I.)
Die In Vilnius erscheinende Tageszeitung „Lietuvos Aldas“ veröffentlichte am 23. Oktober 2001 im Zusammenhang mit der dort vom 19. bis 20. Oktober 2001 durchgeführten Internationalen Konferenz folgende Resolution:

Der Rat für Kleinlitauische Angelegenheiten
Übereinstimmend wurden während der abschließenden Sitzung der Internationalen Konferenz „Ungelöste Probleme des Königsberger Gebiets“ folgende Schlußfolgerungen angenommen:

1. Das Königsberger Gebiet, das eine völlig andere geschichtliche Vergangenheit als das ethnische Rußland besitzt und territorial nicht mit Rußland verbunden ist, sollte als eine spezifische Region Zentraleuropas mit allen sich daraus ergebenden Schlußfolgerungen behandelt werden.

2. Das Königsberger Gebiet gehört den Balten, ist ethnisches Land nicht nur der Prußen, sondern auch der Litauer, wo Litauer kulturellen Nachlaß besitzen, litauische Diaspora unterhalten und Interesse an Sicherheit und Ökologie haben. Darum hat Litauen die moralische Verpflichtung, nach seinen Möglichkeiten am Neuformen der Zukunft des Königsberger Gebiets teilzunehmen.

3. Die historischen Verbindungen des Königsberger Gebiets mit dem Staate Litauen und seine geopolitische Lage verpflichten beide Seiten, die ökonomischen, kulturellen und sachlichen Verbindungen auszuweiten und nach dem Beitritt Litauens zur Europäischen Union einer Isolation des Königsberger Gebiets entgegenzuwirken.

4. Die Zukunft des Königsberger Gebiets und dessen Anziehungspotential ist von der Entschlossenheit Rußlands abhängig, dieses Gebiet bedingungslos zu entmilitarisieren. Um Rußland zu diesem Schritt zu ermuntern, sollten die Staaten der Baltischen Region sich verpflichten, unter keinen Umständen Streitkräfte der NATO in diesem Gebiet einzuführen.

5. Der im Königsberger Gebiet durchgeführte sowjetische Genozid ist ein nicht der Verjährung unterliegendes Kriegsverbrechen und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Litauen muß diese Tatsache hervorheben, Rußland sich dazu bekennen und sich für den 1944 bis 1947 durchgeführten sowjetischen Genozid entschuldigen.

6. Die seit Urzeiten im Königsberger Gebiet bestehenden Orts- und Gewässernamen sind wertvolle Kulturdenkmale von Weltbedeutung. Rußland sollte den Prozeß der Wiederherstellung der Toponymik des Königsberger Gebiets, beginnend mit Christian Donalitius Tollmingkehmen und der von der UNESCO schon als Weltkulturerbe anerkannten Kurischen Nehrung, einleiten.

7. Das militärische und industrielle Potential des Königsberger Gebiets stellen eine dauernde Bedrohung der ökologischen Sicherheit aller Staaten der Ostseeregion dar.

8. Die Politiker der Republik Litauen werden angehalten, unverzüglich Schritte zu unternehmen, damit in den nächsten Jahren die im Potsdamer Abkommen vorgesehene Internationale Konferenz einberufen wird, um den Status des Königsberger Gebiets zu beschließen. Hierbei sollten die Forderungen der Litauer Kleinlitauens wie auch die Interessen des Staates Litauen bewertet werden.

9. Die Schlußfolgerungen der Konferenz müssen den baltischen Staaten wie auch den Regierungen der europäischen Staaten zugeleitet und in der Presse Litauens veröffentlicht werden.

Vytautas Silas
Vorsitzender des Rates für Kleinlitauische Angelegenheiten
Vorsitzender des Komitees zur Konferenzvorbereitung

 

II.)
An die Herren
Arturas Paulauskas,
Vorsitzender des Seims der Republik Litauen (Bundestagspräsident)
Prof. Rolandas Pavilionis,
Vorsitzender des Komitees für Bildung, Wissenschaft und Kultur
Gediminas Dalinkevicius,
Vorsitzender des Komitees für Menschenrechte

31. Oktober 2002
Resolution der Teilnehmer eines Gedenkabends für die Bewohner Preußisch Litauens, die Opfer des sowjetischen Genozids wurden.

