KK 1186
30. Mai 2004

Werner Bader: Heimat der deutschen Vertriebenen nach Europa zurückgekehrt
Markus Bauer: Menschenrechtspreis der Sudetendeutschen für de Zayas
Peter Mast: Rudolf Grulich über die Minderheiten im heutigen Europa
Ausstellung über historische Tonpfeifen in Lüneburg
Norbert Matern: Tagung über Stanislaus Hosius in Münster

Bücher und Medien

Literatur und Kunst
Ute Flögel: Deutsche Schriftsteller im „Erinnerungsraum Mähren“
Georg Aescht: Der Schriftsteller Paul Schuster aus Siebenbürgen ist gestorben
Pavel Liska: Ausstellung über den Architekten Joze Plecnik in Regensburg
Werke von Hans Kuttner in Stuttgart
KK-Notizbuch

Osterweiterung ohne Bewußtseinserweiterung
Vor lauter historischen Ereignissen wird bei der Aufnahme der neuen EU-Mitglieder die Historie vergessen
Europa ist größer geworden, Europa hat seine Spaltung überwunden. Zehn ost- und südosteuropäische Länder sind jetzt Mitglied der Europäischen Union. Dies sei ein historisches Ereignis, so wurde von allen maßgeblichen Politikern eines jeden Landes versichert. Niemand widersprach. Allerdings blieb bei diesem historischen Ereignis die Historie außen vor. Sie wurde einfach ausgeklammert.
Merkwürdig. Ein Geschehen, das die europäische Landkarte nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend verändert hatte, blieb unerwähnt, war in den überbordenden Reden gar nicht vorhanden: die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten und Südosten und die Einverleibung eines Viertels von Deutschland durch Polen nach dem Krieg. In dem neuen, größeren, vereinigten Europa liegen auch die Vertreibungsgebiete der deutschen Heimatvertriebenen. Sie sind – bis auf die bekannten südosteuropäischen Ausnahmen – nach Europa zurückgekehrt. Diese Historie hätte schon einen Satz verdient bei der Würdigung des historischen Ereignisses.
Man muß es sich bewußt machen: Die Heimat der deutschen Vertriebenen ist nach Europa zurückgekehrt. Sie liegt nun nicht nur geographisch wie schon immer, sondern auch politisch in Europa. Doch davon war bei den festlichen Reden, Umarmungen, Gesängen und Feuerwerken überhaupt nicht die Rede. Auch nicht andeutungsweise, auch nicht dort, wo sich die Wahrheit aufgedrängt hätte. Auf der Oderbrücke in Frankfurt an der Oder, auf der sich die Frankfurter mit den Slubicern und die Außenminister Deutschlands und Polens getroffen haben, gab es keinen Hinweis darauf, daß Slubice jahrhundertelang die Dammvorstadt Frankfurts war. In Guben war nur von der Nachbarschaftsstadt Gubin die Rede, obwohl die Bürgermeister bereits darüber nachsinnen, wie man aus der nach dem Krieg geteilten wieder eine „ganze“ Stadt machen kann, wie sie es jahrhundertelang war. Das gilt auch für Görlitz und dem am Ostufer der Neiße liegenden Stadtteil, der seit Kriegsende Zgorzelec heißt.
Als historisches Beispiel wird stets auf die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland verwiesen. Aber dort ist die Historie nicht ausgespart, sondern aufgearbeitet worden, und in beiden Ländern gelten gleichermaßen europäische Rechtsnormen.
Mit der beginnenden europäischen Ära für die zehn neuen Mitgliedsländer der Europäischen Union muß dies zwangsläufig auch gelten und Wirklichkeit werden. Das wird damit beginnen müssen, daß die Bundesregierung als wichtiger europäischer Partner nicht nur darauf achtet, daß die Tomaten oder Äpfel der europäischen Norm entsprechen, sondern auch die Gesetzgebung für die Minderheiten im allgemeinen und die deutschen Minderheiten in den ehemals deutschen Gebieten, vor allem in Oberschlesien und im Ermland europäische Realität werden, und dies möglichst schnell.
