Lager Rusin, Marsch nach Dresden
Berichter: Hans Freund Bericht vom 9. 3. 1950 (Prag)
In Prag wurde ich am 5. 5. 1945 von den Partisanen gefangen und kam nach Rusin, wo wir 4 Wochen blieben. Die Behandlung war sehr schlecht, wir wurden mit Knüppeln und Gewehrkolben geprügelt, mit dem Gesicht an die Wand gestellt, Hände hoch und wer sich rührte, wurde niedergehauen. Ich sah, wie ein ca. 23-24 Jahre alter sudetendeutscher Gefreiter, der tschechisch antwortete, einfach niedergeschossen wurde.
Unsere Tagesverpflegung bestand aus 40 g Brot, ¼ l Suppe, Sauerkraut und Kaffee. Nach 4 Wochen wurden wir von russischen Militär übernommen und nach Dresden gebracht.
Ich sah am Sparta-Platz in Prag selbst folgende Szene: Wir wurden mit einem Transport zu Fuß an dem Sportplatz vorbeigeführt und nach dem Kommando "Halten" wurden uns die deutschen Soldbücher abverlangt. Ca. 50 Mann gaben die Soldbücher ab, ca. 300 Mann, darunter auch ich, gaben es nicht ab. Die 50 Mann wurden auf den Sportplatz getrieben und mit dem Gesicht an die Wand gestellt. Es wurden sodann die Tore geschlossen und nun wurden die 50 Mann von 2 Seiten mit deutschen MGs, die von 2 Frauen bedient wurden, niedergemäht.
Im Gefängnis von Rusin waren 3 tschechische Zivilisten, sie trugen rote Armbinden und mißhandelten uns schwer während dieser 4 Wochen. Es waren dies: Josef Navrátil, Miloslav Kopecký, Pokorný.
Ein tschechischer Leutnant, Jara Procházka, wurde bei der Übernahme der Gefangenen durch russisches Militär von einem Adjutanten erschossen, weil er uns mißhandeln wollte, was der russische Oberst nicht zuließ.
Beim Vorbeimarschieren im Transport zum Spartaplatz sah ich, wie Tschechinnen eine deutsche Frau von etwa 20-21 Jahren, die gerade einen Lastkraftwagen ersteigen wollte, mit ihrem Kinde zusammenbanden und über das Geländer in die Moldau warfen.
Auf dem Fußmarsch von Rusin nach Dresden wurden besonders ältere Leute, die nicht mehr weitergehen konnten, von den begleitenden Partisanen einfach niedergeschossen.
Wir mußten bei der großen Hitze (Juni 1945) marschieren und erhielten überhaupt kein Wasser, sodaß es kein Wunder war, wenn ältere Leute zusammenbrachen.
Ich gebe diese Angaben eidesstattlich ab

Aus: Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen. Überlebende kommen zu Wort.
Originalausgabe: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung Sudetendeutscher Interessen, 1951
Einleitung und Bearbeitung von Dr. Wilhelm Turnwald