RECHTSCHREIBSCHWÄCHE
Durch schwierige Sprachen

WASHINGTON M
Wer Probleme mit dem Lesen und Schreiben hat, wächst vielleicht nur im verkehrten Sprachkreis auf. Neurologen haben entdeckt, daß die Legastheme von Sprachen mit einer besonders komplizierten Rechtschreibung forciert wird. In den USA beispielsweise gibt es doppelt so viele Legastheniker wie in Italien. Der Grund dafür könnte sein, daß die englische Sprache 40 Phoneme (Laute) in 1120 verschiedenen Schreibweisen zu Papier bringt. Auch Französisch sei nur unwesentlich leichter. Italienisch dagegen komme mit 33 Buchstabenkombinationen für 23 Laute aus, erläutern die Neurowissenschaftler im Fachjournal "Science" (Bd. 291, S. 2165) vom Freitag. Das Team um Eraldo Paulesu von der Universität Mailand verglich die Hirnaktivität von 1200 britischen, französischen und italienischen Studenten.

Dabei fanden sie, daß die Legastheniker unter ihnen unabhängig von ihrer Herkunft und Muttersprache weniger Aktivität in einer Region des Hirns zeigten, die für das Lesen entscheidend ist. Die gleiche Region in der linken Hälfte des Hirns wird auch nach einem Schlaganfall ungenügend aktiviert. Paulesu und Kollegen schließen daraus, daß die Legasthenie zwar eine neurologische Störung ist, daß sie aber auch durch Sprachen mit kniffliger Orthographie gefördert wird.
(dpa) HNA 65 S. 31. 2001-03-17