Der Aufstand 1944 in der Slowakei und die Karpatendeutschen
Theodor Deters berichtet vor dem Freundeskreis des Sudetendeutschen Wandervogels beim Treffen in Bad Alexandersbad 2003:

Im letzten Jahre habe ich von dieser Stelle aus über die gegenseitigen Beziehungen zwischen den Sudetendeutschen und den Karpatendeutschen berichtet. Das Hauptgewicht lag naturgemäß auf der Zeit von 1918 bis 1939, also auf den Jahren, in denen die 1. Tschechoslowakei bestand. Dann trennten sich unsere Wege wieder, die beiden Volksgruppen nahmen eine andere, eigene Enwicklung. Nur der allerletzte Schluß war identisch: Beide fanden ein Ende durch die Vertreibung!
Eingeleitet wurde dieses historische Drama bei beiden durch infernalische Vorgänge – bei den Sudetendeutschen durch die bestialischen Pogrome der Tschechen im Frühsommer1945, bei den Karpatendeutschen waren es der Aufstand in der Slowakei und die Greueltaten der Banden im Sommer und Herbst des Jahres 1944.
– Darüber will ich heute berichten.

I. Als Hinführung zum Thema will ich kurz erzählen, wie ich den Aufstand persönlich erlebt habe.

Ich war damals Lehrer an der Streusiedlungsschule in der Gemeinde Groß Rippen. Sie liegt zwischen Waagfluß und Inowetzgebirge im Westen und Neutrafluß und Tribetschgebirge im Osten. In dem Ort, der ca. 1600 Einwohner zählte, wohnten rund 100 deutsche Menschen, zumeist größere Bauern. Trotz dieser exponierten Lage verspürten wir im Sommer 1944 nichts davon, daß sich im Lande etwas zusammenbraute, obwohl eine gewisse Abkühlung von Seiten vermeintlich guter slowakischer Freunde gelegentlich zu spüren war. Aber der gegenseitige Umgang miteinander schien ungestört.

Am 29. August 1944 – es waren noch Schulferien – machte ich einen Ausflug in das bekannte Bad Pistyan, zusammen mit meiner damaligen Verlobten – sie sitzt heute unter uns. Wir genossen den Tag unbeschwert und ungetrübt. Als wir heimfahren wollten, standen an der Omnibushaltestelle Menschen aufgeregt herum und erzählten, daß aus verschiedenen Garnisonen geschlossene Einheiten in die Berge zu den Partisanen abgerückt seien. Sie hatten Sorge, ob die Fahrt über das Inowetzgebirge noch gefahrlos ablaufen würde – aber nichts geschah!

Ein oder zwei Tage später – mittlerweile hatten wir von dem Aufstand und von verschiedenen Geschehnissen erfahren – kam ein Anruf vom Amt für Volkswohlfahrt der Deutschen Partei aus Preßburg mit einem klaren Auftrag: In einem Vorort der nahen Stadt Topoltschan gab es ein aus Preßburg ausgelagertes Kinderheim mit über 30 Kindern, etlichen Schwestern und auch drei Mitarbeitern des Amtes. Das alles inclusive Inventar. Das alles mußten wir Groß-Rippener sofort aus der von Aufständischen besetzten Stadt herausholen – wie, das war unsere Sache.

Meine deutschen Bauern stellten 7 Fuhrwerke mit slowakischen Fahrern zur Verfügung, außerdem fuhr ein deutscher Freund mit. Nach der Devise: „Getrennt marschieren, vereint zum Ziel kommen“ gelang es uns, alles – Menschen und Gepäck, ja selbst ein schlachtreifes Mastschwein – zu verstauen und auf Umwegen nach Groß-Rippen zu bringen. Es war ein gespenstisches Szenarium mit vielen Soldaten, aber auch verwegenen, finster dreinblickenden Gestalten mit roten Armbinden und unterschiedlichen Schießprügeln, das sich uns da bot. Dankbar bin ich noch heute den slowakischen Kutschern, die sich vollkommen loyal verhielten. – Wäre so etwas in Böhmen möglich gewesen?

Es gibt noch einen zweiten Teil der Geschichte, der tragisch endete: Die drei Mitarbeiter fuhren am nächsten Tag noch einmal per Fahrrad zurück, um irgendetwas zu regeln. Dort wurden sie geschnappt, und nur einer kehrte nach Wochen zurück, die beiden anderen wurden von den Partisanen liquidiert, man weiß nicht wie und wo.

Am 3. September wurde Topoltschan von deutschen Truppen befreit, aber in den umliegenden Gebirgen hatten sich Partisanengruppen festgesetzt. Im ganzen Lande begannen Razzien nach Anhängern und Mitläufern der Aufständischen, so auch in unserer Gemeinde. Daß auch bei uns solche Leute existierten, das hatten wir gar nicht gewußt oder für möglich gehalten. Durchgeführt wurde diese Aktion nicht von Deutschen, sondern von der sogenannten Hlinka-Garde.

