Abgesagt
Er hatte eingeladen Mitte Oktober zu einem Treffen am 30.
November 2000 in der Gedenkstätte
Berlin-Hohenschönhausen: der Herr Bundespräsident wollte
ein Gespräch mit Verfolgten und Gegnern des Unrechts in der SBZ und DDR
führen". Herr Rau wollte über die Lage der Opfer und Verfolgten sprechen sowie
darüber, wie die Erinnerung an das begangene Unrecht und an das Schicksal der Opfer
künftig im öffentlichen Gedächtnis wachgehalten werden könne. Dem Gespräch würde ein
gemeinsamer Rundgang durch die Gedenkstätte folgen.
Eine ganze Stunde war für das Gespräch vorgesehen, für das die nicht in der Nähe
Berlins wohnenden Eingeladenen noch ihre Reise- und Unterkunftskosten alleine tragen
sollten, weil das Bundespräsidialamt kein Geld habe. Einige der Geladenen sagten wegen
des hohen Stundenlohns ab, und Bösartige (oder Informierte?) meinten, daß dieses kurze
Treffen sowieso nur eine Alibifunktion hätte. Zu gut nämlich noch im Gedächtnis, daß
der jetzige Bundespräsident als Regierungschef von Nordrhein-Westfalen der DDR
zuliebe den geringen Anteil seines Landes an der Finanzierung der Zentralen
Erfassungsstelle Salzgitter gestrichen hatte.
Das Problem hat sich nun gelöst. Vierzehn Tage vor dem großen Treffen sagte das
Bundespräsidialamt den Termin ab, weil er "mit unabweisbaren, erst jetzt
hinzugekommenen Verpflichtungen des Herrn Bundespräsidenten" kollidiere. Vielleicht
waren es auch die Materialien, die jeder Gesprächsteilnehmer zuvor zur Verfügung stellen
sollte. Wie dem auch sei. Ein kurzer, langfristig geplanter Termin nur wenige Kilometer
vom Amtssitz des Bundespräsidenten entfernt ist also nicht möglich; ein neuer wird erst
gar nicht in Aussicht gestellt. Zu dem wäre wohl auch keiner der Ausgeladenen mehr
gekommen.
Gerhard Finn.
Diesen bitteren Kommentar entnahm ich dem "Stacheldraht
Nr. 9 (2000)".
Menschenwürde ist unteilbar nur eine Redensart, unter anderem aus dem Munde
des Herrn Rau. Aber offensichtlich gilt sie nicht für die Heimatvertriebenen, für die
deutschen Zwangsarbeiter in östlichen und westlichen Ländern, für die Opfer des
Vertreibungsholocaustes und für die Opfer linksterroristischer Systeme.
Daran wird deutlich, wie wichtig es ist, daß alle Entrechteten miteinander gegen
das Vergessen kämpfen. Wir müssen auch an die anderen denken, deren Leid andere
Ursachen hat, die aber genauso um ihre Menschenwürde kämpfen müssen in dem
freiheitlichsten aller Staaten, die es je auf deutschem Boden gab! ML 2000-12-15