Das Blutbad in Vollmau
am 13. Mai 1945
Ein Augenzeugenbericht
Als der westliche Teil des Sudetenlandes im Frühjahr 1945 von amerikanischen Truppen besetzt wurde, war die Bevölkerung froh, die Schrecken des Krieges überstanden zu haben. Sie erinnerte sich der Atlantik-Charta, die nach der endgültigen Vernichtung der Nazityrannei einen Frieden versprach, der allen Nationen die Möglichkeit bietet, innerhalb der eigenen Grenzen sicher und frei von Not und Furcht zu leben. In der Atlantik-Charta hatten Roosevelt und Churchill erklärt, daß sie keine territorialen Änderungen wünschen, die nicht mit dem frei zum Ausdruck gebrachten Wunsch der betreffenden Völker übereinstimmten. Das war von den alliierten Rundfunksendern in allen Sprachen der Welt bombastisch verkündet worden.
Fast wie der Blitz aus heiterem Himmel, so plötzlich fielen raubgierige Tschechen mordend und plündernd im Böhmerwald ein. Es war der Abschaum des tschechischen Volkes, ordinäres Gesindel, Diebe, Wegelagerer, Räuber und gemeine Mörder. Sie hatten im sudetendeutschen Gebiet freie Hand. Die amerikanischen Truppen geboten ihnen nicht Einhalt. Die Deutschen waren vogelfrei.
Der erste Ort auf sudetendeutschem Gebiet hinter Furth im Walde ist Vollmau. Die Grenze geht mitten durch die Felder der Bauern. Von der Grenze übersieht man fast den ganzen Ort. Als am 13. Mai 1945 die Sonne strahlend aufging und einen schönen Frühlingstag ankündigte, rollten auf der Straße von Taus nach Vollmau Lastkraftwagen, die von schwerbewaffneten Tschechen in Uniform und Zivil und Deutschen aus Schlesien besetzt waren. Die Tschechen brachten die schlesischen Heimatvertriebenen bis vor Vollmau, dann trieben sie sie in den Ort. Offenbar hatten die Tschechen Widerstand erwartet; die Schlesier, zumeist Frauen und Kinder, sollten ihnen als Kugelfang dienen. Im Ort eröffneten die Tschechen plötzlich das Feuer auf die Schlesier. Die Säuglinge wurden im Kinderwagen erschossen, Mädchen und Frauen mit Schüssen niedergeknallt oder durch Kolbenschläge niedergeschmettert. Es war ein unbeschreibliches Morden.
Frauen stellten sich schützend vor ihre bereits verletzten und blutenden Kinder. Kinder sahen, wie man ihre Mutter erschoß, Mütter sahen, wie man ihre Kinder bestialisch tötete. Niemand von diesen Schlesiern konte sich retten. Erbarmungslos wurden alle ermordet. Kein Mensch kennt ihre Namen, keiner weiß genau, woher sie kamen.
Das war erst der Anfang zum Vollmauer Blutbad. In mehreren Gruppen drangen die Tschechen in die Häuser ein und jagten mit ihren Waffen die Menschen, zumeist Frauen, Mädchen und Kinder, auf die Straße. Es war am frühen Morgen, kurz nach fünf Uhr. Viele waren noch im Nachthemd. Wer beim Herausjagen aus seiner Wohnung nach einer Handtasche, nach Geld oder einem Koffer griff, wurde sofort erschossen. Beneš hatte das Eigentum der Deutschen als tschechischen Staatsbesitz erklärt. Wer sich am Staatsbesitz vergreift, wird selbstverständlich sofort erschossen! So legten die Räuber die „Gesetze“ ihres Räuberhauptmanns aus.

Unter den 37 Ermordeten befanden sich Oberlehrer i. R. Thim und Frau, Karl Schenk, Franz Kaspar, Johann Macht und Frau. Die Frau war schwer verletzt worden und starb erst einige Tage später unter entsetzlichen Qualen. Sie hatte fünf Kinder.
Als das entsetzliche Morden in Vollmau begann, versuchten einige Männer, Frauen und Kinder über die nahe Grenze zu entfliehen. Es gelang dies jedoch nur jenen, die auf. Nebenwegen oder durch den Wald die Grenze erreichten.
Der Großteil der Fliehenden wurde auf der Straße nach Furth im Walde von amerikanischen Soldaten festgenommen und auf eine Wiese getrieben, auf der die US-Soldaten bereits ein Zelt für sich errichtet und zwei Maschinengewehre aufgestellt hatten, die schußbereit auf die den tschechischen Mördern entkommenen Vollmauer gerichtet wurden. Scheinbar war zwischen den Tschechen und den US-Soldaten eine Vereinbarung getroffen worden. Wie eine Viehherde wurden die Deutschen festgehalten und bewacht. Sie bekamen kein Essen und trotz glühender Hitze kein Wasser. Eine Frau (die Gattin des bekannten Vollmauer Wirtes Vogel) starb auf der Wiese. Da kein Arzt und keine Hilfe geholt werden durfte, konnte sie nicht gerettet werden.