Wir haben Vorbilder genug. Im Norden zwischen Deutschland und Dänemark wurden durch das Kopenhagener Abkommen der deutschen Minderheit in Dänemark und der dänischen in Deutschland ihre Rechte gesichert auf Organisationsfreiheit, Gebrauch der Muttersprache, Vereinsfreiheit, Kulturfreiheit bis hin zur Betreibung von eigenen Schulen. Dies gilt auch für Ostbelgien, für das Gebiet um Eupen und St. Vith. Hier gibt es sogar für 65 000 Deutschstämmige eine gewisse Autonomie mit Ministern an der Spitze. Aber die Deutschen haben sich auch vorbildlich gegenüber den Sorben im eigenen Land verhalten. Sie werden erheblich staatlich unterstützt, können Kindergarten und Schulen betreiben, eigene Kultur pflegen. Eine Sorben-Stiftung betreibt mit ihren Finanzmitteln vom Bund und von den Ländern Sachsen und Brandenburg sorbische Kulturensembles, Zeitungen und einen Buchverlag.
Die Vertreibungsländer, besonders Polen und Tschechien, haben hier gute Vorbilder und Beispiele, an denen sie sich orientieren können. Es ist ihre europäische Pflicht, ähnlich zu handeln. Auch diese Länder müssen nun die deutschen Minderheiten finanziell unterstützen bei der Gründung von deutschen Kindergärten und Schulen, deutschen Kultureinrichtungen bis hin zum Presse- und Verlagswesen. Wer sich am Beispiel des von Sorben bewohnten Gebietes in Deutschland orientiert, der kommt an zweisprachigen Orts- und Straßenschildern gar nicht vorbei. Sie existieren für 60 000 Sorben in Deutschland.
Es bleibt zu hoffen und zu wünschen, daß die Bundesregierung sich dieser europäischen Möglichkeiten bewußt wird und sie zugleich als ihre Pflicht betrachtet. Welch ein großes Feld gilt es hier auf europäischem Feld zu beackern, außerhalb der im Vordergrund stehenden wirtschaftlichen Überlegungen. Die Bundesregierung hat aber auch die historische Pflicht, sich bei den betroffenen Regierungen für ihre Landsleute außerhalb des Landes einzusetzen. Es gibt keine Möglichkeit mehr, dem auszuweichen.
Natürlich wird nicht vermeidbar sein, daß auch einzelne Gruppen versuchen, ihre Interessen durchzusetzen, deren Ziele nicht auf Aussöhnung gerichtet sind. Es wird Einzel- und Sammelklagen beim Europäischen Gerichtshof mit Eigentumsforderungen geben, deren politische Begleitmusik hoffentlich nicht unerträgliche Dissonanzen erzeugt.
Wo bleibt die große, durchdachte Darstellung dieser neuen Situation aus europäischem Geiste der Vertriebenen und ihrer Organisationen selbst? Sie haben hier auch eine große, ja historische Verpflichtung, denn sie haben sich bereits 1950, nur fünf Jahre nach Krieg und Vertreibung, in ihrer Charta zum vereinten Europa bekannt.
Übrigens: historische Chancen können auch vertan werden. Wir dürfen nach dem Akt der Aufnahme von zehn neuen Ländern in die Europäische Union, darunter fast alle Vertreibungsländer, auf die Realität gespannt sein, die einst historische Wirklichkeit sein wird.
Werner Bader (KK)

Könnten doch die Rechtschaffenen Recht schaffen
Der Menschenrechtspreis der Sudetendeutschen wurde dem amerikanischen Völkerrechtler und Historiker Alfred-Maurice de Zayas verliehen
Seit über 30 Jahren beschäftigt sich der amerikanische Völkerrechtler und Historiker Prof. Dr. Alfred-Maurice de Zayas mit den Themen Menschenrechte und Vertreibung. Viele Auszeichnungen hat der 57jährige Wissenschaftler bereits bekommen. Am 8. Mai erhielt er aus den Händen des Bundesvorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Bernd Posselt MdEP, und des Sprechers der Sudetendeutschen Volksgruppe, Johann Böhm, den Menschenrechtspreis der Sudetendeutschen. Das Bläserquartett Egrensis unter der Leitung von Hermann Sehr umrahmte die Feier musikalisch.
