Auszug aus
Emil Dösseler: Soests auswärtige Beziehungen besonders im hansischen Raum,
Teil 1, herausgegeben von Gerhard Köhn,
1988 in der Westfälischen Verlagsbuchhandlung Mocker & Jahn, Soest.
Seite 79/81:

Die Sudetenländer: Böhmen, Mähren, Slowakei
Die ältesten kulturellen Beziehungen zu Böhmen ergaben sich durch die von Kaiser Karl I. 1348 gegründete Prager Universität, deren Vorbild die alte Universität Paris (Sorbonne) war, wo schon ein Soester Kanoniker und rector scolarium Menricus de Susato 1344-1348 studierte und lehrte.
In Prag studierten 5 oder 6 Soester ab 1376, die zum Teil auch dort lehrten, wie um 1395 der Dominikaner Jacob von Schwefe oder von Soest genannt, der später ab 1405 an der Universität Köln eine bedeutende Lehrtätigkeit entfaltete. Er war auch im Erzbistum Köln als Ketzerinquisitor tätig. Demnach war er wohl nicht von den Kirchenreformationsbestrebungen seines Prager Kollegen, des Magisters Johan Hus, beeinflußt. Neben der Benachteiligung der deutschen Nationen an der Universitätsverwaltung durch König Wenzel (Kuttenberger Dekret vom 14. Januar 1409) war auch die kirchlich-konservative Einstellung der deutschen Nationen in Prag maßgebend für ihren Exodus ab 1409.

Bemerkenswert ist unter den Schülern und Lehren der Soester Patroklischule Amplonius Rating de Berka, 1385 – 1388 in Prag, vorher und nachher mit Erfolg an der Universität Erfurt wirkend, 1394 Mai 5 – 1395 Februar 1 als ihr zweiter Rektor. Weitere Beziehungen nach Böhmen ergaben sich durch die westfälische Auswanderung nach Böhmen, so die der Brüder Erlemann nach Tachau aus dem kölnisch-westfälischen Hellefeld, die 1573 eine Erbschaft von ihrem verstorbenen Bruder im Kloster Paradies bei Soest einzufordern hatten. Bernd Brede aus dem Raum Soest-Lippstadt wurde Anfang des 17. Jahrhunderts in Prag ansässig, desgleichen Franz Wilhelm von Klepping aus ursprünglich Soest-Dortmunder Familie im späten 17. Jahrhundert. Der Kanoniker Wilhelm von Horst verzichtete auf seine Pfründe zu Soest, Lüttich und Köln und wurde nach 1746 Kanoniker zu Leitmeritz in Böhmen. Der Prager Icking, Postmeister im 17. Jahrhundert, stammte aus Arnsberg, seine Mutter (von  Kleinsorge) aus Werl. Bekannte Familien des westfälischen Adels, so die katholischen Ledebur und Spiegel verzogen nach Böhmen und Mähren. Die Ledebur waren in Milleschau bei Lobositz und in Ostinghausen bei Soest im 18. Jahrhundert begütert. Soester Neubürger kamen aus Böhmen (Leuschnitz bei Brandeis) und Prag (1714, 1745), darunter ein Gelbgießer. Der 1670 geborene Sohn Johan Georg des Soester Pfarrers Georg Westarp wurde Prediger in der ehemaligen fernen deutschen Sprachinsel Kremnitz in der Slowakei (damals Ungarn).

Die Slowakei sollte man freilich nicht zu den Sudetenländern zählen – hier zeigt sich, wie wenig selbst Kenner der Geschichte im Allgemeinen mit den Feinheiten der Geschichte des Raumes von Alt-Österreich vertraut sind. ML 2001-04-24
Ich danke dem Bad Sassendorfer Heimatforscher Ernst H. Wulfert für den Hinweis auf diese Fundstelle.