Wir, die Abgeordneten verschiedenster Organisationen der Bevölkerung Litauens, die wir am 16. Oktober 2002 in Vilnius zum ehrenden Gedenken an die Bewohner Preußisch-Litauens, die Opfer des sowjetischen Genozids wurden, zusammengekommen sind, stellen mit großer Sorge fest:

Der 1944-1949 im überwiegenden Teil Preußisch-Litauens, dem Königsberger Gebiet, auf Anweisung des Moskauer Kremls i­deologisch vorbereitete und durchgeführte grausame Mord an 300 000 Bewohnern und die Deportation weiterer 100 000 Bewohner dieses Gebietes ist ein in der Vergangenheit nie da­gewesenes Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit und ein beschämendes Beispiel von Staatsterrorismus. Das sowjetische Rußland hat durch Geschichtsfälschung in ungerechter Weise das Königsberger Gebiet kolonisiert und hat, um den Nachlaß der hier barbarisch ermordeten Menschen aus­zuradieren, die Ortsnamen durch russische ersetzt. Der Seim der Republik Litauen hat bisher alle durch den Rat für preußisch-litauischen Angelegenheiten (MLRT) seit 1994 über­mittelten Anregungen ignoriert, daß der 16. Oktober, an dem 1944 mit dem Erstürmen des Königsberger Gebietes das Morden seiner zivilen Bevölkerung begann, als ein Gedenktag an dem Genozid Preußisch-Litauens genutzt würde.

Wir bitten alle Mitglieder des Seims der Republik Litauen, die Anregung des MLRT zu unterstützen, daß durch eine Ergänzung in der Gesetzgebung der Republik Litauen der 16. Oktober als Gedenktag des Genozids Preußisch-Litauens in der Liste der Gedenktage aufgenommen wird.

Kein vernünftiger Bürger Litauens kann sich mit der Fälschung der Geschichte abfinden. Die Gleichgültigkeit zum erwähnten Problem bewerten wir als eine bewußte Verschleierung des durch das sowjetische Rußland durchgeführten Genozids, als eine Schmeichelei gegenüber einer Politik des Staatsterrorismus, als ein Rechtfertigungsversuch des unrechtmäßigen Verbleibens des imperialistischen Rußlands im Königsberger Gebiet.

Petras Cidzikas,
Vize-Vorsitzender des MLRT

Viktoras Libertis
Vorsitzender der Nationalen Front Litauens

Vytautas Gocentas,
Mitglied der Vereinigung Kleinlitauen

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Mein Kommentar:
Da schimpfen Leute über Geschichtsfälschung. Mit Recht. Denn Ostpreußen ist ja nun beim besten Willen nicht ureigenstes russisches Territorium, sondern, wie dargestellt, nur durch sowjetische Annexion dem stalinistischen Machtbereich einverleibt. Und auch die Bezeichnung „Völkermord“ für die Vertreibung, Verschleppung oder Ermordung der Bevölkerung 1944 bis 1947 trifft zu.
Wenn aber die Sprecher des Kleinlitauischen Rates die Opfer dieses sowjetischen Völkermordes nicht als Deutsche bezeichnen, sondern unausgesprochen als Litauer beanspruchen, so begehen sie die gleiche Geschichtsfälschung, die sie den Russen vorwerfen. Man mag die ursprünglichen Einwohner, die Prußen, als Balten bezeichnen. Litauer waren sie damit noch lange nicht. Und die vielen Einwanderer aus Norwegen, England, Friesland, Holland, ja aus Salzburg – die waren ganz gewiß keine Litauer, aber sie wurden Deutsche. Und als Deutsche fielen sie dem Völkermord zum Opfer, nicht als Prußen, Litauer, Salzburger oder Norweger.
ML 2003–05-03