Weit über 250 Gäste wohnten im Sudetendeutschen Haus der Preisverleihung bei, darunter unter anderem Professor Dr. Dieter Blumenwitz, Träger des Karlspreises der Sudetendeutschen Landsmannschaft und ebenfalls ein Experte in Sachen Menschen- und Völkerrecht. Johann Böhm erinnerte in seiner Festrede an die bisherigen Preisträger Emilie Schindler und Tilman Zülch. Der Sprecher verwies auf de Zayas' enge Verbindung zur Volksgruppe und bezeichnete ihn als „Kämpfer für die Menschenrechte“. Ebenso erwähnte Böhm die Vorliebe von de Zayas für den Dichter Rainer Maria Rilke, dessen Verse de Zayas ins Englische übersetzt hat. „Ohne Alfred de Zayas wüßte die Welt noch weniger, als sie heute wissen will, von der größten Vertreibung der Weltgeschichte“, skizzierte der Sprecher der Sudetendeutschen das Verdienst des Wissenschaftlers und verdeutlichte den Einsatz der sudetendeutsche Volksgruppe, ja ihren Kampf gegen das ihr angetane Unrecht als ein bewußtes Eintreten für die Menschenrechte, Minderheiten- und Volksgruppenrechte. Böhm wies auch auf die ethnischen Säuberungen und Vertreibungen in den 90er Jahren in Kroatien und Bosnien hin. „Die echte Verwirklichung der Menschenrechte für Minderheiten und Volksgruppen gewährleistet Frieden und Sicherheit innerhalb der Staaten und zwischen den Staaten und trägt bei zur Erfüllung eines Höchstmaßes an Gerechtigkeit“, verdeutlichte Böhm und zitierte Aussagen von Papst Johannes Paul II. zu den Themen Minderheitenrechte und Menschenwürde bzw. Menschenrechte. „Alfred de Zayas ist einer von uns durch unser gemeinsames Eintreten für die Menschenrechte. Gerade in diesen Tagen, da Vertreiberstaaten ohne Aufhebung von Vertreibungsgesetzen oder trotz erneuerter Bestätigung dieser Vertreibungsgesetze Mitglieder der Europäischen Union wurden, sind wir Sudetendeutschen für dieses Eintreten dankbar“, wies Böhm auf die aktuellen Ereignisse hin.
Bernd Posselt, dem Bundesvorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft, oblag die Laudatio. Angesichts der familiären Wurzeln von de Zayas auf der iberischen Halbinsel charakterisierte Posselt diese Region Europas als „Wurzel der universellen Menschenrechte und des Völkerrechts“. Und er meinte, auf den Preisträger bezogen: „Zayas war sich dieser Tradition immer sehr bewußt. Und er setzte sich immer mit einer Kraft, die aus dem Glauben und aus christlichen Prinzipien kommt, für diese Belange ein“. Seit etwa 30 Jahren kennen sich Posselt und de Zayas, als dieser als Student nach Deutschland kam, um bei Vertriebenenverbänden die Themen Menschenrechte und Völkerrecht zu diskutieren und deren Sichtweise kennenzulernen. Dabei hat de Zayas damals mit der Thematik Vertreibung und allierte Kriegsverbrechen an den Deutschen einen eher ungewöhnlichen Gegenstand bearbeitet, interessierte sich aber nun immer stärker für das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen. „Er war immer an vorderster Front, nicht nur in seinem wissenschaftlichen und publizistischen Werk und als Person, sondern auch in seinem beruflichen Wirken“, würdigte Posselt den Preisträger, der an mehreren Menschenrechtseinrichtungen der Vereinten Nationen tätig gewesen ist. Neben dem Einsatz für die deutschen Vertriebenen habe sich de Zayas, so Posselt, zuletzt auch in einer „unbequemen Position“ der Menschenrechtsfrage in der Politik der USA gewidmet. „De Zayas hat es nicht leicht gehabt, in der UNO den Geist der Menschenrechte aufrechtzuerhalten, als sich die USA teilweise zurückzogen. Er hat als US-Amerikaner auch kritische Punkte offen und ehrlich angesprochen. Er ist der richtige Mann, um auch die Europäer zu mahnen“, wurde Posselt deutlich und wies auf die unterschiedliche Menschenrechtssituation in Europa hin. „Diese europäische Situation bleibt bestehen, solange die Unrechtsdekrete bestehen. Wir müssen darauf hinarbeiten, diese zu beseitigen und die Wunden zu heilen. Dazu brauchen wir Verbündete in der EU, in der Welt, in Wissenschaft und im publizistischen Bereich, die – wie de Zayas – unbestechlich argumentieren können, auch wenn ihnen der Wind ins Gesicht bläst“, nannte der Bundesvorsitzende die vordringlichen Probleme.
