Prager Burg knebelt Journalisten
Der Pressestab des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus liefert sich Scharmützel mit den Medien
von hajo schmidt-knopp
Prag.
Tschechiens Präsident Vaclav Klaus blickt heute neidvoll nach Washington, wo Präsident George W. Bush den Prager Premier Vladimir Spidla zu einer halbständigen Unterredung empfängt. Klaus kann von einem Termin im Weißen Haus derzeit nur träumen. Er hat es sich bei Bush mit seiner kritischen Haltung zum Irak-Krieg gründlich verscherzt. Etwa, als er gegenüber dem US-Botschafter in Prag, der ein Verwandter von Bush ist, unterstellte, daß möglicherweise im Irak noch auftauchende Massenvernichtungswaffen dort gut und gerne auch von den USA selbst plaziert worden sein könnten.

Schlimm für Klaus ist nicht nur, daß Bush ihn nicht sehen will. Noch mehr schmerzt ihn, daß die tschechische Presse die Geschichte immer wieder neu auftischt und sich Gedanken darüber macht, wie wenig Klaus im Vergleich zu seinem international gefeierten Vorgänger Vaclav Havel für die Reputation Tschechiens geleistet hat.

Die Presseabteilung der Prager Burg hat reichlich zu tun, um gegen dieses aus ihrer Sicht völlig ungerechtfertigte Vorurteil zu Felde zu ziehen. Zimperlich ist sie dabei nicht: Als die Zeitung „Lidové Noviny“ über das Gespräch des Präsidenten mit dem US-Botschafter schrieb, wurde sie aus dem Begleittroß von Klaus bei dessen Besuch in München ausgeladen. Mitte vergangener Woche ging die Presseabteilung scharf gegen die Burg-Berichterstatterin der meistgelesenen Zeitung „Mlada fronta Dnes“ vor.

Diese hatte daran erinnert, daß Klaus bislang als Präsident nur Arbeitsbesuche und ein paar private Aufenthalte im Ausland vorweisen könne. Die Burg schäumte, die Reporterin hätte Klaus Isolierung nachgesagt. Das sei ein persönlicher Angriff auf den Präsidenten, der zudem Tschechiens Beziehungen schade.
Schwer im Magen liegt Klaus auch die Kritik der Medien an seiner ambivalenten Haltung zum EU-Referendum. Nicht nur, daß der Präsident sich weigerte, die Tschechen zu einem Ja zu Europa aufzurufen; als das positive Ergebnis der Abstimmung bekannt wurde, tauchte Klaus ab und war zu keinem Kommentar bereit. Seine Pressewächter aber drehten den Spieß um: Der Präsident wäre ja gern live 15 Minuten in den Fernsehnachrichten aufgetreten. Aber die TV-Gewaltigen hätten ihm das versagt. In der Tat waren die der Meinung gewesen, 15 Minuten Klaus hätten das Schema der 20-minütigen Sendung total gesprengt.

Jüngstes Opfer der Burg ist die Nachrichtenagentur CTK. Auf diese war Klaus schon sauer gewesen, weil sie zu seiner Wahl auch distanzierte ausländische Pressekommentare zitiert hatte. Nunmehr hat sich der CTK-Berichterstatter den Zorn des Präsidenten zugezogen. Der habe eine Äußerung Klaus verkürzt und verzerrt.

In einem Brief an den CTK-Aufsichtsrat forderten die Presseleute von Klaus die Versetzung des Journalisten: „Herr Präsident würde personelle Veränderungen begrüßen“. CTK weigerte sich – und verlor einen Abonnenten: Die Burg bestellte die Agentur ab.
Was „Lidové noviny“ darauf brachte, die Burg daran zu erinnern, daß „Politiker kommen und gehen, Journalisten aber bleiben“. Möglich, daß dieses freche Blatt nun auch bald auf den Burg-Index gerät.

Der tschechische Präsident im Internet www.hrad.cz

Sulzbach-Rosenberger Zeitung,
Dienstag, 2003-07-15 Seite 8