Aus Groß-Rippen wurden ca. 12 Personen weggeholt, doch dreien gelang die Flucht – zu den Partisanen! Wir wußten, daß dies für uns arme Streusiedler gefährlich werden könnte. So bemühten wir uns bei den zuständigen deutschen Wehrmachtsdienststellen in der Kreisstadt um Verlegung einer Etappeneinheit nach Rippen – es gab genügend davon in der slowakischen Umgebung. Aber nichts geschah, der zuständige Kommandeur hatte kein Verständnis für unsere Situation, viel wichtiger war ihm die Vermittlung einer hübschen Sekretärin für seine Dienststelle – er bekam sie aber nicht!

Dann stellten wir im Rahmen des sogenannten „Heimatschutzes“ eine kleine Truppe von 12 Mann auf – mehr hatten wir nicht, da ja etliche zur Waffen-SS eingezogen waren. Jeden Abend hatten 4 Mann Dienst, immer 2 und 2 patroullierten im Dorf und sahen bei den deutschen Höfen nach dem rechten. Eine unbefriedigende Lösung, aber besser als nichts, so schien es uns.

Am 12. November 1944 trat das ein, was wir befürchtet hatten. –
Eine Partisaneneinheit überfiel den Ort, geführt von den seinerzeit geflohenen Sympathisanten, plünderte und mißhandelte. In der Wachstube wurde ein 38jähriger Heimatschutzmann erschossen, Vater von zwei kleinen Kindern, und ein weiterer wurde schwer verletzt. Wie sich die Stimmung bei den Slowaken in diesen Wochen gewandelt hatte, ist an folgendem abzulesen:
Am Morgen nach dieser Bluttat hielten etliche Slowaken im Gasthaus eine laute Feier ab, bei der die Betrunkenen Begräbnislieder grölten.

Spätestens jetzt zerbrachen bei vielen von uns Illusionen und auch Freundschaften, so auch bei mir. Denn unter den grölenden Leuten war auch ein slowakischer, gleichaltriger Kollege, den ich für meinen Freund gehalten hatte!

Und jetzt ging es plötzlich doch –
Zwei Tage später wurde ein Pferdelazarett mit 300 Pferden und etwa 60 Soldaten nach Rippen verlegt. Von da an herrschte Ruhe an diesem Abschnitt. Und die Soldaten – durchwegs Ostpreußen – hatten schöne Wochen vor sich – bis die Front auch diesen Landstrich erreichte.

So weit meine direkte Berührung mit dem slowakischen Aufstand und seinen Auswirkungen.

 

II. Von der 1. CSR zur 1. Slowakischen Republik

Die Slowaken hatten sich nach Jahrhunderten der Unterdrückung durch die Ungarn nach dem 1. Weltkrieg große Hoffnungen auf eine gute Zukunft als selbständige Nation im Rahmen der Tschechoslowakei gemacht. Die Amerika-Slowaken schlossen im Namen des slowakischen Volkes am 30.Mai 1918 in Pittsburgh mit dem tschechischen „Brudervolk“ einen Vertrag, in dem den Slowaken eine weitgehende Autonomie mit eigener Verwaltung, eigenem Landtag und eigenen Gerichten und mit Slowakisch als Amtssprache zugesichert wurde. Doch in den Friedensverhandlungen in den Pariser Vororten 1918 war von der Autonomie und vom Status einer Föderation gleichberechtigter Nationen keine Rede mehr. Der neue Staat wurde zu einem Instrument der tschechischen Vorherrschaft nicht nur gegenüber den Deutschen und Ungarn, sondern auch gegenüber dem Brudervolk der Slowaken. Man sprach von einer „tschechoslowakischen“ Nation – und das war gar nicht im Sinne der Mehrheit des slowakischen Volkes. So gerieten die Slowaken „aus dem ungarischen Regen in die tschechische Traufe“.

Heute wird allgemein anerkannt, daß der Untergang der ersten CSR unter den Schlägen des 3. Reiches nicht nur durch den Streit und Kampf mit den Deutschen, sondern auch zwischen den Tschechen und den Slowaken bewirkt wurde. Der deutsche Autor eines Buches über den Aufstand, Wolfgang Venohr, schreibt über diesen Tatbestand: „Es war nicht nur ein Fehler, es war politischer Selbstmord, als die Tschechen die Slowaken zurückstießen.“

Derselbe Autor schreibt über diese Situation u.a.:
„ ....Die Tschechen betrachteten und behandelten die rückständige Slowakei als Kolonial- und Ausbeutungsgebiet, dessen hauptsächlicher Anreiz – neben den landschaftlichen Schönheiten als Touristenattraktion – in der Gestellung billiger Arbeitskräfte und braver Rekruten bestand ... .“

Diese Haltung der Tschechen verhärtete sich noch unter der Präsidentschaft von Edvard Beneš, der am 18. Dezember 1935 in sein Amt gewählt worden war. Er bekundete unverhüllt, es gäbe weder einzelne „Tschechen“ noch einzelne „Slowaken“, es gäbe nur das einheitliche „tschechoslowakische Volk mit der gemeinsamen Hauptstadt Prag“!

