*Heimatseite Bischofteinitz

Berichter: Ludwig Schötterl Bericht vom 3. 3. 1948 (Bischofteinitz)
Nach dem amerikanischen Einmarsch in Bischofteinitz, Sudetenland, am 5. Mai 1945, wurden von tschechischen Gendarmen Massenverhaftungen in Bischofteinitz vorgenommen. Ins Gerichtsgefängnis Bischofteinitz wurden am 11. und 12. Mai 1945 etwa 70 Sudetendeutsche eingeliefert, die meisten durch bewaffnete tschechische Zivilisten jämmerlich geprügelt und erniedrigt. Wir mußten dort täglich unter Aufsicht Zwangsarbeit leisten und unsere Frauen oder Verwandten durften täglich zweimal das Essen für uns bei den Posten abgeben. Anfang Juli wurden wir unter starker Gendarmerie-Assistenz mit Lastautobus nach Chrastwitz bei Taus transportiert, es hieß, wir gingen zum Verhör und würden dann entlassen. Dort angekommen, empfingen uns viele tschechische Soldaten, bis an die Zähne bewaffnet, mit Kabelenden, Drahtseilen usw. ausgerüstet und es begann eine furchtbare und unmenschliche Schlägerei, wobei viele von uns bewußtlos wurden. Diese Prügelei dauerte tagelang und wir bekamen nichts zu essen. Vor der Baracke gab es immer Schießereien, einzelne wurden herausgeholt und kamen nicht wieder, andere wurden am Tage bis dreimal furchtbar geprügelt, so daß sie starben. In den späten Abendstunden vom 11. zum 12. Juni 1945 war die Hölle vollends los. Wir mußten uns aufstellen, von Posten und Gendarmen mit schußfertigen Waffen umringt, ein Gendarm entfaltete einen Bogen Papier und begann Namen zu verlesen. Die Verlesenen wurden in rohester Weise vor die Tür hinausgeprügelt, furchtbares Schreien und Wehklagen erfüllte den Raum. Jeder einzelne wurde vor der Baracke bewußtlos geprügelt und die Kleider von ihm herabgefetzt, sodann als lebloser Körper von den Posten in ein Lastauto geschleudert. So erging es 35 meiner Kameraden, darunter meinem besten Freund Max Netopill aus Bischofteinitz, und dessen Sohn. Nur dem Umstand, daß ein Chaffeur brüllte, „das Auto ist voll“, habe ich es zu danken, daß ich mit 5 Kameraden, die noch angestellt waren, am Leben blieb. Wie ich später durch Umfrage ermitteln konnte, wurden diese 35 bewußtlos geschlagenen Männer des nachts zu einer Sandgrube zwischen den Orten Taus und Trasenau geführt und dort von zwei schwer alkoholisierten tschechischen Roßmetzgern buchstäblich abgestochen. Die Leichen sollen in dieser Sandgrube verscharrt sein. Die Frauen der Ermordeten haben sich wiederholt an verschiedene tschechische Stellen um Aufklärung gewendet über das Schicksal ihrer Männer. Sie erhielten von allen Stellen, vom tschechischen Roten Kreuz, von der Gendarmerie und vom Národní výbor durchwegs verschiedene ausweichende Antworten über das grausame Schicksal ihrer Männer. Kurze Zeit später mußten in Taus-Milotow eingesperrte deutsche Frauen blutige Männer-Kleidungsstücke auswaschen. In einem solchen Rock fand eine Frau eine Raucherkarte auf den Namen Alois Schlögl, Bischofteinitz, einer der Männer unter den 35. Von keinem der 35 Männer hat auch nur einer bisher ein Lebenszeichen gegeben.

Aus: Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen. Überlebende kommen zu Wort.
Originalausgabe: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung Sudetendeutscher Interessen, 1951
Einleitung und Bearbeitung von Dr. Wilhelm Turnwald

siehe auch zweiten Bericht zu den gleichen Orten!