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   Lauterwasser

liegt im Vorland des Riesengebirges, unterhalb des Schwarzenberges (1299 m Meereshöhe). Die Höhenlage des Dorfes, eines sogenannten Straßen- oder Längendorfes, beträgt 494 m über NN.
Folgende Ortsbeschreibung wurde der "Heimatkunde des Hohenelber Bezirks" (Herausgeber: Heimatkreis Hohenelbe im Riesengebirge e.V., Sitz Markt Oberdorf/Allg. 1986 – nach dem Stand 1914/1915)  entnommen und geringfügig abgeändert bzw. ergänzt:

Die Gemeinde Lauterwasser schließt sich bei der Burghübelbrücke unmittelbar an Schwarzental an und liegt längs der Bezirksstraße im genau nord-südlichen Verlauf des Silberbachtales. Das Gemeindegebiet hat umfaßt 620 ha 96,97a.
Zu Lauterwasser gehört auch das Haus Nr. 138 oberhalb des Lathbruches bei Schwarzental. Die Südgrenze befindet sich bei der "Birke" unterhalb der Straßenkreuzung Hohenelbe–Hermannseifen / Arnau–Schwarzental. Der östliche Ortsteil ist nur schmal und reicht bis an die Grenzen von Polkendorf und Hermannseifen. Im Süden grenzt Lauterwasser an Forst, im Westen an Nieder-, Mittel- und Oberlangenau, im Norden an Schwarzental.
Der westliche, größere Ortsteil wird vom "Grundwasser" und seinen Quellgräben vom "Biener" herab durchzogen, der an Oberlangenau und die Bönischbauden anschließende Teil "Die Hölle" wird vom Höllenwasser, einem Quellbächlein des Frischenwassers bewässert. Bei der Erlebachmühle mündet aus dem schönen "Pfofenzehltale" linksseitig das Fichtenwasser ein. Hier stand wahrscheinlich in der Nähe der von den Hussiten zerstörten "Antoniusburg" die älteste Ansiedlung von Lauterwasser, ein Waldhüterhaus. Anstelle desselben steht heute das Haus Nr.1
Im Jahre 1571 gehörte Lauterwasser zur Herrschaft auf Schloß Arnau, im Besitze der Herren von Waldstein. Ein Enkel des damaligen Besitzers war Albrecht Eusebius, genannt Wallenstein, Herzog von Friedland.

Der Silberbach entspringt auf der Bodenwiese, etwa 6 km südlich der Schneekoppe. Er durchfließt die Ortschaften Schwarzental, Lauterwasser, Forst, vereinigt sich bei Theresiental mit dem Seifenbach und mündet bei Arnau in die Elbe; der Höhenunterschied von der Quelle bis zur Mündung beträgt 750 m, er ist 25 km lang.
In Lauterwasser wurde das Wasser des Silberbachs außer von der Erlebachmühle und mit abgezweigten Fabrikgräben von der Götzl‘schen und Hofer‘schen Pappen-/Papierfabrik industriell genutzt. Das Brauchwasser wurde von beiden Unternehmungen geklärt wieder dem Silberbach zugeführt. Eine Trinkwasserleitung wurde 1909 gebaut. – Der Anschluß an die elektrische Überlandzentrale in Parschnitz bei Trautenau wurde nach Kriegsende 1914/18 vorgenommen.

Die erste Ansiedlung dürfte bereits um 1350 bestanden haben. Lauterwasser hat 727 Einwohner und 130 Häuser, wovon 119 bewohnt sind. Die übrigen Häuser sind mit a,b,c usw. untergekennzeichnet oder dienen den Fabriken als Lagerräume. Im Orte gibt es eine Menge hölzerner Häuser, diese erwecken jedoch keineswegs einen dürftigen Eindruck. Als bemerkenswert in der Dachform, das Mansardendach, ist das Haus Nr. 63 (Zirm-Bauer) zu nennen.