Nach der Übergabe des Preises ergriff Prof. Dr. Maurice-Alfred de Zayas selbst das Wort. „Es gibt keine noblere Aufgabe, als für die Verwirklichung der Menschenrechte zu arbeiten, für soziale Gerechtigkeit und historische Wahrheit zu kämpfen und damit auch für die eigene Identität und für die Heimat. Denn Heimatrecht ist ein fundamentales Menschenrecht und eine wichtige Voraussetzung für den Genuß vieler anderer Rechte“, hob der Preisträger zu Beginn seiner Rede hervor. Er erinnerte an Freunde, Lehrer und Kollegen wie Professor Dr. Otto Kimminich und Professor Richard Baxter, der ihn auf die Bücher von Victor Gollancz verwies, aus denen de Zayas „den Horror der Vertreibung“ erfahren hat. Er rief aber auch sudetendeutsche Freunde in Erinnerung wie das Ehepaar Dr. Walter und Helene Vorbach, bei dem er zwei Jahrzehnte während seiner Tätigkeit am Max Planck Institut in Heidelberg wohnte. Hier fand de Zayas aufgrund der literarischen Tätigkeit Vorbachs Gefallen an Rainer Maria Rilke. Und er erinnerte an Professor Joseph Suchy, der ihn davon überzeugte, „daß in der Vertreibung der Deutschen nicht nur ein würdiges Forschungsthema vorlag, sondern sogar eine Lebensaufgabe“. Für Deutschland wie auch für Amerika, Tschechien und Polen konstatierte der Preisträger eine „verwerfliche Doppelmoral“. An die Bürger in den beiden Nachbarstaaten Deutschlands appellierte er, sich für die Menschenrechte einzusetzen „und die Verbrechen der eigenen Geschichte, ja vor allem die geschichtliche Verantwortung für das durch Edvard Beneš den Sudetendeutschen zugefügte Unrecht einzugestehen“ – auch und gerade vor dem aktuellen Hintergrund der Ehrung von Beneš durch das tschechische Parlament. Besonders wies de Zayas auf den Aspekt der Straflosigkeit hin und die bis heute sichtbaren Konsequenzen dieser Verbrechen. Für ihn kommt der EU-Beitritt Polens und Tschechiens zu früh. „Eine Aufnahme wäre erst nach einer ehrlichen Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte gerechtfertigt gewesen, d. h. nachdem sie die ungesühnten Verbrechen der Vertreibung anerkannt hätten und, im Falle Tschechiens, die entsprechenden Vertreibungs- und Straffreiheitsgesetze in den Beneš-Dekreten durch ihr Parlament für nichtig erklärt hätten“, so der Wissenschaftler.
Auch auf die Diskussionen um das Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin ging er ein. „Es ist uns klar, weshalb das Zentrum von manchen Polen und Tschechen nicht begrüßt wird, nämlich weil viele Polen und Tschechen ein schlechtes Gewissen haben“, verdeutlichte de Zayas. Er riet zu Reflexion, Demut und Reue. „Wie wollen wir Vertreibungen und ethnischen Säuberungen anderswo in der Welt vorbeugen, wenn wir die alten Vertreibungen und ethnischen Säuberungen leugnen oder nicht richtig einordnen, womöglich sogar schönreden, verharmlosen und ‚legitimieren‘, wie es wiederholt der unsägliche Milos Zeman und andere nicht minder prominente seiner Landsleute versucht haben?“ wurde de Zayas sehr deutlich. Positives konnte er von den UN-Menschenrechtseinrichtungen vermelden, wo mehrere Verfahren bezüglich der Rückgabe sudetendeutschen Eigentums laufen, über das Problem der Straflosigkeit von Kriegsverbrechen beraten und positiv für das Recht auf Restitution für die Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen wie Vertreibungen gearbeitet wird. Grundlage für ein Durchsetzen der Menschenrechte sind für den Preisträger die Freiheit der Forschung und ein wirklich freies Denken – ohne nationale Sichtweisen. „Ohne diese Freiheiten und ohne eine offene Diskussion der historischen Tatsachen und ihre richtige Bewertung wird man nie zu einer gemeinsamen Sichtweise der Vergangenheit kommen.“ Wichtig ist für de Zayas, auch in Deutschland von der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit Gebrauch zu machen. „Zu beklagen ist nicht ein Mangel an Freiheit, sondern ein Mangel an Würde und Selbstachtung als einer Geisteshaltung, die man weder erzwingen noch verbieten kann. Doch ohne sie gibt es keine volle Wahrheit und damit letztlich auch keine echte Versöhnung.“
Markus Bauer (KK)

Die Realpolitik hat beschlossen: Die Kultur hat ausgedient
Die ifa-Galerie Bonn des Instituts für Auslandsbeziehungen hat 24 Jahre lang erfolgreich zeitgenössische Kunst und Architektur aus außereuropäischen und osteuropäischen Ländern präsentiert, zuerst in der Nähe des Hauptbahnhofs und dann in großzügigeren Räumen am Bundeskanzlerplatz. Viele der vorgestellten Künstlerinnen und Künstler stellen inzwischen international aus und sind auf den Kunstbiennalen weltweit vertreten.