Die Geschehnisse in den bewegten Jahren 1938 und 1939 sind unserer Generation noch gut in der Erinnerung haften geblieben.
Am 14. März 1939 wurde die selbständige „Slowakische Republik“ als „Schutzstaat“ des Deutschen Reiches ins Leben gerufen. Es war unter den damaligen besonderen Umständen,
also:
• der gnadenlose Druck des Deutschen Reiches,
• der offen zutage tretende Appetit der Nachbarn Polen und vor allem Ungarn auf slowakische Gebiete,
• und nicht zuletzt die historische leidvolle Erfahrung der Slowaken
die einzige Lösung der verworrenen und bedrohlichen Situation.

Dieser neue Staat wurde von insgsamt 27 Staaten anerkannt, zuerst de facto, dann auch de jure.

Der neu Staat ließ sich auch ganz gut an. Die Slowaken waren in ihrer Geschichte immer unterdrückt worden und hatten naturgemäß unter Minderwertigkeitskomplexen zu leiden – unter den Magyaren wie bei den Tschechen. Der neue Staat stärkte ihr Selbstbewußtsein. Das war z.B. auch in meinem kleinen Heimatdorf zu spüren.
Auch die wirtschaftliche Entwicklung war günstig. Wichtige Ämter auf allen Ebenen wechselten aus tschechischen Händen in slowakische.

Auch der Beginn des Krieges änderte vorerst nichts an dieser Tendenz. Die Titel „Schweiz des Ostens“ oder „Oase des Friedens“ waren mehr als Schlagworte. Der neue Staat hätte in den ersten 4 bis 5 Jahren kein Plebiszit zu scheuen brauchen, die Liquidation der alten CSR wurde als Befreiung von Bevormundung empfunden. In vielen Gesprächen mit jungen Slowaken wurde mir das so gesagt und bestätigt.
Der bereits genannte Autor Wolfgang Venohr schreibt dazu:
„Die Existenz eines selbständigen Staates schuf in vielen Slowaken das stolze Bewußtsein, zum ersten Male seit vielen Jahrhunderten Herr im eigenen Hause zu sein.“ Und noch eines spielte eine Rolle – „Es tat dem slowakischen Selbstbewußtsein gut, Partner des Großdeutschen Reiches zu sein, der mächtigsten Macht in der Welt in diesen Jahren!“

Der Historiker Jörg K. Hoensch, der als entschiedener Kritiker der deutschen Rolle in dieser Zeit galt, was sich auch in seiner Mitarbeit in der deutsch-polnischen Schulbuchkommission auswirkte, schreibt in seinem Buch „Die Slowakei und Hitlers Ostpolitik“ u.a. 
„ ... Auf materiellem Gebiet gewann die Slowakei durch die Selbständigkeit unbestreitbare Vorteile, denn bis zum Ausbruch des ‚Nationalaufstandes‘ im Jahre 1944 blieb das Land von den direkten Auswirkungen des Krieges verschont. Das kulturelle Leben in der Slowakei nahm einen unerwarteten Aufschwung, eine großzügige und moderne Sozialgesetzgebung wurde verabschiedet – den Slowaken war es auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet nie zuvor in ihrer Geschichte so gut gegangen wie in den wenigen Jahren der ‚Selbständigkeit‘ – während des 2. Weltkrieges.“

Hönsch fügt hinzu:
„Immerhin konnte dieser Pseudostaat dank der Duldung durch das Dritte Reich die Interessen der Slowaken besser wahrnehmen und ihnen mehr Möglichkeiten zu einer geistigen und einer materiellen Entfaltung schaffen, als es im Rahmen einer anderen in Frage kommenden politischen Konstellation möglich gewesen wäre...“.

Und auch der überwiegende Teil der Slowaken machte mit – zudem empfand das slowakische Volk für das so erfolgreiche Deutsche Reich eine fast grenzenlose Bewunderung – die Staatsführung unter dem Präsidenten Dr. Tiso hätte in den ersten Jahren, also bis Ende 1943, keine Volksabstimmung fürchten müssen, das bestätigt selbst Wenzel Jaksch in seinem Rückblich auf diese Zeit. Und ich erinnere mich noch gut an die Begeisterung, mit der in meinem Heimatort die slowakischen Männer im Rahmen der neu aufgebauten Hlinka-Garde exerzierten.

 

III. Die Stimmung schlägt um

Doch es gab auch Trübungen in diesem Verhältnis zwischen der Slowakei und Deutschland, zwischen den Slowaken und den Deutschen. Ich will nur einige Punkte anführen, die allmählich zu einem Umschwung führten:

– Das Deutsche Reich wirkte maßgeblich am „Wiener Schiedsspruch“ mit, der dazu führte, daß große Teile der Slowakei zu Ungarn kamen – das war eine tiefe Wunde für die slowakische Seele;
– die westliche Slowakei – das Grenzgebiet zum Protektorat – wurde von deutschen Truppen besetzt;
– die slowakische Führung fühlte sich durch die zahlreichen reichsdeutschen Berater in den politischen und vor allem wirtschaftlichen Schaltstellen über Gebühr bevormundet;
– die Behandlung der Tschechen, Ukrainer, Russen usw. durch manche deutsche Stellen empörte viele slowakische Kreise und Gruppen, die „slawische Seele“ fühlte sich verletzt;
– eine radikale Veränderung in den Beziehungen zum Deutschen Reich und damit zu den Deutschen allgemein trat nach Stalingrad ein. Der Nimbus der Unbesiegbarkeit war dahin, und immer weitere Kreise waren bemüht, sich aus der Umarmung des späteren „Verlierers“ zu lösen.

