Aus Keesings Archiv der Gegenwart, Seite 3725 E:

17. September 1938
UNGARN Außenpolitik TSCHECHO-SLOWAKEI Nationalitäten –
Der Parlamentsklub der vereinigten ungarischen Parteien in der Tschecho-Slowakei hat eine Resolution zur Kenntnis des ungarischen Volkes und der öffentlichen Meinung der ganzen Welt gebracht, in der darauf verwiesen wird, daß die ungarische Volksgruppe in der Tschecho-Slowakei das vom Präsidenten Wilson verkündete Recht der Selbstbestimmung niemals ausüben konnte. Trotzdem habe die ungarische Volksgruppe 20 Jahre lang ihre schweren staatsbürgerlichen Pflichten erfüllt. Nach 20 Jahren müsse sie aber feststellen, daß die Besitzer der Staatsgewalt ausschließlich dem Gedanken des tschechischen Nationalstaates dienten. Die ungarische Volksgruppe wünsche, die Lenkung ihres Schicksales selbst in die Hand zu nehmen. Zu diesem Zwecke sei es nötig, daß das Recht gesichert werde, von dem 1918 nur einzelne Nationen Gebrauch machen konnten: das Recht der Selbstbestimmung.
Das Ungartum sei jedoch zutiefst überzeugt, daß hier von einer Schicksalsfrage die Rede ist, die man nur mit ideellen, absolut demokratischen Mitteln zu lösen vermöge, um den Grund zu einer friedlichen, neuen europäischen Lage zu legen, die anstelle des auf den Ruinen des großen Weltkrieges ungleich angewandten Rechtes die Zukunft auf den Basteien der wahren Gleichheit und Interessengemeinschaft aufbaut.
Das Ungartum sei gegen jede Lösung, die mit den Mitteln der Gewalt das neue, ehrliche Leben fundieren will; es sei überzeugt, daß das Verständnis zwischen Nation und Nation auch andere friedliche Mittel hat, und betrachte das Selbstbestimmungsrecht und die Volksabstimmung als ein solches Mittel.

Von amtlicher ungarischer Seite wurde zu dieser Resolution erklärt:
Die berufenen Vertreter des in der Tschecho-Slowakei lebenden Ungartums haben heute ihre Stimme hören lassen. Ihre Stimme ist die des ganzen Ungartums. Die Außenpolitik Ungarns betonte stets die Notwendigkeit einer gerechten Regelung. Die ungarische Nation erwartet, daß diese gerechte Regelung und, als deren Vorbedingung, das Selbstbestimmungsrecht zur praktischen Geltung gebracht werden. Die ungarische Regierung nahm und nimmt die Mittel ihrer Außenpolitik in Anspruch, damit diese berechtigte Forderung in der Lösung der tschecho-slowakischen Frage bei allen interessierten Nationalitäten zur Geltung gelange.

Hervorhebungen durch ML 2001-09-01

Am 13. September 1938 hatte die Prager Regierung über viele sudetendeutsche Städte und Gemeinden das Standrecht verhängt. Über die Forderungen und Verhandlungen zwischen SdP und Prager Regierung wird ausführlich berichtet.

Unter dem Datum 18. September 1938 berichtet Keesings Archiv der Gegenwart auf Seite 3727 A:
UNGARN, TSCHECHO-SLOWAKEI, Außenpolitik –
Die ungarische Regierung hat bei der tschecho-slowakischen Regierung gegen militärische Maßnahmen an der ungarischen Grenze, die durch nichts gerechtfertigt seien, Protest erhoben und gleichzeitig gegen Grenzverletzungen durch tschecho-slowakische Flugzeuge, welche ungarisches Gebiet überflogen, Stellung genommen.