Aufgrund der Haushaltskürzungen wird das Institut für Auslandsbeziehungen die Galerie in Bonn trotz allgemeinen Bedauerns zum 30. Juni schließen müssen. Gerade noch am Bonner Museumsmeilenfest vom 20. bis zum 23. Mai konnte sie sich beteiligen.
(KK)

Minderheiten als Maßstab
Rudolf Grulich weiß, daß nicht nur der totalitäre Kommunismus schief war in Europa und daß noch längst nicht alles gerade ist
Der unermüdliche Zeithistoriker, Publizist und Referent Rudolf Grulich, dessen Themenreservoir jedem, der seine fundierte und zugleich öffentlichkeitswirksame Tätigkeit auch nur halbwegs kennt, unerschöpflich erscheinen muß, ist im April 60 geworden. Er leitet das Institut für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren und Schlesien und liest Kirchengeschichte an der Universität Gießen, seine Präsenz in den Medien und vor Publikum jedoch geht bewundernswert weit darüber hinaus, und daran wird der Geburtstag nichts ändern. Hier im Aufriß seine Sicht der Minderheitenproblematik nach der EU-Osterweiterung:
Hinter der Frage, wie die nationalen Minderheiten zu ihrem Recht kommen können, verbergen sich nach Ansicht von Professor Rudolf Grulich (Königstein) „in Europa bis heute die mit Abstand wichtigsten Probleme“. Grulich sprach jüngst auf einer Veranstaltung der Ackermann-Gemeinde im Sudetendeutschen Haus in München. Er betonte, daß sich die Frage der Minderheitenrechte mit dem Zusammenbruch des Ostblocks keineswegs erledigt habe. Da der „Eiserne Vorhang immer noch in unseren Köpfen“ sei, glaube man, daß nach dem Krieg nur der kommunistische Totalitarismus den nationalen Minderheiten ihre Rechte versagt habe. Dem sei aber nicht so. Ein deutsches Gymnasium, wie es seit eh und je im siebenbürgischen Hermannstadt bestehe, suche man im Elsaß vergeblich. Freilich sei in Liegnitz wohl ein ukrainisches Gymnasium eröffnet worden, aber kein deutsches (wofür in Niederschlesien immerhin eine ethnische Notwendigkeit fehlen dürfte). Die Sowjetunion habe den Letten und Esten mehr nationalen Freiraum gewährt als die Franzosen den Elsässern und den Bretonen. Heute hätten auch die Deutschen in Oberschlesien mehr verbürgte Minderheitenrechte als die Elsässer. Dabei habe es in der Sowjetunion ebenso starke Russifizierungstendenzen gegeben, wie in Rumänien die sozialistische Nation als ausschließlich rumänisch gedacht gewesen sei.
Grulich definiert die ethnische Minderheit als volkliche Gemeinschaft mit eigener Sprache, Kultur oder Tradition ohne eigenen Staat oder außerhalb eines solchen. Die Europäische Union (EU) habe ein entsprechendes Volksgruppenrecht bisher nicht geschaffen. Es gebe zwar eine Charta der Minderheitensprachen, doch bestimmten die Mitgliedsstaaten selbst, welche Sprachen darunter fallen sollten. Auch sei die Charta nur teilweise ratifiziert worden, und zwar nicht von England und Frankreich. Wenn die EU die Lage der Minderheiten in den Beitrittsstaaten im Osten untersucht und etwa die Lage der Russen in den wiedererstandenen baltischen Republiken beklagt habe, so sei das heuchlerisch gewesen. Auch gäben die Griechen mit ihrem Verhalten gegenüber den Türken auf Zypern ein schlechtes Beispiel. Mit der Osterweiterung der EU vermehrten sich die ethnischen Probleme im vereinten Europa. Durch sie komme man in der Union auf nunmehr 22 Sprachen und eine Vielzahl von Minderheitensprachen. Auch nicht wenige Russen seien nunmehr EU-Bürger.