 

IV. Der Widerstand formiert sich

1 . Es gab eine beachtenswerte Gruppe von Politikern und anderen Intellektuellen, die sich zur Idee der alten Tschechoslowakei bekannten, die weiterhin auf der Beneš-Linie standen, wobei eine Art Autonomie der Slowakei mit angedacht war. Führende Personen in dieser Gruppe: Dr. Vavro Srobár, Dr. Lettrich, Ursiny u.a.

2. Die kommunistische Gruppe war anfänglich durch den Hitler-Stalin-Pakt irritiert, doch das legte sich. Es gab hier zwei Fraktionen:
– die nach Moskau emigrierte Parteiführung der tschechoslowakischen KP mit Klement Gottwald, und
– die slowakischen Kommunisten, die für die Zukunft eine Autonomie der Slowakei im Rahmen einer CSR anstrebten. Hier sind die Namen Gustav Husäk und Laco Novomeský zu nennen.

3. Neben diesen beiden Hauptgruppen gab es eine große Anzahl von nationalgesinnten, antideutsch eingestellten Politikern und Intelligenzlern, die sich Sorgen um die Zukunft ihres Landes und Volkes machten – sie wollten retten, was zu retten war, denn die Lage war ja aussichtslos geworden. Maßgebliche Rollen spielten u.a. der Parlamentspräsident Dr. Sokol, der Präsident der Nationalbank Dr. Karvas, selbst die Haltung des Innenministers Sano Mach war zwielichtig.

4. Allen diesen antideutsch eingestellten Gruppierungen war es klar, daß es nötig ist, die slowakische Armee auf ihre Seite zu bringen. Einig war man sich, daß zu gegebener Zeit ein Aufstand unumgänglich sein würde, und daß die maßgebende Rolle das Militär spielen würde. Dieses Ziel wurde auch erreicht. Wichtiger Bestandteil der Planung war eine enge Zusammenarbeit mit der Sowjetunion und der Roten Armee. Wichtige Namen: General Viest, Oberstleutnant Golian.

 

V. Die Deutschen in der Slowakischen Republik

Die Karpatendeutschen hatten die Gründung der selbständigen Slowakei aus ganzem Herzen begrüßt. Auf allen Gebieten des nationalen Lebens traten Verbesserungen ein, gemessen an den früheren Verhältnissen. Es gab für jede Volksgruppe im Staate eine Einheitspartei, für die Deutschen die Deutsche Partei, aber das störte die Mehrheit nicht. Es wurde ein eigenes Staatssekretariat eingerichtet, das sich um die Belange der deutschen Volksgruppe kümmerte usw. Die Slowakeideutschen konnten ihre lang ersehnte Autonomie ausbauen.

Einige Beispiele:
Das deutsche Schulwesen wurde weiterentwickelt – im slowakischen Schulministerium gab es nun eine eigene deutsche Abteilung. Auch in meiner engeren Heimat stellten sich Verbesserungen ein: In Neutra, Topoltschan und Groß-Rippen wurden neue Schulen errichtet, ebenso Kindergärten. So war es im ganzen Lande – es war ein Aufbruch sondergleichen. Und auch mein Lebensweg wäre anders verlaufen, wenn 1939 nicht in Preßburg eine deutsche Lehrerbildungsanstalt entstanden wäre.

• Die wirtschaftlichen Selbsthilfeeinrichtungen wurden ausgebaut und vervollständigt, z. B. durch Landwirtschaftliche An- und Verkaufsgenossenschaften, durch Winzergenossenschaften usw.
• Im Rahmen der slowakischen Armee wurden zwei deutsche Bataillone aufgestellt.
• Es wurde eine „Deutsche Evangelische Landeskirche“ in der Slowakei mit einem eigenen Landesbischof eingerichtet.
• Im Parlament wurden die Deutschen durch zwei Abgeordnete vertreten (Franz Karmasin, Pfarrer Josef Steinhübl).
u.s.w.

Eine Anpassung an die tragende Ideologie im Deutschen Reich war selbstverständlich, doch war dies keine totale Gleichschaltung. Für die Reichsdeutschen waren wir nicht genügend linientreu, sie hatten z.B. in der Slowakei eine eigene NSDAP mit allen ihren Organisationen usw.

Der Historiker Paul Brosz schreibt dazu folgendes, ich zitiere:
»Viele Karpatendeutsche ... sahen im Nationalsozialismus nur die Fortentwicklung einer erfolgreichen Volkstumspolitik, die auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker aufgebaut war. Die Kehrseite des Nationalsozialismus kannte man vielfach nicht, vieles hielt man für feindliche Propaganda .. .... vieles wollte man nicht zur Kenntnis nehmen ...«

 

VI. Der Aufstand

Obwohl die militärischen Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen waren, begannen schon im Sommer 1944 die Aktivitäten verschiedener Partisanengruppen, die vor allem aus Ukrainern und zugelaufenen, meist jungen Leuten bestanden. Es begann mit verschiedenen Sabotageakten gegen Sachen und Menschen.
Straßen, Bahnanlagen oder Tunnels wurden angegriffen und beschädigt usw.

