VERTRAG DER FREUNDSCHAFT, GEGENSEITIGEN HILFE UND ZUSAMMENARBEIT NACH DEM KRIEGE ZWISCHEN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK UND DER UNION DER SOZIALISTISCHEN SOWJETREPUBLIKEN
Der Präsident der Tschechoslowakischen Republik und das Präsidium des Obersten Sowjets der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, geleitet vom Wunsche den zwischen der Tschechoslowakischen Republik und der UdSSR bestehenden, am 16. Mai 1935 in Prag unterzeichneten Vertrag über gegenseitige Hilfe zu ändern und zu ergänzen sowie die Festlegungen des zwischen der Regierung der Tschechoslowakischen Republik und der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken am 18. Juli 1941 in London unterzeichneten Abkommens über das gemeinsame Vorgehen im Kriege gegen Deutschland zu bestätigen, geleitet von dem Wunsche, nach dem Kriege bei der Erhaltung des Friedens zusammenzuwirken, einen neuen Angriff seitens Deutschlands zu verhindern und dauernde Freundschaft und gegenseitige friedliche Zusammenarbeit zu gewährleisten, haben beschlossen, zu diesem Ziel einen Vertrag abzuschließen und bestimmten zu diesem Zweck als Bevollmächtigte:
der Präsident der Tschechoslowakischen Republik
Zdenek Fierlinger,
Botschafter der Tschechoslowakischen Republik in der Sowjetunion, das Präsidium des
Obersten Sowjets der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow, Volkskommissar für Auswärtige
Angelegenheiten,
die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten wie folgt vereinbart haben:
Artikel 1.
Die Hohen Vertragsschließenden Parteien verpflichten sich im gegenseitigen Übereinkommen
zu einer Politik der dauernden Freundschaft und der freundschaftlichen Zusammenarbeit nach
dem Kriege sowie einer gegenseitigen Hilfestellung zu vereinigen, eine der anderen
militärische sowie anderweitige Hilfe und Unterstützung aller Art im gegenwärtigen
Krieg gegen Deutschland und gegen alle jene Staaten zu leisten, die mit diesem in seinen
Aggressionshandlungen in Europa verbündet sind.
Artikel 2.
Die Hohen Vertragsschließenden Parteien verpflichten sich, während der Zeit des jetzigen
Krieges in keinerlei Verhandlungen mit der Regierung Hitler oder einer jeden anderen
Regierung Deutschlands zu treten, die nicht klar allen Angriffsabsichten entsagt, keine
Verhandlungen mit Deutschland oder irgendeinem anderen mit ihm in dessen
Angriffshandlungen verbündetem Staat in Europa zu führen, sowie ohne gegenseitige
Absprache keinen Waffenstillstand oder Friedensvertrag zu vereinbaren.
Artikel 3.
In dem sie ihre Politik des Friedens und der gegenseitigen Unterstützung in der
Vorkriegszeit bestätigen, die in ihrem am 15. Mai 1935 in Prag unterzeichneten Vertrag
zum Ausdruck gelangt ist, verpflichten sich die Hohen Vertragsschließenden Parteien für
den Fall, daß eine von ihnen in der Zeit nach dem Kriege in eine kriegerische
Auseinandersetzung mit Deutschland, das seine Politik Drang nach Osten
erneuern würde, oder mit irgendeinem anderen Staat hineingezogen werden sollte, der sich
mit Deutschland direkt oder in irgendeiner anderen Form zu einem solchen Krieg verbünden
würde, der anderen, auf solche Weise in eine kriegerische Auseinandersetzung
hineingezogenen Hohen Vertragsschießenden Partei unverzüglich jedwede ihr zur Verfügung
stehende militärische sowie andere Unterstützung und Hilfe zu leisten.
Artikel 4.
Eingedenk der Sicherheitsinteressen einer jeden der Hohen Vertragsschließenden Parteien
sind sie hinsichtlich einer engen und freundschaftlichen Zusammenarbeit bei der Erneuerung
des Friedens sowie über die Grundsätze ihrer Handlungsweise übereingekommen:
gegenseitiges Respektieren der Unabhängigkeit und Souveränität sowie Nichteinmischung
in innere Angelegenheiten des anderen Staates. Sie sind übereingekommen, in möglichst
breitem Maßstab ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu entwickeln und einander gegenseitig
jedwede mögliche wirtschaftliche Unterstützung nachdem Kriege angedeihen zu lassen.
Artikel 5.
Jede der Hohen Vertragsschließenden Parteien verpflichtet sich, kein Bündnis einzugehen
und sich an keiner Koalition zu beteiligen, die gegen die andere Hohe Vertragsschließende
Partei gerichtet wäre.
Artikel 6.
Dieser Vertrag tritt unverzüglich nach der Unterzeichnung in Kraft und unterliegt der
Ratifikation, die in möglichst kurzer Frist stattfinden soll; der Austausch der
Ratifikationsurkunden wird möglichst bald in Moskau durchgeführt.
Dieser Vertrag bleibt zwanzig Jahr vom Augenblick der Unterzeichnung in Gültigkeit, wobei er um weitere fünf Jahre verlängert wird, wenn keine der Hohen Vertragsschließenden Parteien zum Ende des zwanzigjährigen Zeitabschnittes, 12 Monate vor Ablauf dieser Frist, von ihrem Wunsch Mitteilung macht, den Vertrag zu kündigen; die Gültigkeit wird jedesmal um weitere fünf Jahre verlängert, sofern nicht eine der Hohen Vertragsschließenden Parteien 12 Monate vor Ablauf des laufenden Jahrfünfts schriftlich ihre Absicht kundtut, die Gültigkeit des Vertrages zu beenden.
Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterschrieben und mit ihren Siegeln versehen.
Ausgefertigt in zwei Urschriften, beide in tschechoslowakischer und russischer Sprache. Beide Wortlaute haben die gleiche Gültigkeit
Moskau, 12. Dezember 1943
IN VOLLMACHT DES PRÄSIDENTEN DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK
IN VOLLMACHT DES PRÄSIDIUMS DES OBERSTEN SOWJETS DER UdSSR
Wurde dieser Vertrag in Moskau ratifiziert?
Wurde der Vertrag über 1963 hinaus verlängert?
ML 2003-02-16