1939 waren es 763 Einwohner, der Bürgermeister hieß Kurt Exner, es waren 5 Gemeinderäte vorhanden. Die Gendarmeriestation war in Schwarzental. Die nächste Eisenbahnstation war Hohenelbe (Entfernung rd. 7,5 km). Von rd. 621 ha Flurgröße waren ca. 105 ha Gärten und Wiesen (Obstwiesen), 130 ha Wald und 332 ha Ackerland. 5 ha waren mit Gebäuden, 11 ha mit Wegen und Straßen bebaut, ca. 37 ha wurden als Weiden (Gebirgsvegetation) genutzt. Der Ort hatte ländlich-bäuerlichen Charakter, obwohl er eine Pappen- und eine Papierfabrik mit jeweils 80 - 100 Beschäftigten, einen Papierwaren-Industrie-Betrieb (Akzidenzdruckerei für Servietten, Papiertüten, Eintrittskarten, u. ä.), eine Ski- und Rodelfabrikation und zahlreiche Handwerker-Betriebe, wie Bäcker, Konditoren, Metzger (Fleischer), Schuhmacher, Sattler, Schreiner, Wagner, Schlosser, Schmiede, Gärtner, Faßbinder, Mietauto-Unternehmer und eine Getreidemühle aufzuweisen hatte. Im Ort befanden sich 4 Gasthäuser und 4 (5) Lebensmittelläden.

Der Ortsname erklärt sich daraus, daß zur Zeit des Bergwerksbetriebes in Schwarzental der Silberbach trübes Wasser führte, da dort die Erze gepocht und gewaschen wurden. Bevor das Wasser nach Lauterwasser kam, war es aber schon wieder "lauter". Das alte Gemeindesiegel zeigt als Wappen einen knorrigen Eichenbaum mit der Randschrift "Siegel der Gemeinde Lauterwasser", was auf das Vorkommen von Eichenbeständen schließen läßt. Als Besonderheit sei der Obstreichtum des Ortes hervorgehoben. – Hier soll auch die Bienenzucht nicht vergessen werden. – Die Ansiedler hatten sich wahrscheinlich bald der Landwirtschaft zugewandt, hatten jedoch auch einmal Anteil an den Schwarzentalern Gold- und Silberbergwerken. Ehemals waren die Hausbesitzer in Lauterwasser der Herrschaft Forst "Robot" (Frondienste) schuldig. Die Leibeigenschaft wurde 1784 von Kaiser Josef II. aufgehoben.

Die ursprünglichen Bewohner waren deutsche Katholiken, die später zum Protestantismus übergetreten waren. Die Ortschaft hatte 1606 eine eigene Schule, ein Bethaus und einen Friedhof (Nähe Jaksch/Gaber-Gasthaus, Exner-Sattler). Eingepfarrt war die damals bereits selbständige Gemeinde nach Hermannseifen. 1607 wurde Lauterwasser von Hermannseifen abgetrennt und dem Pfarrsprengel Forst, damals auch protestantisch, zugeteilt. Ende des 17. Jahrhunderts traten die Einwohner von Lauterwasser wieder zum Katholizismus über. Seit dieser Zeit soll Lauterwasser ohne Unterbrechung nach Forst eingeschult gewesen sein. Nach der Forster Schulchronik wurde der Unterricht für die Schüler von Lauterwasser im Winterhalbjahr im Gemeindehaus (Nr. 125) erteilt, die übrige Zeit besuchten die Kinder von Lauterwasser gemeinschaftlich mit den Forster Kindern die Schule in Forst. Deshalb hatte der jeweilige Lehrer in Forst stets einen Schulgehilfen. 1870 erhielt Lauterwasser eine selbständige Schule. Der erste Lehrer hieß Franz Zabrodsky (bis 1880). Es folgten die Oberlehrer Karl Kintzl (1880 - 1881), Adalbert Sommer (1881 - 1908) und Wenzel Fink (1908 - 1945). Es waren Zweitlehrer eingesetzt, hier ist für die dreißiger Jahre Emil Pittermann zu nennen, ebenso waren Handarbeitslehrerinnen vorhanden. Religionsunterricht wurde von der Seelsorge Forst erteilt, den in den dreißiger Jahren der Pfarrer von Schwarzental Otto Nemecek erteilte; für die evangelische Seelsorge war das Pfarramt in Hermannseifen zuständig. Die Schule wurde (bis zur Vertreibung) als dreiklassige Volksschule betrieben und hatte zwischen 80 und 130 Schüler.