Grulich betonte, daß Europa seine Minderheitenprobleme zu einem nicht geringen Maße der Zerstörung der großen Reiche Österreich-Ungarn und Türkei nach dem Ersten Weltkrieg verdanke. Die Erfahrungen, die diese in der Bewältigung der Nationalitätenprobleme gemacht hätten, ließen sich, wie er meinte, auch für das moderne Europa nutzen. Er verwies auf den Mährischen Ausgleich von 1905, der eine angemessene Repräsentation der Nationalitäten im Landtag sicherstellte, die Majorisierung einer Minderheit unmöglich machte sowie den Gebrauch der Landessprachen und die Schulaufsicht regelte. Dasselbe Modell wurde 1910 auf die Bukowina übertragen und sollte in Bosnien zur Anwendung kommen. Bei der Ausarbeitung der Verfassung für Estland von 1920 habe es Pate gestanden. Vor dem Ersten Weltkrieg sei man eben in der Nationalitätenfrage schon weiter gewesen als später. Die Sudetendeutschen könnten wie alle Deutschen, die mit anderen Völkern zusammengelebt hatten, etwas in die EU einbringen. Denn Europa könne nur in der Vielfalt, als eine Konföderation freier VöIker bestehen. Nur durch Minderheitenschutz und Volksgruppenrecht lasse sich eine humane Ordnung verwirklichen, gelange man im Sinne der christlichen Soziallehre zu Solidarität und Subsidiarität. Wenn man das nicht beachte, werde man den Zentralstaat bekommen.
Peter Mast (KK)

Blauer Dunst und historische Klarsicht
Tonpfeifen als Geschichtszeugen im Ostpreußischen Landesmuseum
Wer im 17. Jahrhundert dem neuen Genuß des Rauchens frönen wollte, benötigte ein Hilfsmittel – eine Tonpfeife! Das blieb bis ins 19. Jahrhundert so, denn trotz der zunehmenden Konkurrenz von Pfeifen aus anderen Materialien, Zigarren, Schnupf- und Kautabak waren Tonpfeifen das populärste Hilfsmittel zum Genießen von Tabak, sozusagen die „Zigarette“ des 17. und 18. Jahrhunderts.
Historische Tonpfeifen sind nicht nur für den Archäologen interessant. Sie sind sehr häufig unbeschadet im Boden erhalten und geben mit vielfältigen Verzierungen, Marken und Inschriften Auskunft über Ort und Zeit ihrer Herstellung.
Eine sich der Kulturgeschichte dieses Alltagsgegenstandes früherer Zeiten widmende Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg blickt erstmals besonders auf die Entwicklung im südlichen Ostseeraum und in Schlesien. Archäologische Funde aus Ost- und Westpreußen, aus Estland und Schlesien belegen den Konsum von Tabak mit Tonpfeifen schon seit dem frühen 17. Jahrhundert.
Wie Tonpfeifen hergestellt wurden, zeigt die Ausstellung ebenso wie Produkte aus Warschau und den beiden wichtigen preußischen Manufakturen in Rostin in der Neumark und in Sborowski in Oberschlesien aus dem 18. Jahrhundert. Im Vergleich mit den Funden von Tonpfeifen aus Verbrauchsorten wie Lüneburg können Aussagen über die Vorlieben der Tonpfeifenraucher gemacht werden. Zahlreiche Leihgaben aus dem In- und Ausland verdeutlichen den Konkurrenzkampf der Tonpfeifen gegen Pfeifen aus anderen Materialien.
Die Ausstellung wurde von Ralf Kluttig-Altmann und Martin Kügler vom Arbeitskreis Tonpfeifen erarbeitet und ist bis zum 29. August zu besichtigen. Es erscheint ein Katalog.
(KK)

Mediator um Christi Willen
Fachtagung des Historischen Vereins für Ermland über den Humanisten, Theologen und Diplomaten Stanislaus Hosius
Achtzehn Historiker aus Litauen, Rom, Polen und Deutschland sprachen auf einer internationalen Fachtagung des Historischen Vereins für Ermland im Alexander-von-Humboldt-Haus Münster über den Humanisten, Theologen, Bischof von Kulm und Ermland, Kardinal und Diplomaten Stanislaus Hosius (1504-1579). Mitveranstalter waren der Verein für Reformationsgeschichte der Theologischen Fakultät Olsztyn/Allenstein und die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Münster.