Als die Nacht hereinbrach, kamen drei Lastkraftwagen der Amerikaner. Den Vollmauern wurde erklärt, sie kämen in ein Lager bei Pilsen. Beim Besteigen der Lastkraftwagen entstand in der Dunkelheit ein Tumult, den manche zur Flucht benützten. Auf den drei Lastkraftwagen hatte jedoch nur ein Teil der Vollmauer Platz. Die Lastkraftwagen fuhren bis Babylon (ungefähr 10 km), dort mußten sie auf Befehl der Tschechen wieder umkehren. Um Mitternacht wurden die Deutschen auf der Wiese wieder abgeladen. Niemand kümmerte sich mehr um die Menschen, die nun in benachbarten Bauernhöfen Unterkunft und Essen erhielten.
Die Vollmauer, die von der nahen Grenze ihre Häuser sahen, versuchten in den nächsten Tagen, ihr Vieh aus den Ställen zu retten, das sie vor Hunger brüllen hörten. Eine 17jährige Bauerntochter ging in ihr Elternhaus zurück. Sie wurde von den Tschechen erschossen. Am folgenden Montag kam der Pilsner tschechische Polizeichef nach Vollmau. Da die Ermordeten immer noch nicht begraben waren, bat der Pfarrer den Polizeichef, der, genauer bezeichnet, ein Räuberhauptmann war, um Beerdigung der Toten. Dieser würdigte ihn keines Blickes und keiner Antwort. Er war zur Sicherstellung des deutschen Eigentums nach Vollmau gekommen, nicht um mit dem Pfarrer wegen Beerdigung der Ermordeten zu verhandeln. Nach der Ausrottung der Deutschen wurde der Ort planmäßig geplündert und ausgeraubt, obwohl Vollmau im Besatzungsgebiet der US-Truppen lag.
Der ermordete Oberlehrer Thim und seine Frau wurden später im Garten neben ihrem Haus begraben, in dem sie jahrelang glücklich und friedlich gelebt hatten.
Bis heute hat weder der Rundfunk noch die deutsche Presse über das Blutbad in Vollmau berichtet. Die Ermordeten sind jedoch nicht vergessen.
Wir können nicht sagen, daß die von den alliierten Sendern und Zeitungen verkündeten Prinzipien der Menschenrechte falsch seien. Wir können auch nicht sagen, daß der Glaube an die grundlegenden Rechte der Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Person, an die Gleichheit. der Rechte der großen wie der kleinen Nationen seit 1945 weniger edel ist als vorher. Wir können lediglich sagen, daß dieser Glaube nach dem Sieg der Alliierten weit häufiger verachtet wurde als wir es für möglich gehalten haben; oder schlimmer noch: daß er von jenen gelästert wurde, die zwar im Rundfunk mit den Lippen bekannten, mit ihren ungeheuerlichen verbrecherischen Taten aber dieses Bekenntnis Lügen straften.
Verdammte Erzlügner hatten im Rundfunk und in der Presse die Besetzung des Sudetenlandes im Jahre 1945 „Befreiung“ genannt. Wie diese „Befreiung“ aussah, können Millionen beschwören und bezeugen. Es war eine Befreiung vom ehrlich erworbenen Eigentum, eine Befreiung von Haus und Hof. Es war ein beispielloses Verbrechen gegen Demokratie und Menschenrecht, es war Raub und Mord!
Bis ans Ende der Welt wollten die Staatsmänner der Alliierten die Kriegsverbrecher verfolgen. Tausende wurden erschossen und gehenkt; aber nur wenn es Deutsche waren, die der Verbrechen beschuldigt wurden. Der Verdacht genügte zur Festnahme. Die tschechischen Massenmörder und Räuber, die nach Westdeutschland geflüchtet sind, dürfen hier nicht vor Gericht gestellt werden, weil sie die Verbrechen angeblich nicht im Bereich des Besatzungsgebietes verübt haben. Vollmau lag aber im US-Besatzungsgebiet. Es fand sich kein Richter, der die bestialischen Mörder und Räuber angeklagt hätte.
Es scheint wirklich wahr zu sein, daß die Göttin der Gerechtigkeit seit einigen Jahren sich willenlos jeder Gewalt fügt.
F. L.

Quelle:
Sudetendeutscher Heimatdienst 1950-05-15 Jg. 3 Heft 3 Nummer 76 Seite 6.
Das Kürzel „F.L.“ könnte „Franz Leitner“ heißen, der als Oberlehrer aus Mährisch Schönberg im gleichen Heft auf Seite 26 über den Nutzen der Bienen schreibt.