Dieser Brief wurde am 3. April 2003 an Herrn Verheugen abgeschickt mit der technischen Anforderung einer Lesebestätigung. Bis 2003-04-06-07:46 war weder Lesebestätigung noch Antwort eingetroffen.

Sehr geehrter Herr Verheugen!

Dem Vernehmen nach hätten Sie in einem Gespräch mit „der Presse“, Wien, zum EU-Beitritt der Tschechischen Republik ohne Abschaffung der Beneš-Dekrete gesagt: „Diese Debatte ist beendet, Prag erfüllt die Beitrittsvoraussetzungen. ... ... ... Aber Deutsche und Österreicher sollen nicht erwarten, daß sich Dänen, Portugiesen oder Iren für die Beneš-Dekrete interessieren.“ (2. April 2003)

Nein, Herr Verheugen, das sollten wir Deutschen wohl nicht. Hier gebe ich Ihnen recht.

Aber im Umkehrschluß fordere ich Sie auf, als Deutscher auch einmal an Deutsches Leid zu denken und nicht nur Forderungen gegen Deutschland zu unterstützen, sondern auch die rechtmäßigen Ansprüche Deutscher Staatsbürger zu stützen und zu schützen.

Sie als maßgeblich für die Erweiterung der EU zuständige Person, als Spitzen-Repräsentant der EU, haben die Aufgabe, die Einhaltung der Regeln zu überwachen, darauf zu dringen und zu bestehen, daß Recht auch recht bleibt – oder vielmehr wieder wird! Wann denn, wenn nicht jetzt, auf der Schwelle ins gemeinsame Europäische Haus, soll denn altes Unrecht beseitigt werden? Zu Ihrer Pflicht gehört es auch, die anderen Bewohner unseres Europäischen Hauses darauf hinzuweisen, daß mit den Leuten – Staaten – „vor der Tür“ etwas „nicht stimmt“. Einfach so zu sagen, die anderen interessierten sich nicht dafür, ist ein bißchen zu wenig,
Herr Verheugen! Schließlich ist es unser Geld und Gut, das Russen, Polen, Tschechen, Slowenen ... gestohlen haben und nicht zurückgeben wollen. Mehr noch: es ist ebenfalls unser Geld (jedenfalls zum weit überwiegenden Teil), worauf die Beitrittskandidaten schielen. Haben Sie vernommen, wie die Tschechen sich damit brüsten, wie gute Konditionen sie für ihren Beitritt ausgehandelt haben – da geht es immer wieder um Milliarden, die aus Deutschland herausgequetscht werden sollen! – Und wie sieht es im Gegensatz dazu mit der Zahl unserer Vertreter in den EU-Institutionen aus? Polen und Tschechien brüsten sich damit, daß sie eine weit höhere pro-Kopf-Anzahl an Vertretern ins Europäische Parlament schicken werden als Deutschland. Da kann ich nur dne Kopf schütteln und fragen: Müssen wir den Krieg denn auch 60 Jahre danach immer wieder verlieren???

Die Vertreibung der Deutschen aus ihren Siedlungsgebieten in Ostdeutschland (durch Russen und Polen), aus dem Sudetenland bzw. den böhmischen, mährischen und slowakischen Deutschen Sprachinseln (durch Tschechen und Slowaken) und aus Südslawien (durch Serben, Slowenen und Kroaten) hat Schule gemacht.

Dieses fortwährende Unrecht ist nicht ein abgeschlossenes geschichtliches Ereignis.

Es wirkt fort und wird fortzeugend Böses nur gebären.

Die Toten sind tot, die meisten der Ermordeten warten aber immer noch auf würdige Gräber.

Über die 600 identifizierten Opfer von Sebrenica haben wir jüngst in den Zeitungen gelesen.

Von den vielleicht 8000 Opfern des Brünner Todesmarsches, von der Viertelmillion sudetendeutscher Opfer des tschechisch-slowakischen Völkermordes vernimmt man kaum etwas in der Öffentlichkeit. Und wenn, dann werden diese Opfer verhöhnt mit der Bemerkung, die Deutschen seien an allem Leid der Welt selber schuld. Nein: meine Tanten und Onkel waren nicht schuld an der Besetzung der Resttschechei durch Truppen des Deutschen Reiches. Sie trugen auch keine Schuld an Sozialisten- oder Judenverfolgungen. Die Tschechen hatten kein Recht, sie aus ihren Häusern zu jagen bzw. sie in ihren Häusern verhungern zu lassen. Das, was Beneš und die von ihm aufgehetzten Tschechen mit den Sudetendeutschen taten, war als Völkermord geplant und war schon 1945 ein unverjährbares Verbrechen.