Aber auch Menschen wurden überfallen und drangsaliert, z. B. die Lager der Kinderlandverschickung.

Es gab viele Tote.

Wie ein Paukenschlag wirkte ein Vorfall, der sich in Turz-St. Martin ereignete, und zwar am 27. August 1944.
Aus dem internationalen Schnellzug von Bukarest nach Berlin holte eine Wachgruppe der zu den sowjetischen Partisanen übergelaufenen Martiner Garnison unter dem Kommando des Oberleutnants Cyril Kuchta die aus Rumänien zurückreisende deutsche Militärmission heraus und sperrte sie in der Kaserne ein. Kuchta ließ nach Rücksprache mit dem sowjetischen Partisanenführer Welitschko am nächsten Morgen die 22 Personen mit Maschinengewehren niedermetzeln. Über Hintergründe und Ablauf dieser blutigen Aktion, die gegen die internatonalen Gepflogenheiten verstieß, da es sich um eine diplomatische Mission handelte, gibt es verschiedene widersprüchliche Versionen. Auf jeden Fall lebte Kuchta später in kommunistischer Zeit als Oberst in Neusohl und wurde zum Nationalhelden hochstilisiert..

Ein anderer Zwischenfall erschütterte uns Karpatendeutsche in besonderer Weise. Ferdinand Klug, früherer Landesjugendführer, ein fronterfahrener Mann, befand sich Ende August auf einer abenteuerlichen Dienstreise im Waagtal und erlebte dort am eigenen Leibe die prekäre Lage vor allem der Deutschen. Er berichtete darüber in Preßburg, und so entschlossen sich Karmasin, Gesandtschaftsrat Gmelin (Vater unserer früheren Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin) und Ferdl Klug mit einigen FS-Männern zu einem Vorstoß in Richtung Hauerland, um den bedrängten Deutschen zu helfen. Bei Goldmorawitz kam es zu einem Gefecht mit Partisanen, bei dem Klug und sechs weitere FS-Männer ums Leben kamen. – Das war ein großer Schock – Ferdl Klug war besonders bei der deutschen Jugend sehr beliebt, er war ein froher, gutartiger Mensch.

Aufgrund dieser Entwicklung entschlossen sich die militärischen Verschwörer, den Aufstand offiziell in Gang zu setzen – die meisten Ganisonen erklärten sich mit den Zielen des Aufstandes solidarisch. Natürlich war das nicht im Sinne aller Soldaten, viele desertierten deshalb und machten sich einzeln oder in kleineren Gruppen eilends auf den Heimweg. Das ging tagelang so, überall in der Feldflur oder auf Feld- und Nebenwegen konnte man ihnen begegnen. (Gespräch mit meinem Freund Jozef Rybansky)

Den militärischen Ablauf der Kämpfe will ich nur kurz skizzieren, er ist im entsprechenden Schrifttum nachzulesen. Die deutsche Seite, die von Staatspräsident Tiso um Hilfe gebeten wurde, stellte eilends eigene Kampfgruppen auf, die ihrem Gegner schnell die entscheidende Niederlage beibrachte. Unsere Nachbarstadt Topoltschan, die bei der geschilderten Kinderheimaktion am 30. August fest in den Händen der Partisanen war, wurde bereits am 3 September von der Kampfgruppe Schill zurückgewonnen.

Ein Glücksfall für uns war es, daß der große Militärstandort in unserer Kreisstadt Neutra regierungstreu geblieben war.

Bis zum 1. Oktober 1944 waren die wichtigsten Positionen der Aufständischen verloren.
Am 27. Oktober war Neusohl, die Hauptstadt des Aufstandes, in den Händen der deutschen Truppen. Drei Tage später fand dort eine Siegesparade statt.
Der Staatspräsident Dr. Tiso hilt eine Dankesrede. – Daraus hat man ihm 1947 in einem Schauprozeß den Hanfstrick gedreht!

Wolfgang Venohr zitiert in seinem Buch „Aufstand in der Tatra“ (1979), in dem er offen seine Sympathie für die Aufständischen ausspricht, den slowakischen Politiker Dr. Ferdinand Durcansky, der im Jahre 1956 folgendes über die selbständige Slowakei geschieben hat:
„ ... Nie zuvor hatte das slowakische Volk solche Möglichkeiten der politischen, wirtschaftlichen, geistigen, kukturellen und sozialen Entfaltung. Die innere Stabilität der Slowakischen Republik war bemerkenswert, was sich auch darin äußerte, daß sogar während des Krieges kein einziges Todesurteil vollstreckt wurde ... Wirtschaftlich war die Slowakei bis zur Überschwemmung durch die Rote Armee eine blühende Oase.“

Venohr meint dazu – ich zitiere weiter:

„... In einem platten historischen Sinne ging es den Slowaken unter Tiso besser denn je zuvor in ihrer Geschichte, materiell ebenso wie kulturell. Um so bewunderungswürdiger und denkwürdiger bleibt es, daß es die Slowaken waren, die in ihrem kühnen Aufstandsunternehmen von 1944 die Tschechoslowakei wiederbegründeten ...“

ABER: Der weitere Weg der Geschichte von Tschechen und Slowaken, vor allem das Jahr 1993 und das Ende der CSR widerlegen den Denkansatz von Venohr und machen deutlich, daß der Aufstand in seinem Sinne nichts von Dauer, geschweige denn von Ewigkeitswert gebracht hat.

