Ich bin 19 Jahre alt und mache mir
natürlich auch Gedanken darüber, wie heutzutage mit der deutschen Sprache
umgegangen wird. Ich finde es auch unsinnig, daß immer mehr Anglizismen
in unseren Sprachgebrauch übernommen werden. Aber ich befasse mich nicht speziell mit der
deutschen Sprache und deren Verhunzung, sondern mit deutscher Identität
allgemein. In diesem Punkt sehe ich aus das Hauptproblem, denn die Deutschen haben seit
einiger Zeit ein Problem mit ihrer Identität und einen Hang zur Selbstverleugnung.
Sprache und Identiät eines Volkes sind aber sehr eng miteinander verknüpft, die Sprache
ist der Spiegel und zugleich der Identitätsstifter eines Volkes. Aber
unter den Deutschen ist schon seit einiger Zeit kein richtiges Volksbewußtsein mehr
vorhanden. Oft hört man, daß man kein Deutscher sein will, stattdessen gibt man sich als
Europäer oder Weltbürger aus. Aber das ist Unsinn, jedes Volk steht normalerweise zu
seiner Herkunft und pflegt seine Identität, warum nicht auch die Deutschen? Das
Selbstbestimmungsrecht der Völker ist schließlich eines der wichtigsten Grundrechte der
Menschen. Dann hört man oft das Argument, daß wir aufgrund unserer Vergangenheit kein
Volksbewußtsein mehr entwickeln dürfen. Dieses Argument ist aber genauso sinnlos, wenn
man sich vor Augen hält, daß viele Länder und Völker eine dunkle und schreckliche
Vergangenheit haben. Aber in Deutschland muß man sogar damit rechnen, diffamiert
oder ausgegrenzt zu werden, wenn man sich offen zu seiner deutschen Herkunft bekennt. Ich
schätze, daß so ein politisches Klima, in dem einem die Selbstverleugnung vorgeschrieben
wird, einmalig ist auf der Welt. Weitere Begleiterscheinung dieses geistigen Zustandes
ist, daß man hierzulande dauernd etwas über die Verbrechen, die von Deutschen begangen
wurden, erfährt, aber so gut wie gar nichts über die Verbrechen an Deutschen, die es
leider auch zahlreich gab. Deutsche dürfen nur Täter, aber keine Opfer sein.
Deshalb glaube ich, daß dieses Klima mitverantwortlich ist dafür, daß mit unserer
Sprache so verantwortungslos umgegangen wird. Aber damit unsere Sprache gerettet wird, ist
es vor allem nötig, daß sich die Deutschen zukünftig wieder verstehen als eine
selbstbewußte Nation, die auf sich und vor allem auf ihre Sprache stolz sein kann. Es ist
vor allem die Aufgabe der Jugend, also meiner Generation, dafür zu sorgen, daß die
Deutschen wieder zur Normaliät zurückkehren und somit auch ihre Sprache
pflegen und schützen. Und ich denke auch, daß viele junge Leute so denken und ihnen ihr
Volk und ihre Sprache nicht egal
ist. Johannes
Hofmeister
geschrieben als
Leserbrief an die Deutsche
Sprachwelt, ISSN 1439-8834 Ausgabe 2, 2000-09-20, Seite 2