Sudetendeutscher Pressedienst (SdP)
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Wien, 1. März 2004/GE

Zeihsel Vizepräsident der SL-Bundesversammlung
Sudeten-Exilparlament tagte in München
Am 28./29. Feber 2004 war im Maximilianeum – dem Sitz der Bayrischen Staatsregierung – die Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft – mit vier SLÖ-Abgeordneten – zum Beginn der XIII. Periode zusammengetreten.

Für vier Jahre wurde das Präsidium der BV und die Führung der SL gewählt.
Zum Präsident wurde Dr. Werner Novak – Prof. Dr. Hans Sehling kandidierte nicht mehr – gewählt. Karl Nausch (Bayern) wurde neu, Gerhard Zeihsel (SLÖ) mit 97,3% zu den zwei Vizepräsidenten, wiedergewählt. Das bedeutete eine Anerkennung der Arbeit für die sudetendeutsche Volksgruppe in Österreich.

Vaclav Klaus' Beschwerde in Wien
Die am Wochenende bekannt gewordene Beschwerde des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus beim österreichischen Staatsoberhaupt Thomas Klestil sorgte am Rand der arbeitsreichen Tagung für Heiterkeit. Klestil hatte auch entsprechend souverän auf die Vernaderung der SLÖ [Beschwerde über die SLÖ] reagiert!

Sprecher und Bundesvorsitzender wiedergewählt
Das Spitzenduo Sprecher Landtagspräsident a. D. Johann Böhm und der Bundesvorsitzende der SL, Europaabgeordneter Bernd Posselt wurden wiedergewählt.
Einstimmig angenommen wurde von der SL-Bundesversammlung folgende Entschließung:

Entschließung der Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft zum Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union und zur europäischen Rechts- und Wertegemeinschaft

Die Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft begrüßt grundsätzlich den Beitritt der ostmitteleuropäischen Nachbarn, insbesondere der Tschechischen Republik und der Slowakei, zur Europäischen Union. Sie betrachtet diesen Akt als bedeutenden Schritt zur Wiederherstellung der historisch-politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Einheit Europas.

Sie kritisiert jedoch mit großem Nachdruck, daß die europäischen Institutionen von diesen Staaten nicht die vollständige Beachtung und Erfüllung der Kopenhagener Kriterien für die Erweiterung der Europäischen Union, aller Normen des international geachteten Völkerrechts sowie aller Menschen- und Bürgerrechte als Beitrittsvoraussetzung eingefordert haben. Bezüglich der Tschechischen Republik betrifft dies insbesondere die unveränderte Fortgeltung der gegen die – innerhalb und außerhalb der heutigen Tschechischen Republik lebenden – Sudetendeutschen und Ungarn gerichteten Dekrete der Jahre 1945 und 19/46 des damaligen Präsidenten Edvard Beneš einschließlich des vom Europäischen Parlament verurteilten Straftatenrechtfertigungsgesetzes vom 8. Mai 1946. Dieses Gesetz wird ebenso wie alle Beneš-Dekrete, die die brutale Entrechtung, Enteignung und widerrechtliche Vertreibung beinhalten und insgesamt den Tatbestand des Völkermords („Genozid“) erfüllen, in der Tschechischen Republik als verfassungsrechtliche Grundlage des Staatswesens betrachtet, auf deren Basis das nationale Verfassungsgericht ständig Urteile – z. B. in aktuellen Restitutionsverfahren – fällt.

Die Bundesversammlung fordert daher weiterhin die deutschen und österreichischen Parteien, die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland – insbesondere des Freistaates Bayern – und der Republik Österreich sowie alle europäischen Institutionen dazu auf, die Abschaffung der völker- und menschenrechtswidrigen Beneš-Dekrete, die sich auf die Vertreibung von einzelnen Volksgruppen aus der ehemaligen Tschechoslowakei beziehen, durch die Staatsorgane der Tschechischen Republik anzumahnen. Dementsprechend wird die tschechische Justiz aufgefordert, endlich die Straftäter im Zusammenhang mit der Vertreibung der Sudetendeutschen zur Verantwortung zu ziehen.

Die Bundesversammlung verurteilt mit Nachdruck die einstimmige Entschließung des tschechischen Parlaments vom 24. April 2002, nach der die rechtlichen und Eigentumsverhältnisse, die aus den Beneš-Dekreten hervorgegangen sind, „unbestreitbar, unantastbar und unverletzbar“ sind, sowie den jüngsten Beschluß des tschechischen Parlaments vom 25. Februar 2004 zur Ehrung des Präsidenten Edvard Beneš, mit dem die millionenfachen Opfer der Vertreibung der Sudetendeutschen wie der nachfolgenden kommunistischen Unterdrückung von Tschechen und Slowaken verhöhnt werden. Beide Beschlüsse werden als hinderlich für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in der erweiterten Europäischen Union betrachtet.

Die Bundesversammlung sieht dem gegenüber in der Erklärung der Regierung der Tschechischen Republik vom 19. Juni 2003, in der die „Ereignisse und Taten“ nach dem Zweiten Weltkrieg als „aus heutiger Sicht nicht hinnehmbar“ bezeichnet werden, einen ersten Schritt zu einer Entspannung der deutsch/sudetendeutsch-tschechischen Problemlage, betrachtet ihn jedoch nach wie vor als unzureichend. Sie verweist demgegenüber darauf, daß die Vertreibung, Enteignung und alle damit verbundenen Massaker, Verfolgungen und Diskriminierungen schon in den Jahren 1945/46 nach innerstaatlich tschechischem Recht ebenso wie nach internationalem Recht ein Verstoß gegen die Menschenrechte waren. Dieses fortgeltende Unrecht steht nach wie vor zwischen den Tschechen und den Sudetendeutschen. Es muß friedlich in europäischer Gesinnung zum Wohl aller Betroffenen geheilt und wieder gutgemacht werden.

Die Bundesversammlung fordert daher erneut einen unmittelbaren Dialog zwischen der Regierung der Tschechischen Republik und den gewählten Repräsentanten der Sudetendeutschen – gegebenenfalls unter Beteiligung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland, in deren Obhut die Sudetendeutschen seit mehr als 50 Jahren stehen, und des Freistaates Bayern, der vor genau 50 Jahren die Schirmherrschaft über die sudetendeutsche Volksgruppe übernommen hat – zur Klärung der offenen Fragen. Sie ist davon überzeugt, daß die gemeinsame Mitgliedschaft in der Europäischen Union diesen Dialog, die gegenseitige Annäherung der Standpunkte und die Lösung der vorhandenen Probleme erleichtern kann.