Ein Staat, der die Benešdekrete, die selbst im Gutachten des Herrn Frowein als unvereinbar mit dem Völkerrecht bezeichnet werden, als Grundlage seines Rechtssystems bezeichnet, der sich also auf Mord und Raub gründet, kann nicht gleichberechtigtes Mitglied der Europäischen Union werden. Dieser Staat muß sich vorher von den verbrecherischen Handlungen seines Gründers lossagen, die Verfehlungen eingestehen und – soweit überhaupt möglich, denn hunderttausendfacher Mord ist ja nicht wiedergutzumachen, höchstens ein Teil des milliardenschweren Raubes – Wiedergutmachung leisten.

Ich habe den Eindruck, daß auch Sie viel zu wenig wissen von der Vorgeschichte der Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Tschechen bzw. zwischen Deutschen und Slowaken. In dieser Unwissenheit stehen Sie nicht alleine da – auch ich und nahezu alle Angehörigen meiner und der nachfolgenden Generationen sind ja in den Schulen nicht über die Verfehlungen anderer Völker und Staaten unterrichtet worden. Mühsam muß man die Tatsachen sich selbst erarbeiten, muß die Vertreibungsdekrete zusammensuchen und findet sie in einer Dokumentation des schrecklichen Geschehens nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht, die von der Bundesregierung zwar schon in den Fünfzigerjahren in Auftrag gegeben, aber über 20 oder 30 Jahre unter Verschluß gehalten wurde. Die Veröffentlichung des Frowein-Gutachtens in einer ganz bewußt falschen Rückübersetzung und dann der verspätete Nachschub einer zuverlässigen amtlichen deutschen Fassung spricht Bände.

Immerhin ist dem Frowein-Gutachten zu danken, daß eine Fundstelle für die Beneš-Dekrete in der Öffentlichkeit genannt wurde: die Netzseite www.mitteleuropa.de. Dort kann sich jedermann ohne Mühe unterrichten über die Ungeheuerlichkeiten, die den Sudetendeutschen zugemutet wurden. Dort ist auch zu lesen, welches Vermögen den Sudetendeutschen völkerrechtswidrig geraubt wurde, auf das die Tschechische Republik ihre Rechtsordnung aufbaut: etwa drei Viertel des Staatshaushaltes der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2002 war der Gegenwert. (siehe www.mitteleuropa.de/sd-verm01.htm). (Mir ist bekannt, daß das tschechische Parlament alle dort so genannten „Präsidialdekrete“ im Weltnetz veröffentlicht. Darunter natürlich auch die als „Beneš-Dekrete“ bezeichneten „Gesetze“, die den Massenmord und die Vertreibung der Deutschen und Magjaren aus dem Territorium der Zwischenkriegs-Tschechoslowakei einleiteten und mit einem „Rechtmäßigkeitsgesetz“ am 8. Mai 1946 (siehe www.mitteleuropa.de/tschg19460508.htm) allen Straftaten gegen Deutsche und Magjaren, gleich ob Mord oder Raub, das Mäntelchen der Rechtmäßigkeit umhängen, auch wenn diese Untaten noch 5 Monate nach dem „Schweigen der Waffen“ an wehrlosen Menschen verübt worden waren. Leider, aber selbstverständlich, nur in tschechischer Sprache. In einer anderen europäischen oder gar der deutschen Sprache sucht man sie sonst vergebens.)

Sehr geehrter Herr Verheugen!

Ihre Aufgabe als Deutscher ist auch, die unverjährbaren Völkerrechte für Deutschland zu vertreten und einzufordern.

Raub und Mord gehören der Vergangenheit an. Die Vertreibung dauert fort und ebenfalls die Entrechtung, das Vorenthalten unseres Eigentums. Diese Folgen belasten die Gegenwart und die Zukunft.
Daß der Völkermord an den Ostdeutschen, den Sudetendeutschen und den Balkandeutschen ohne rechtliche Sühne blieb, machte erst die völkermörderische Politik eines Tito oder eines Milosevic möglich. Diese Politik der Entrechtung ganzer Völker ist kein gutes Vorbild für die Auseinandersetzungen in den Kaukasischen Ländern, auf Cypern oder in Nordirland: Raub und Mord und Plünderung können und dürfen nicht ungesühnt bleiben und zur Grundlage staatlicher Rechtssysteme werden.

Ich bitte Sie dringend, Ihren Einfluß geltend zu machen dafür, daß die Vertreiberstaaten auf die Grundlagen europäischen Staatsrechtes und des Völkerrechtes zurückkehren, bevor sie die EU mit ihren falschen Rechtsauffassungen vollends vergiften.

Beste Grüße von Markwart Lindenthal

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