Sudetenland

Auszug aus „Encarta 1999“:

Im Sommer 1938 forderte Hitler von der Tschechoslowakei die Abtretung des Sudetenlandes, in dem eine große deutsche Minderheit lebte. Die Sowjetunion kündigte ihre Bereitschaft an, die Tschechoslowakei gegen die Aggressionen Hitlers zu unterstützen, und ersuchte Frankreich sowie Großbritannien um Unterstützung. Die französische und die britische Regierung vertrauten jedoch Hitlers Zusage, nach der Annexion des Sudetenlandes keine weiteren Gebietsforderungen zu stellen. Im Münchner Abkommen vom September 1938 wurden die umstrittenen Gebiete Deutschland zugesprochen.

Der erste Satz gibt in seiner groben Vereinfachung eine falsche Darstellung. Das Sudetenland (dieser Begriff ist in jenen Jahren ganz neu entstanden) umfaßte die Randgebiete Böhmens (im Norden, Nordwesten, Weste, Südwesten, Süden) gegen das Deutsche Reich (heute „Bundesrepublik Deutschland“) und Österreich (seit März 1938 zum Deutschen Reich gehörig) sowie die Randgebiete Mährens (im Norden, Nordosten) gegen das Deutsche Reich und (im Süden und Südwesten) gegen Österreich. Nicht dazugezählt wurden die deutschen Volksinseln um Wischau, in und um Brünn, in und um Iglau und die deutsche Einwohnerschaft Prags. Die Gemeinden des Sudetenlandes (und auch der Spachinseldörfer und Kleinstädte) waren deutsch besiedelt. Noch 1938 war der Anteil an Tschechen (die zumeist durch staatliche Verwaltungsakte seit 1919 dorthin versetzt worden waren) im Mittel weit unter 5 % der dortigen Bevölkerung. Die Volksgrenze war also damals nicht mit der Saatsgrenze von 1919 identisch, sondern klar abgegrenzt weit im Inneren der Länder Böhmen und Mähren. Und in den Sudetendeutschen Gebieten stellten die Tschechen eine sehr geringe Minderheit, die Deutschen machten im geschlossenen Siedlungsgebiet eine Mehrheit von meist um und über 90 % der Bevölkerung aus. Auf das ganze Staatsvolk der Tschecho-Slowakei bezogen machten die Tschechen mit etwa 6,5 Millionen Menschen gegenüber 3,5 Millionen Deutschen (davon knapp 3 Millionen in den geschlossenen Siedlungsgebieten des Sudetenlandes, der Rest zumeist in großen Volksinseln im Hauerland, der Zips, Wischau, Brünn, Iglau), 3 Millionen Slowaken und etwa 0,4 Millionen Ungarn nur um 50% aus. Sie waren zwar unbestritten die größte Volksgruppe in dem 1919 willkürlich zugeschnittenen Vielvölkerstaat, besetzten aber die meisten politischen Ämter und beherrschten die Verwaltung auch in den Regionen, in denen sie in der Bevölkerung in der Minderheit waren.
                                                                                                        2000-03-07 ML

In aller Ausführlichkeit wird über das Sudetenland, die Sudetendeutschen und die Tschechoslowakei berichtet in der *Netzseite der Sudetendeutschen Landsmannschaft.