Abrunden will ich diesen Teil meiner Darlegungen mit einem weiteren Zitat aus Venohrs Werk:

„Und der Chronist darf mit Stolz berichten, daß sämtliche slowakischen Soldaten und Offiziere, mit denen er hundertfach von 1964 bis 1969 gesprochen hat, ... ihm versichert haben, die deutschen Frontverbände hätten in den Monaten September und Oktober 1944 tapfer und korrekt gekämpft, sich keiner Verbrechen schuldig gemacht. Oberst Miloš Vesel, der Held von Biely Potok und vom Ostró, sagte dem Verfasser vor der laufenden Fernsehkamera wörtlich: „Die deutschen Soldaten haben wir hochgeschätzt als ehrliche und erfahrene Soldaten!“

Die Niederschlagung des militärischen Aufstandes durch ca. 5000 bis 8000 deutsche Soldaten war bemerkenswert, standen ihnen doch zwischen 40 000 bis 60 000 Gegner gegenüber.

Es gab keine formelle Kapitulation der Aufständischen. Die verantwortlichen Offiziere überließen die Soldaten einfach ihrem Schicksal. Viele kamen in deutsche Gefangenschaft, die meisten schlugen sich in ihre Heimatgemeinden durch, und nur eine Minderheit schloß sich den Partisanen an und ging in die Berge, wo bereits in höheren Lagen der Winter eingekehrt war.

 

VIl. Das „Katyn der Karpatendeutschen“

Neben den Operationen während des militärischen Aufstandes und auch später waren verschiedene Partisaneneinheiten in verhängnisvoller Weise aktiv. Nach kommunistischen Angaben gehörten dazu:
    5000 Slowaken
    2000 Tschechen
    2000 Ungarn
    1566 Juden
      200 Deutsche
      200 Serben
        50 Rumänen
        90 Polen
        40 Bulgaren
        80 andere.

Eine besondere Gruppe bildeten etwa 400 Franzosen, die als Kriegsgefangene in den Rüstungswerken in Dubnitz an der Waag gearbeitet hatten.

Nach Kriegsende bekannte sich – was typisch ist – eine wesentlich höhere Zahl als aktive Partisanen und Freiheitskämpfer. In einer slowakischen Ortschronik für meinen Heimatort Tscherman aus dem Jahre 1992 hört sich das so an:

„Die Zeit nach dem Ausbruch des Aufstandes blieb für die Tschermaner ruhig, obwohl die Gemeinde direkt an das Aufstandsgebiet angrenzte ...“

Diese wahrheitsgemäße Darstellung widerspricht der bis heute gängigen offiziellen Behauptung, dies sei ein „Aufstand des ganzen Volkes“ gewesen.

Der Autor nennt auch 11 Namen, doch er berichtet ironisch:

„Einige der Genannten kämpften mehr, die anderen etwas weniger, wie die älteren Mitbürger zu erzählen wissen. Das Aufstandsabenteuer des J. M. zum Beispiel habe sich vornehmlich in den weiten Kukuruzfeldern des Ortes abgespielt und habe insgesamt 2 Tage gedauert.“

Wir Deutschen haben davon überhaupt nichts gemerkt.

Nicht alle Kämpfer in diesen Gruppen gehörten nach bürgerlichem Empfinden zu den gesetzestreuen Mitbürgern. Aus meinem Dienstort Groß-Rippen gehörte ein oftmals vorbestrafter Einbrecher und Dieb dazu, und er hatte auch noch nach Kriegsende das große Wort in der Gemeinde.

Am schlimmsten erging es in der Partisanenzeit der deutschen Sprachinsel Hauerland in der Mittelslowakei.

Der Autor Wolfgang Venohr hatte im November 1968 in Preßburg ein Gespräch mit einem Herrn J. Spitzer, einem ehemaligen jüdischen Partisanenführer. Dieser berichtete ihm – ich zitiere:

„Es kam zu schrecklichen Exzessen und grausamen Ausschreitungen gegen die Volksdeutschen in Krickerhau, Deutsch-Proben, Oberstuben und anderswo. Bei Kremnitz wurde ein ganzer Panzergraben mit den Leichen ermordeter Deutscher angefüllt. Es sei in der Anfangszeit üblich gewesen, sich aus den Internierungslagern bei Sklabina und Slovenská Lupca, wenn man Lust hatte, ein paar Deutsche herauszugreifen und sie umzulegen. Sie überzogen wochenlang die ganze Mittelslowakei mit einem engmaschigen Netz des Terrors und Schreckens.“
Das ist das Bekenntnis eines ehemaligen Partisanen!