Das Postamt besteht seit 1. Juli 1886 und hat Anschluß (2x täglich) an die Fahrpost Hohenelbe - Schwarzental und zurück. Als Postmeister waren tätig: Franz Menschel (bis 1912) Anna Menschel (bis in die 20er Jahre d. 20. Jh.) und anschließend Emil Menschel (bis zur Vertreibung).

Lauterwasser unterstand bis 1848 der herrschaftlichen Gerichtsbarkeit des Gutes Forst, hatte aber auch seine eigenen Ortsrichter (Erben, Exner, Lahmer, Pohl, Tauchmann und zuletzt – 1850 – Franz Rücker). Gemeindevorsteher war – 1910 bis etwa 1920 – Johann Erlebach, sodann der alte Zirmbauer und anschließend bis 1938 Johann Farker (Binder).

Ortsvereine mit Gründungsjahr: Militärveteranenverein 1875, Freiwillige Feuerwehr 1878, Deutschvölkischer Arbeiter- (Turn-) Verein 1899, Deutscher Land-, Forst- und bienenwirtschaftlicher Verein 1901/1904, Ortsgruppe Bund der Deutschen in Böhmen 1904.

Ein Nationalitätenproblem gab es in Lauterwasser – nach Erinnerung des Verfassers – nicht. Von den rd. 750 Einwohnern waren drei oder vier Familien Tschechen, 2 Familien (Götzl) Juden. Tschechische Familien waren Hantscher, Cermak, Kmonicek, Hlawat und der alte Dejmek, genannt "biemscher (böhmischer) Anton". Meine Generation (Jahrgänge 1920 bis 1930) war soweit integriert, daß sie am gemeindlichen und deutschen Vereinsleben teilnahmen. Dies auch dann, als das Sudetengebiet dem Deutschen Reich eingegliedert worden war. Keine dieser Familien hat Lauterwasser verlassen. Wie weit die Genannten die Reichsangehörigkeit erlangt hatten, ist mir nicht bekannt. Die Familien Götzl, die Besitzer der Pappenfabrik, wanderten im November 1938 nach England aus. Sie wurden für ihr Eigentum entschädigt und gründeten im Aufnahmeland wieder eine Pappenfabrikation. Einen Nachweis hierüber konnte ich nicht erlangen. Ich habe jedoch keinen Zweifel an den mir zugegangenen Informationen. Für die Pappenfabrik in Lauterwasser wurde ein Treuhänder eingesetzt. Von meinem Vater, Hermann Ullwer, habe ich erfahren, daß Hans Götzl (Geburtsjahrgang um 1900) im Mai 1938, als sich viele wehrfähigen Männer in den Wäldern im Vorgebirge versteckt hielten, um bei einer seinerzeit drohenden kriegerischen Auseinandersetzung zwischen der Tschechoslowakei und dem Deutschen Reich nicht gegen Deutsche kämpfen zu müssen, sich bei dieser Gruppe befunden hat. Nach dem Oktober 1938 haben sich viele Ortsbewohner für die Familien Götzl eingesetzt, so daß eine legale Ausreise möglich war.

Bis 1938 wirkten im örtlichen Bereich als politische Parteien hauptsächlich die Sudetendeutsche Partei (Henlein-Partei), eine Bauernpartei, eine Christlich-soziale und Sozialdemokratische Partei und meines Wissens auch eine liberale und kommunistische Partei. Der Personenstand für die Bewohner von Lauterwasser wurde von etwa 1745 bis 1938 nach seinerzeitigen gesetzlichen Bestimmungen beim Pfarramt in Forst beurkundet. Nach Feststellungen des Vereins für familienkundliche Forschungen im Sudetengebiet für den Lkrs. Hohenelbe befinden sich die Kirchenbücher im Archiv Zamrsk / Vychodoteský Kraj CR.