Anlaß für das internationale, interkonfessionelle und interdisziplinäre Symposion, dem inzwischen ein zweites in Allenstein folgte, war der fünfhunderste Geburtstag des am 5. Mai 1504 in Krakau geborenen Sohnes einer deutschen Einwandererfamilie. So war Hosius „gente Prutenus, natione Polonus“, der Deutsch, Polnisch und vor allem Latein sprach und schrieb.
Das Symposion in Münster sah Hosius in seiner Zeit, zunächst auf der europäischen Ebene im Kontakt mit Papst und Kaiser und dann als Fürstbischof von Ermland und damit Landesherrn und Partner von Herzog Albrecht von Preußen, den er vergeblich für den Katholizismus zurückzugewinnen hoffte. Die Historiker hoffen, in Münster und Allenstein Anstöße für den Fortgang der Edition von bis zu 12 000 Hosius-Briefen gegeben zu haben. Schon die erste Edition von 1879 mit den Briefen von 1525 bis 1555 war ein deutsch-polnisches Gemeinschaftswerk des ermländischen Historikers Franz Hipler und des Krakauers Wincenty Zakrzewski. Bis heute fehlt auch eine wissenschaftliche Biographie.
Hauptanliegen des Bischofs und Kardinals war es, den katholischen Glauben in Osteuropa wiederherzustellen. Die Wissenschaft verzichtet heute auf den Begriff des „Gegenreformators“ und spricht statt dessen vom Zeitalter des Konfessionalismus, der Wiedereinführung des Katholizismus und der Einwurzelung des Luthertums. Aus der Perspektive der heutigen Ökumene verdient die Theologie des Hosius, seine Lehre vom Wort Gottes besonderes Interesse. Weihbischof Jacek Jezierski aus Allenstein trug dazu aus seiner Dissertation vor, die, 1987 und 1997 in zwei Teilen in polnischer Sprache erschienen, von der deutschen Forschung noch nicht zur Kenntnis genommen worden ist.
Hosius hat kein theologisches System geschaffen, sondern eher publizistisch gewirkt. Sein Hauptthema war die Einheit der Kirche unter römischen Bedingungen. Seit 1536 leitete er in der königlich-polnischen Kanzlei das Referat für die preußischen Angelegenheiten. 1551 wurde er Bischof von Ermland, 1561 Kardinal, später in Rom Mitglied der Kongregation für die Durchführung der Reformen des Konzils von Trient und der Congregatio Germanica. Daraus ergaben sich weitgespannte Beziehungen, die auch dem Ermland zugutekamen.
Alexander Koller, stellvertretender Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Rom, berichtete über den Neubeginn der päpstlichen Deutschlandpolik nach dem Augsburger Religionsfrieden, als Hosius 1560/61 Nuntius bei Kaiser Ferdinand in Wien war.
Durch die Gründung des Hosianums im ermländischen Braunsberg schuf Hosius eine betont katholische Akademie, deren Lehren und Schüler bis weit nach Skandinavien und Litauen wirksam wurden. Das ermländische Bildungssystem galt damals als das beste in Europa. Zusammen mit der von Herzog Albrecht in Königsberg geschaffenen Universität gab es damit die bedeutendsten geistigen Kraftzentren im Osten. Braunsberg lebte aus dem missionarischen Katholizismus, Königsberg legte die Grundlagen für die protestantische Ethik des preußischen Staates.
Hans-Jürgen Karp, Vorsitzender des Historischen Vereins Ermland und Initiator der Tagung in Münster, hat das Verdienst, durch die Einladung prominenter Referenten Hosius im Licht neuerer Forschungen vorgestellt zu haben. Der Verein wird die Vorträge im Rahmen seiner eigenen Publikationen gesammelt herausgeben.
Norbert Matern (KK)

Universität als Keimzelle der Verständigung
Die Königsberger Albertina in einer Düsseldorfer Ausstellung
„Der Untergang des alten Königsberg im Zweiten Weltkrieg bedeutete auch das Ende der ‚Albertina‘. Ihre wissenschaftliche und kulturhistorische Leistung bleibt jedoch ein beachtliches Kapitel deutscher Universitätsgeschichte. Dies den heutigen Generationen in Deutschland und in der Region Kaliningrad/Königsberg zu vermitteln ist ein gemeinsamer Auftrag deutscher und russischer Vertreter der Wissenschaft und Kultur“, hieß es im Vorwort des 1994 erschienenen deutsch-russischen Begleitkataloges zur Ausstellung anläßlich des 450jährigen Universitätsjubiläums.
