutschen Reich
vereinigten Gemeinde besessen haben.
Eine Ehefrau erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit nicht, wenn sie ihr Ehemann nicht erwirbt.
§ 2 (*1)(Bitte beachten,
daß dieser Paragraph nicht angewendet wurde.)
Die Deutsche Regierung kann bis zum 10. Juli 1939 das Verlangen
stellen, daß Personen nichtdeutscher Volkszugehörigkeit, die nach den Bestimmungen
dieses Vertrages tschechoslowakische Staatsangehörige bleiben und seit dem 1.
Januar 1910 in das mit dem Deutschen Reich vereinigte Gebiet zugezogen sind,
sowie ihre die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit besitzenden Abkömmlinge das
Deutsche Reich innerhalb einer Frist von drei Monaten
[ML02] verlassen. Die Tschechoslowakische Regierung wird diese
Personen in ihr Gebiet aufnehmen.
Die Tschechoslowakische Regierung kann bis zum 10. Juli 1939 das
Verlangen stellen, daß Personen deutscher Volkszugehörigkeit, die zur Zeit des
Inkrafttretens dieses Vertrages tschechoslowakische Staatsangehörige sind und seit dem 1.
Januar 1910 in das jetzige Gebiet der Tschechoslowakischen Republik zugezogen
sind, sowie ihre Abkömmlinge die Tschechoslowakische Republik innerhalb einer Frist von
drei Monaten [ML02] verlassen. Diese Personen verlieren damit die
tschechoslowakische Staatsangehörigkeit; die Deutsche Regierung wird sie in ihr Gebiet
aufnehmen.
Dies gilt nicht für Personen, welche die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit nach
dem 30. Januar 1933 [ML03]
erworben haben und bis zu dem genannten Zeitpunkt deutsche oder österreichische
Staatsangehörige gewesen sind.
§ 3
Personen nichtdeutscher
Volkszugehörigkeit [ML04], die nach den Bestimmungen des §
1 die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, können bis zum
29. März 1939 (verlängert auf den 30. Juni 1939) für
die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit optieren.
§ 4
Deutsche Volkszugehörige, die tschechoslowakische Staatsangehörige bleiben, können bis
zum 29. März 1939 (verlängert auf den 30. Juni 1939)
für die deutsche Staatsangehörigkeit optieren. Dies gilt nicht für Personen,
welche die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit nach dem 30. Januar 1933
[ML03] erworben haben und bis zu dem genannten Zeitpunkt deutsche oder
österreichische Staatsangehörige gewesen sind.
< §§ 5 bis 11 fehlen (* 3)> Ich möchte sie aber gerne auch veröffentlichen und bitte um Übermittlung. ML 2000-11-04
§ 12
Personen, die das Gebiet des Deutschen Reiches oder der Tschechoslowakischen
Republik verlassen müssen, weil dieses Verlangen auf Grund des §
2 gestellt worden ist, sowie Optanten, die bis zum 31. März 1940
ihren Wohnsitz in denjenigen Staat verlegen, für den sie optiert haben (*4),
dürfen das gesamte bewegliche Gut, das sie am Tage der Unterzeichnung dieses Vertrages
besessen haben, mitnehmen und brauchen keine Abgaben hierfür
zu entrichten [ML05].
Ausgenommen hiervon sind bares Geld, Wertpapiere und Sammlungen, die für das Ausfuhrland
von besonderer historischer oder kultureller Bedeutung sind; die Behandlung dieser Sachen
bleibt einer besonderen Vereinbarung vorbehalten.
< §§ 13, 14 fehlen (*5)> Ich möchte sie aber gerne auch veröffentlichen und bitte um Übermittlung. ML 2000-11-04
Anmerkungen von Fritz-Peter Habel:
(*1) Siehe dazu den Abschnitt I der unter Anmerkung 6
wiedergegebenen Zusatzvereinbarung.
(*2) Siehe dazu den Abschnitt II der unter Anmerkung
6 wiedergegebenen Zusatzvereinbarung.
(*3) Es folgten Bestimmungen, bei welchen Behörden und auf welche
Weise (§§ 5, 6, 11) die kostenfreie (§ 8), formell abzugebende (§
7) und unwiderrufliche (§ 10) Optionserklärung, die auch Familienangehörige umfaßte
(§ 9), abzuwickeln ist.
(*4) Damit war kein Zwang zum Wohnsitzwechsel nach Option gegeben, wie
dies die alliierten und die CSR-Bestimmungen nach 1919 verfügt hatten [ML06].
(*5) Ein gemischter Ausschuß der Vertragspartner (§
13) sollte auftretende Zweifelsfragen des Vertrages klären, der am 26. 11.
1938 in Kraft trat (§ 14).
(*6) "Zusatzvereinbarung <vom 4. 3.
1939> zu dem am 20. November 1938 zwischen dem Deutschen Reich und der
Tschecho-Slowakischen Republik abgeschlossenen Vertrag über Staatsangehörigkeits- und
Optionsfragen.
Die Deutsche Regierung und die Tschecho-Slowakische Regierung haben durch ihre
unterzeichneten Bevollmächtigten in Bezug auf den Vertrag vom 20. November 1938
zwischen dem Deutschen Reich und der Tschecho-Slowakischen Republik über
Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen folgendes vereinbart:
I.
Die Deutsche Regierung und die Tschecho-Slowakische Regierung werden unter
Vorbehalt einer anderweitigen Verständigung hierüber den § 2
des vorgenannten Vertrags vorläufig nicht anwenden.
II.
Die in den §§ 3 und 4 des vorgenannten
Vertrags vorgesehenen Fristen werden bis zum 30. Juni 1939
einschließlich verlängert.
Zu Urkund dessen haben die Bevollmächigten diese Zusatzvereinbarung unterzeichnet."
Quellen:
a) Vertrag: RGBl 1938, 11; S. 896 ff; dort auch Text in tschechischer Sprache. Slg. 1938;
Nr. 300, S. 1032 ff.
b) Zusatzvereinbarung:
AktenA<auswärtiges>A<mt>,P<olitische>A<bteilung>,
c) Registernummer 103758.
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Anmerkungen ML 2000-11-04:
ML02 Hiermit wird für Übersiedlungen eine angemessene Frist vertraglich festgeschrieben.
ML05 Wie großzügig ist diese Regelung doch im Vergleich mit den späteren Massenenteignungen durch die Benesch-Dekrete!