Die Geschehnisse in den Orten der Kremnitzer und Deutsch-Probener Sprachinsel sowie den angrenzenden Streusiedlungen wurden in einem Buch mit dem Titel „Schicksal Hauerland“ dokumentiert. Mitautor ist unser Freund Broisl Groß aus Schmiedshau, an den sich einige aus unserem Kreis noch gut erinnern werden. Darin ist die Gesamtzahl der Opfer dieser schrecklichen Zeit mit fast 1200 angegeben.

Kein Ort des Hauerlandes blieb vom Treiben dieser verbrecherischen Banden verschont!

Begonnen hat es in der Stadt Rosenberg im Waagtal, wo sich die Aufständischen schon vor dem eigentlichen Beginn frei und ungehindert bewegen konnten. Unterstützt wurden sie von einer Gruppe slowakischer Soldaten. Sie machten Jagd auf Deutsche, wobei auch einige Slowaken in ihre Fänge gerieten. 146 Personen wurden auf LKW geladen und in Liptovská Osada gnadenlos erschossen. Das war am 27. August 1944. Unter den Opfern war auch der Vater unseres verdienten Landsmannes Ernst Hochberger, vielleicht diesem oder jenem von Euch bekannt. Er war bis vor kurzem Leiter des Karpatendeutschen Kulturwerkes in Karlsruhe und ist Verfasser etlicher Reise- und Kunstführer durch die Slowakei.

Noch eine Anmerkung:
Zu den führenden aktiven Partisanen gehörte der Unteroffizier (Rottmeister) Ludwig Hrubon, der sich der Rosenberger Gruppe angeschlossen hatte. Es wird zwar berichtet, er habe einige der Verhafteten „befreit“, doch Näheres darüber weiß man nicht. Nach der Niederschlagung wurde er gefangen und später – am 7. Dezember 1944 standrechtlich erschossen. Nach dem Kriege wurde sein Leichnam exhumiert und mit anderen unter dem „Denkmal der Freiheit“ in Rosenberg begraben. Zugleich wurde er posthum zum Leutnant befördert und mit insgesamt 5 Orden und Medaillen ausgezeichnet.

Geboren ist Hrubon in meiner Nachbargemeinde Sulany im Jahre 1919. 1960 kam es im Rahmen einer Gebietsreform zur Vereinigung mit einem anderen benachbarten Ort, Výcapky mit Namen, der zu unserer Pfarrgemeinde gehörte und mit dem wir uns daher sehr verbunden fühlten. Als gemeinsamer neuer Name wurde – zum Gedenken an den großen Helden – Hrubonovo festgelegt. Aber nicht allen schien das gepaßt zu haben. So hat der örtliche Schulleiter vorgeschlagen, die neue Kommune „Lipovany“ zu nennen. Er kam damit aber nicht durch, und zur Zeit der sogenannten „Normalisierung“ nach dem Prager Frühling mußte der Lehrer deswegen Schikanen und berufliche Nachteile erdulden. – Der Name Hrubonovo besteht bis heute noch!

Das in seiner Grausamkeit schlimmste Verbrechen begingen die Partisanen in der Ortschaft Glaserhau. Der Ablauf der Tragödie wird so beschrieben:

... Am 21. September 1944 ließen die Partisanen, die den Ort seit 3 Wochen besetzt hatten, ausrufen, daß sich alle deutschen Männer zwischen 15 und 60 Jahren mit Schaufeln und Krampen am Bahnhof zu versammeln hätten. Man war arglos, denn man meinte, daß man zu Schanzarbeiten geholt würde. Die Männer wurden in Viehwaggons verladen, und der Zug fuhr ab, aber nur wenige hundert Meter. Etwa 15 Männer wurden herausgeholt und gezwungen, im nahen Wald eine Grube auszuheben: 8 m lang, 1,50 m breit, 60 cm tief. Sie mußten sich dicht gedrängt in die Grube stellen, Mann an Mann, dann wurden sie mit Maschinengewehren niedergemäht.

Anschließend wurden die Toten dürftig mit Erde bedeckt. Der junge Ortspfarrer Josef Pöß ließ sich mit den ersten Schüssen fallen und stellte sich tot. Trotz zweier Verletzungen konnte er sich aus der Grube befreien und fliehen, noch ehe die nächste Gruppe zur Hinrichtung gebracht wurde. Nach unglaublichen Abenteuern wurde er von deutschen Truppen aus dem KZ Slowakisch Lipsch befreit. Pfarrer Pöß, der nach der Vertreibung als Dekan in Württemberg tätig war, hat über diese Bluttat, bei der auch sein Vater den Tod fand, ausführlich berichtet. Bei dem Massaker wurden 189 Männer getötet, und erst 1994, nach mühseligen Verhandlungen mit den slowakischen Dienststellen, durfte hier von den vertriebenen Glaserhauern eine würdige Gedenkstätte errichtet werden.

Ähnliche Verbrechen fanden an vielen anderen Orten statt, so z. B.:
Deutsch-Proben – 30 Tote; Krickerhau – mehr als 80 Tote; Hochwies und Paulisch – zusammen 85 Tote; Kuneschhau – 69 Tote; außerdem in der Lagern Sklabina – 130 Tote; und Deutsch Lipsch – 32 Tote u.s.w.

