Stimmenverteilung ein Kompromiß – Ein gutes Zeichen für Europa

Das hart umkämpfte Gipfeltreffen in Nizza ist zu Ende. Die Regierungschefs der EU-Länder sowie auch der Beitrittskandidaten fahren mehr oder weniger zufrieden nach Hause. Für den uneingeweihten Beobachter ist das Resultat des Treffens eher unkenntlich, für Eingeweihte und Experten war das Treffen und sein Ergebnis ein bedeutendes Zeichen für das Unternehmen „Ost-Erweiterung“.

Deutschland bekommt nach der Erweiterung auf 27 Länder – die theoretisch ist und nicht so bald erwartet wird – 29 Stimmen im Ministerrat, Tschechien dann 12.

Nicht einstimmig, sondern durch qualifizierte Mehrheit wird man entscheiden, das heißt Allianzen werden sich bilden, die ab und zu gegeneinander abstimmen werden.

Als einen Sieg kann das Treffen niemand bezeichnen. Interessant ist zum Beispiel, daß Länder wie Griechenland, Portugal und Belgien zwar im Ministerrat 12 Stimmen haben wie auch die gleich großen Beitrittskandidaten, aber im Parlament 2 Sitze mehr.

Während der Schwede Göran Persson die Konferenz als Erfolg bezeichnet, sprach sich der Auslandsausschuß-Vorsitzende des Europa-Parlaments Elmar Brok eher vorsichtig aus in dem Sinne, daß eine Zustimmung der Abgeordneten zu der Reform noch nicht gewiß sei.

Prodi bezeichnete die Reformen als kompliziert, aber funktionsfähig. Aus tschechischer Sicht ist vor allem die Haltung Zemans interessant, der sich als Euroföderalist definiert, indem er die EU-Charta als Vorreiter einer EU-Verfassung betrachtet. Realistisch sieht er das Jahr 2004, obwohl er eindeutig die Beitrittsbereitschaft der Tschechischen Republik zum 1. Januar 2003 betont hat. Ein wenig mehr nervös gaben sich die Polen und Ungarn zu erkennen, indem sie die EU vor der Enttäuschung ihrer Bevölkerung im Falle einer Nichterweiterung warnten. Der ungarische Premier Orban stellte zufrieden fest, daß es keinen großen Knall geben werde, so daß Ungarn auf die Schwächeren nicht werde warten müssen.

Die qualifizierte Mehrheit wurde vereinbart mit 71% von 346, also mindestens 246 Stimmen. Gleichzeitig müssen die Entscheidungen aber auch von den Vertretern von mindestens 62% der EU-Bevölkerung getragen werden. Hierdurch werden die großen Völker (die ja relativ wenige Stimmen im Ministerrat haben) in gewisser Weise vor Fremdbestimmung geschützt.

Quelle: *www.idnes.cz , *www.euroskop.cz

Adam Slaby,
*Akademie der Europäischen Verständigung CR
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