Von der von den Tschechen beabsichtigten Tschechisierung (s. hierzu "Heimatkunde des Hohenelber Bezirks, Band 1, Seite 398 unten in Verbindung mit Seite 446, 2. Absatz, ebenda") haben wir im Ort selbst wenig gemerkt. Zwar gab es in den Nachbarorten Schwarzental und Theresiental tschechische Gendarmen, bzw. eine tschechische Schule, wie auch die Wegweiser zweisprachig (erst tschechisch, dann deutsch), der Poststempel ebenso, waren; unser deutsches kulturelles Leben wurde dadurch nicht beeinflußt. Ich habe es jedenfalls so empfunden. Zwar war ich als Heranwachsender darüber aufgebracht, daß Beamtenstellen hauptsächlich von Tschechen besetzt wurden, daß tschechisch als sogenannte erste Amtssprache galt, daß für den Besuch der tschechischen Schule mit vielen Vergünstigungen geworben wurde und daß viele Artikel in der Wochenzeitung "Der gerade Michl" oft zensiert (mit vielen weißen Flächen) ins Haus kamen. Von irgendwelchen anderen Aktionen gegen das Deutschtum blieben wir unbehelligt. Gegen Tschechisch als Unterrichts-Pflichtfach mit 2 - 4 Wochenstunden ab 3. Volksschuljahr hatte ich nichts einzuwenden; in der 3. Klasse Bürgerschule konnten wir zugunsten englischen Sprachunterrichts abwählen.

Im Januar 1963 wurde in der "Riesengebirgsheimat", Verlag Preußler, Nürnberg, folgender Bericht veröffentlicht: ...

unser Heimatdorf hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Insgesamt 54 Häuser – also etwa ein Drittel – sind abgebrannt, bzw. niedergerissen worden. Im Ortsteil Pfofenzehl steht kein einziges Haus mehr. Im Ort selbst sind niedergebrannt, abgerissen oder eingestürzt: die Erlebachmühle am Ortseingang von Schwarzental her, Schneider Gustls Hof und der Hof seines Bruders, die Scheune des Bauers Johann Erben sowie das Ausgedingehaus hinter dem Wohnhaus des Johann Ruß, Bergers Haus, die Anwesen Graf und Meißner, sowie zwei weitere Wohnhäuser neben dem Silberbach, der Bauernhof Baier, die Wagnerei Berger, die Wohnhäuser der Familien Augst und Schneider Ignaz sowie die Kühn-Schmiede. Im Sommer 1962 brannte das Gasthaus Jaksch vollkommen nieder. Kein einziger Feuerwehrmann war bei dem Brand anwesend. Es war das einzige Gasthaus welches Lauterwasser noch besaß. Die Schölzerei Rücker und die beiden Häuser des früheren Schlossermeisters Purkert (AdV: offenbar Schneider-Schlosser) existieren nicht mehr. Neben der Schule wurde ein großer Sportplatz geschaffen (AdV: offenbar vergrößert). Im Mitteldorf steht Schneiders Hof leer; der Zugang ist versperrt. In Menschels Laden befindet sich jetzt das Postamt. Burkert-Tischlers Haus und Rückers Bauernhof (AdV: gegenüber vom Erben-Fleischer) wurden abgerissen. Hier entstand eine Parkanlage mit 10 Bänken und zwei Steingrotten. Die Gärtnerei Purkert steht leer. Die Schmiede gegenüber der Post ist eingestürzt. Im Niederdorf sind die Häuser der Familien Wonka, Lang Binder, Lorenz Rudolf, Klug, Maslo und Kubitschek und Langner (AdV: Jeschka oder Lorenz Zuckerbäcker?) niedergerissen. In der Papierfabrik Hofer wurden Wohnungen erstellt. Der Judenhof verfällt, die Kapelle am Ortseingang ist abgerissen, die Kreuzstraße sehr verbreitert. Unsere Pfarrkirche (in Forst) ist gut erhalten und kaum verändert, denn sie wird von einer Slowakin aus der "Alten Schule" betreut. Auch der Friedhof wird in Ordnung gehalten. Die Grabsteine stehen noch, bei einigen wurden allerdings die Marmortafeln herausgebrochen. Das große Forster Gut ist in eine Kolchose umgewandelt worden, zu der auch jetzt die Bauernhöfe der Gemeinde Lauterwasser gehören.

Zur Verfügung gestellt von Günter Ullwer 2001-03-04