Es gab keinen Ort mit deutscher Bevölkerung, in dem nicht Raub, Verschleppung und Mord stattgefunden hätten, in kleinerem Umfang auch in der Unterzips. Ganz genaue Zahlen lassen sich infolge fehlender Unterlagen nicht mehr feststellen.

Es muß leider auch darauf hingewiesen werden, daß sich das anschließende radikale Vorgehen des deutschen Sicherheitsdienstes (SD) ungünstig auf die Stimmung der Bevölkerung auswirkte, manche leiteten daraus eine nachträgliche Rechtfertigung der Partisanengreuel ab! Nur sollte man Ursache und Wirkung nicht willkürlich verdrehen!

Noch ein Ereignis will ich anführen, das zwar rund 6 Wochen nach Kriegsende stattfand, das aber nach Geist, praktischer Ausführung und Brutalität in die Reihe der Partisanengreuel zu zählen ist, obwohl die Täter reguläre Soldaten der neu erstandenen tschechoslowakischen Armee waren:

Dieser Vorfall ereignete sich in der Nacht vom 18. auf den 19. Juni 1945 in Prerau in Mähren. Dabei waren 267 Tote zu beklagen: 120 Frauen, 78 Kinder bis zum Säuglingsalter, 69 alte Männer. Es handelte sich um Deutsche vor allem aus der Unterzips, aber auch aus dem Hauerland, die aus ihren Evakuierungsgebieten in Nordböhmen mit ausdrücklicher Genehmigung der dortigen Behörden in ihre Heimat zurückkehren wollten. Der böse Zufall fügte es, daß im Bahnhof Prerau zu gleicher Zeit ein Transport mit Soldaten des 17. Infanterie-Regiments aus Preßburg unter dem Kommando des Leutnants Ctibor Pazúr eintraf. Die Einheit kehrte von irgendeiner Siegesfeier zurück.
Die Männer, Frauen und Kinder wurden von diesen Soldaten brutal zum Aussteigen gezwungen und zur sogenannten „Schwedenschanze“ bei dem Ort Mostenice getrieben. Dort mußten sie ein Massengrab ausheben und sich bis auf die Unterwäsche ausziehen. Allen Schmuck, Uhren und Geld den Soldaten aushändigen. Dann wurden sie erschossen und in die Grube geworfen. Anschließend durchsuchten die Mörder den Zug der Flüchtlinge, alles wurde geplündert und geraubt, was irgendwie brauchbar war. –

Die Angst, das Leid dieser armen und unschuldigen Menschen war unvollstellbar!

Gesühnt wurde das Verbrechen nie, im Gegenteil: Pazúr wurde befördert – er genoß alle Vorteile eines „Widerstandskämpfers“!

In den 90er Jahren wurde nach längeren Verhandlungen im Einvernehmen mit der Stadt Prerau ein Gedenkstein aufgestellt mit einem Text, der für beide Seiten akzeptabel war. Besonders aktiv in dieser Sache waren auf unserer Seite Dipl.-Ing. Klein aus Drexlerhau und Msgr. Ernst Tatarko aus der Zips. Erleichtert wurde all dies durch die Tatsache, daß die Täter Slowaken waren und nicht Tschechen. Schon viel früher, kurz nach Bekanntwerden des Massakers, hatte die Prager Regierung offiziell erklären lassen, es habe sich um „bewaffnete Abenteurer“ gehandelt und daß Tschechen nicht beteiligt waren. Diese Feststellung war wichtig.

In der ersten Hälfte der 90er Jahre wurde sie gerne noch einmal getroffen. Die staatliche Trennung der „beiden Brudervölker“, die damals das Hauptthema der Innenpolitik war, spielte hier offensichtlich keine geringe Rolle.

Dem „nationalen Volksaufstand“ in der Slowakei wird von den Historikern des Landes ein hoher Stellenwert eingeräumt, auch heute noch, obwohl er den Kriegsausgang überhaupt nicht beeinflußt hat.

Die Argumente von damals:

Bekenntnis zum gemeinsamen Staat der Tschechen und Slowaken, Vorbereitung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung, die 1948 für mehr als 40 Jahre verwirklicht wurde – Stärkung der slowakischen Position gegenüber den Tschechen, die erst 3 Tage vor Kriegsende ihren „Aufstand“ begannen.

Wie wir sehen, haben diese Argumente durch die Wende und was danach folgte ihre Bedeutung weitgehend verloren – trotzdem ist auch in der neuen Slowakischen Republik der 29. August zum Staatsfeiertag erklärt worden. Und dabei wird nicht zwischen militärischem Aufstand und dem unmenschlichen Bandenkrieg der Partisanen unterschieden

Wir stellen uns die Frage:

Darf ein solches Geschehen, das im Grunde so wenig Bleibendes bewirkt, aber so viel Unrecht, Blutvergießen und Leid verursacht hat, zum Zeichen und zum Festtag eines demokratischen Staates und einer humanen Gesellschaft erhoben werden?

Ich glaube – Nein!

ML 2004-01-24

Siehe auch den Beitrag zum Buche „Schemnitzer blutige Eisenbahn“!
ML 2006-08-05