„Es ist nie zu spät, Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)
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Pressemitteilung zum 27. September 2003

Gedenktag: Volksentscheid in Schleswig-Holstein

Das Volk als Souverän und Untertan: Im Namen des Volkes gegen das Volk!

Teil 4 der Presseserie des VRS  –  Abdruck honorarfrei – Beleg erbeten!

NÜRNBERG (VRS), 2003-09-27. – Der Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V. (VRS) – www.vrs-ev.de – zieht anläßlich des „Jubiläums“ der sogenannten Rechtschreibreform in einer Presseserie eine Bilanz über die Presseberichterstattung. Heute erinnert der VRS an den fünften Jahrestag des Volksentscheids 1998 gegen die Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein.

Ein Erfolg der unmittelbaren Demokratie
Am 27. September 1998, dem Tag der Bundestagswahl, wurde in Schleswig-Holstein in einem Volksentscheid über die Rechtschreibreform abgestimmt. Nur 29,1 Prozent der Wähler votierten für die Rechtschreibreform. Trotz beachtlicher Desinformationskampagnen der Reformbefürworter entschieden dagegen 56,4 Prozent, daß an den Schulen weiterhin die traditionelle Rechtschreibung zu unterrichten sei. Sie widersprachen damit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1998.

Wortbrüchige Politiker
Politiker und Parteien hatten angekündigt, die Rechtschreibreform zu stoppen, wenn ein Bundesland ausschere. SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering schrieb in einem Brief an die Parteibasis: „Sollte ein Land ausscheren, wäre die Reform gescheitert.“ Aber noch vor dem Volksentscheid brachen die Politiker ihr Wort, um den Ausgang des Volksentscheids zu beeinflussen. Als Antwort darauf wurden im September 1998 in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern Volksinitiativen gegen die Rechtschreibreform eingeleitet, um die Schleswig-Holsteiner auch moralisch zu unterstützen.

Verleger-Kampagnen für die Rechtschreibreform
Die Schulbuch- und Wörterbuchverlage erhofften sich Geschäfte mit dem Neudruck von Büchern. Deshalb führte der Verband der Schulbuchverlage in Schleswig-Holstein im September 1998 vor dem Volksentscheid eine 500.000 DM teure Anzeigenkampagne durch. Die Jugend- und Schulbuchverlage verbündeten sich mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und warben gemeinsam mit Anzeigen in Tageszeitungen für die Rechtschreibreform. Die Vertreterin der GEW bei der Anhörung der Rechtschreibkommission am 23. Januar 1998 in Mannheim war die Schulbuchverlegerin Hertha Beuschel-Menze! Bertelsmann verschenkte an schleswig-holsteinischen Schulen 10.000 Wörterbücher. Der NDR warnte die Bevölkerung stündlich in den Nachrichten davor, für den Vorschlag der Volksinitiative zu stimmen, da das Land dadurch in die Isolierung gerate.

Volksbegehrens-Regelungen zur Verhinderung direkter Demokratie
In Schleswig-Holstein benötigte man beim Volksbegehren 5 Prozent der Stimmen der Wahlberechtigten, um einen Volksentscheid zu erreichen. Für die Unterschriftensammlung hatte man 6 Monate Zeit. Dagegen gab es bei den Volksinitiativen gegen die Rechtschreibreform in neun Bundesländern auf der (zweiten) Stufe der Volksbegehren wesentlich höhere, kaum überwindbare Hürden. Hans Herbert von Arnim kommt daher zu dem Schluß, daß solch harte Volksbegehrens-Regelungen den Zweck haben, erfolgreiche direktdemokratische Aktivitäten zu verhindern (Hans Herbert von Arnim: Vom schönen Schein der Demokratie. München: Droemer, 2000, S. 211). Die verantwortlichen Politiker wollen nicht, daß ein unerwünschter Volksentscheid zustandekommt, der die Ziele der Regierung und der sie fördernden Wirtschaftsmächte unvorhergesehen durchkreuzt. Deshalb kämpft der Verein „Mehr Demokratie“, http://mehr-demokratie.de, der heuer sein 15jähriges Bestehen feiert, für niedrigere Hürden bei Volksbegehren.

„Alle Staatsgewalt geht von Volker aus“
Die Kieler CDU war noch 1998 gegen die Rechtschreibreform aufgetreten. Ihr Spitzenkandidat, der ehemalige Deutschlehrer Volker Rühe, brachte die Nord-CDU 1999 herrisch auf Kurs zur Wiedereinführung der Rechtschreibreform. Am 17. September 1999 hob der Kieler Landtag das Volksgesetz gegen die Rechtschreibreform einstimmig auf. Die als „Volksvertreter“ bezeichneten Parlamentarier setzten sich über den Willen des Volkes hinweg. Das Volk, der Souverän, wurde bevormundet, zum Untertanen degradiert und gleichgeschaltet. Doch die Wähler erteilten Rühe wenig später die Quittung: Die CDU verlor die Landtagswahl.
Der VRS stellt zum fünften Jahrestag des Volksentscheids gegen die Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein fest: „Der 27. September 1998 ist ein Gedenktag des Sieges über die Staatsbürokratie, aber auch ein schwarzer Tag für die direkte Demokratie, weil die Wähler fast ein Jahr später von ihren Volksvertretern durch dreisten Machtmißbrauch entmündigt wurden. Die Zeitungen, die ‚Sturmgeschütze der Demokratie‘, protestierten nicht; denn die Journalisten waren am 1. August 1999 selber gleichgeschaltet worden und somit befangen. Es ist jedoch nie zu spät, Sprachzerstörung, Entdemokratisierung und Geldverschwendung zu stoppen!“

Manfred Riebe, Pressesprecher des VRS
Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.
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