Die politische Entwicklung im Sudetenland ab 1848 ist Gegenstand dieses Berichtes, der auf dem vom Göttinger Arbeitskreis 1954 herausgegebenen Buch Sudetenland Ein Hand- und Nachschlagbuch über alle Siedlungsgebiete der Sudetendeutschen in Böhmen / Mähren / Schlesien beruht.
Die Daten wurden mir dankenswerterweise von der Sudetenpost zur Verfügung gestellt, sodaß mir das Erfassen und Eintippen erspart blieb.
Diese Zusammenstellung ist ja nun fast ein halbes Jahrhundert
alt. Sicherlich ist es sinnvoll, sie anhand jüngerer Forschungen und Archivalien noch zu
ergänzen. Hierfür
bitte ich sehr herzlich um Mitarbeit!
ML 2003-03-08
Dieser Vorspann entstammt Gebhard Heinrichs
Sudetendeutscher Heimatkunde
4. bis 1. vorchristliches Jhdt. | Besiedlung durch die keltischen Bojer, denen das Land den Namen Bojerheim > Böhmen verdankt. |
1. vorchristliches Jhdt. | Germanische Markomannen unter Marbod kommen nach Böhmen, germanische Quaden besetzen Mähren. |
18 nach Christus | Marbod flieht vor Armin und bittet in Rom um Asyl. |
500 bis 600 | Ein großer Teil der Germanen verlassen die Sudetenländer, slawische Stämme besiedeln Teile von Böhmen und Mähren. |
um 630 | Der fränkische Kaufmann Samo gründet ein Slawenreich. |
um 800 | Kaiser Karl besiegt die Awaren, die Slawen werden tributpflichtig. |
845 | Taufe der böhmischen Herzöge in Regensburg |
929 | Herzog Wenzel wird von seinem Bruder Boleslaw ermordet. |
973 | Gründung des Bistums Prag |
1004 | Kaiser Heinrich II. in Prag, Böhmen wird Reichsfürstentum. |
um 1200 | Beginn der Deutschen Kolonisation. Gründung zahlreicher Städte und Klöster. |
1253 bis 1278 | Ottokar II. von Böhmen nimmt Österreich und die Steiermark in Besitz. Kreuzzug nach Preußen, Gründung von Königsberg. |
1306 | Wenzel II wird ermordet. Ende der Przemysliden. |
1346 bis 1378 | Karl IV, König von Böhmen |
1347 | Karl IV von Böhmen wird deutscher König. |
1348 | Karl IV gründet die Universität in Prag. |
1355 | Karl IV von Böhmen wird römischer Kaiser. Goldenes Zeitalter Böhmens |
1409 | Die Prager Universität wird tschechisiert. Die deutschen Studenten und Professoren ziehen nach Leipzig. |
1413 bis 1436 | Hussitenkriege. Vernichtung großer Teile der deutschen Bevölkerung. |
1438 bis 1439 | Erstmalige Vereinigung der Sudetenländer mit Österreich und Ungarn. |
1526 | Ferdinand von Habsburg wird König von Böhmen und Ungarn; Böhmen, Mähren, Österreich und Ungarn sind vereinigt bis 1918. |
1618 | Mit dem Prager Fenstersturz beginnt der Dreißigjährige Krieg des 17. Jhdts. |
1620 | Schlacht am Weißen Berg. Sieg der kaiserlichen Truppen über die Protestantischen. |
1626 | Die Landesordnung für Böhmen wird erneuert, die Gleichberechtigung der Deutschen wird wiederhergestellt. |
1634 | Wallenstein wird in Eger ermordet. |
1657 bis 1705 | Leopold I. regiert von Wien aus. Blütezeit des Böhmischen Barocks. |
1740 bis 1748 | Österreichischer Erbfolgekrieg, erster und zweiter Schlesischer Krieg |
1756 bis 1763 | Siebenjähriger Krieg zwischen Preußen und Österreich |
1748 bis 1790 | Reformen durch Maria Theresia und Joseph II. |
1783 | Gründung des Deutschen Theaters in Prag, Eröffnung mit der Aufführung der Tragödie Emilia Galotti von Gotthold Ephraim Lessing. Seither hängt eine goldene Plakette mit dem Bildnis Lessings über dem Hauptportal des Theaters, diese hat alle politischen Umwälzungen überstanden. |
1792 | Franz II. wird Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. |
1804 | Franz II. übernimmt die Kaiserkrone von Österreich als Kaiser Franz I. von Österreich. |
1806 | Franz II. löst das Heilige Römische Reich Deutscher Nation auf. |
1806 bis 1866 | Die Sudetenländer sind Bestandteil des Deutschen Bundes. |
1848 | Erhebung beider böhmischer Völker gegen den (Wiener) Absolutismus, Slawenkongreß in Prag, Niederwerfung der Revolution in Wien. |
1848 | Reichstag in Wien |
Teil 1: 1848 bis 1899
1848-09-07 7. September 1848 |
Der Wiener Reichstag beschließt auf Antrag des Sudetendeutschen Hans Kudlich die Aufhebung aller bäuerlichen Robotlasten und des Untertänigkeitsverhältnisses gegenüber den Grundbesitzern. Der Beschluß wird durch kaiserliches Patent vom 14. März 1849 ausgeführt. Seither wird Hans Kudlich als der Bauernbefreier bezeichnet. |
1848-12-02 2. Dezember 1848 bis 1916 |
Kaiser Franz Josef I. König von Böhmen. |
1849-01-23 23. Jänner 1849 |
Franz Palacký beantragt im Verfassungsausschuß des nach Kremsier
verlegten Reichstages eine Föderalisierung Österreichs. Dabei sollen Deutschböhmen, Deutschmähren und Deutschschlesien als Teile der Ländergruppe
Deutschösterreich anerkannt werden. Tschechischböhmen, Tschechischmähren und
Tschechischschlesien sollen mit der Slowakei zusammengefaßt werden. Der Ausschuß entschließt sich jedoch für die Beibehaltung der Kronlandgrenzen, innerhalb derselben autonome Kreise unter Berücksichtigung der Sprachgrenzen geschaffen werden sollen. Der Ausschußentwurf erhält keine Bedeutung, da der Reichstag am 7. März 1849 von der Regierung aufgelöst wird. |
1860-10-20 20. Oktober 1860 |
Das föderalistische Oktoberdiplom. |
1861-02-26 26. Februar 1861 |
Im Februarpatent wird eine mehr zentralistische Verfassung erlassen. Landesordnungen für Böhmen und Mähren. |
1862 | Gründung des Vereins für die Geschichte der Deutschen in Böhmen und des tschechischen Turnverbandes Sokol. |
1863 | Die tschechischen Abgeordneten verlassen den Reichstag. |
1864 | Gründung der Hypothekenbank des Königreichs Böhmen. |
1866 | Schlacht bei Königgrätz zwischen Preußen und Österreich, Friede zu Prag. Österreich und damit die Sudetenländer scheiden aus dem Deutschen Bund aus. |
1867 | Ausgleich mit Ungarn, Errichtung der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. |
1868 | Errichtung der ersten tschechischen Bank, der Zivnostenská Banka. |
1868-08-22 22. August 1868 |
Tschechen fordern im Landtag die Wiedererrichtung des Königreichs der Wenzelskrone (Böhmen, Mähren und Schlesien). |
1869 |
Das Prager Polytechnikum wird in eine deutsche und eine tschechische technische Hochschule geteilt. |
1871-09-12 |
Ein kaiserliches Handschreiben sagt Anerkennung der Rechte Böhmens und Krönung in Prag zu. |
1871-10-10 |
Der böhmische Landtag nimmt Fundamentalartikel an, in denen für Böhmen volle Selbständigkeit innerhalb der cisleithanischen Gebiete verlangt wird. Der Kaiser verweigert diesen Artikeln seine Anerkennung. |
1880-04-19 |
Eine Sprachenverordnung von Stremayr sieht Zweisprachigkeit für politische und gerichtliche Angelegenheiten vor. |
1881 |
Gründung des tschechischen Schulvereins. |
1882 |
Die Prager Universität, an der bereits Vorlesungen in Deutsch und Tschechisch gehalten werden, wird in eine deutsche und tschechische geteilt. |
1883 | Die Tschechen erringen die Mehrheit im Böhmischen Landtag. |
1884 |
In der Zuckerindustrie befinden sich die
Rohzuckerfabriken meist in tschechischer, die Raffinerien in deutscher Hand. |
1886 |
Gründung des Bundes der Deutschen Nordmährens in Olmütz. |
1888 |
Das Neue deutsche Theater in Prag gegründet. |
1890-01-13 |
Ausgleichsverhandlungen in Wien zwischen Tschechen
und Deutschen bleiben erfolglos. |
1891 |
Gründung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen aus privaten Mitteln als Selbsthilfeorganisation. |
1894 |
Gründung des Bundes der Deutschen in
Böhmen in Prag. |
1896 |
Dr. Tomas G. Masaryk spricht sich in einem Aufsatz Zur deutsch-böhmischen Ausgleichsfrage für die räumliche Trennung der Deutschen und Tschechen auf der Grundlage der territorialen Autonomie aus. |
1897-04-05 |
Neue Sprachenverordnung von Badeni dehnt Verordnung von 1880 auf alle Verwaltungszweige aus (eine dritte Verordnung vom 24. Februar 1898 bringt nur geringe Veränderungen). |
1899 |
Gründung einer technischen Hochschule in Brünn. |
1899-05-20 |
Pfingstprogramm der Deutschen Gemeinbürgerschaft fordert nationale Abgrenzung und Autonomie sowie deutsche Staatsprache. |
1899-09 |
Brünner Programm der österreichischen Sozialdemokratie fordert deutsche Vermittlungssprache und nationalen Föderalismus. |
1899-10-14 |
Das Ministerium Clary-Aldringen hebt die Sprachenverordnungen auf. |