Zwei Tage vor Immanuel Kants 280. Geburtstag (22. April 2004) wurde im Düsseldorfer Gerhart-Hauptmann-Haus die Ausstellung „Die Albertina“ eröffnet. Die Persönlichkeit und das Leben des Gelehrten waren mit der Stadt und der Universität Königsberg besonders eng verknüpft, so daß ein zentraler Platz in der Dokumentarschau durchaus gerechtfertigt erscheint. Der Komponist und Hochschullehrer Professor Oskar Gottlieb Blarr hob in dem Vortrag „Kant, die Kunst und Königsberg“ weniger bekannte musische Aspekte im Leben und in der Lehre des Philosophen hervor. „Mit dieser Ausstellung soll ein Zeichen zukunftsorientierter Pflege des historischen Erbes der Stadt Königsberg gesetzt werden. In diesem Sinne sind Ausstellung und Begleitbuch zweisprachig“, formulierte Dr. Walter Engel, Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses, das Anliegen der aktuellen Präsentation.
„Die Albertina“ ist in Düsseldorf bis zum 27. Juli zu sehen.
D. G. (KK)

Bücher und Medien

„Was schert uns die grausame Geschichte?“
Brücken nach Polen. Berichte aus der Gemeinschaft evangelischer Schlesier. Hg. Christian-Erdmann Schott. Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb Korn, Würzburg 2003, 222 S., 19,90 Euro
Die Überschrift ist dem Beitrag „Die Völker müssen es ausbaden“ von Professor Eberhard Günter Schulz entnommen. Darin berichtet der 1929 in Neusalz Geborene über seine persönlichen Verbindungen und die des Kulturwerks Schlesien nach Glogau, Schweidnitz und Breslau, aber auch, damit schließend, über seinen Besuch in der Geburtsstadt. Ein Foto zeigt zwei ehemalige Schüler derselben Schule in Schulbänken, den aus der Heimat vertriebenen ehemaligen Obertertianer und den polnischen Stadtpräsidenten, der an dieser Schule vor zwei Jahrzehnten sein Abitur bestanden hat. „Was schert uns die grausame Geschichte!“ In dieser rhetorischen Frage finden beide, der Deutsche und der Pole, zusammen.
In dem Buch, von Christian-Erdmann Schott, dem Vorsitzenden des Vereins für Schlesische Kirchengeschichte, herausgegeben, sind „Berichte aus der Gemeinschaft evangelischer Schlesier“ zusammengetragen. Zu den hier versammelten und durchweg kurzgefaßten Niederschriften über die Wiederbegegnung mit der Heimat Schlesien war von der Zeitschrift „Schlesischer Gottesfreund“ aufgefordert worden. Die Niederschriften hat der Herausgeber klug gegliedert.
Das Buch beginnt mit dem Kapitel „Annäherungen“, worin Eindrücke vom ersten Wiedersehen mit der Heimat nach der Vertreibung bereits in den fünfziger Jahren geschildert werden. Die letzten beider Kapitel von insgesamt acht heißen „Begegnung und Austausch“ und „Rückkehr der Geschichte“. In der Mehrheit sind es Pastoren und Kirchenhelfer der Gemeinden, die hier zu Wort kommen, aber auch eine Schriftstellerin und ein Journalist befinden sich unter den Autoren. Auffallend, aber verständlich, daß ein Drittel der Beiträge aus Mitteldeutschland kommt, es war leichter und lag näher, von der DDR aus die Oder-Neiße-Linie zu überschreiten.
Der Herausgeber nennt das Buch, worin ihm zuzustimmen ist, „eine Dokumentation, die auf leise Töne gestimmt ist“. Der Aufsatz der pensionierten Lehrerin Heidrun Jonas, 1929 im Kreise Strehlen geboren, beginnt mit den Sätzen: „Ich liebe Schlesien, die Weite der Landschaft, die fränkischen Gehöfte der langen Dörfer, die Gebirgshäuser. Meine Vorfahren haben Jahrhunderte dort gelebt, die meisten als Bauern. Sie haben die Kultur des Landes mitgeprägt und bewahrt.“ Die Liebe zur Heimat, Neugierde, wie es heute denn daheim aussieht, waren für die Berichtenden immer wieder Grund zum Hinfahren.
Aber dabei ist es nicht geblieben, sollte es auch nicht. Man wollte Verbindungen mit den neuen Bewohnern knüpfen, etwas tun und bewirken, selbst gefestigt im evangelischen Glauben und auf der Suche nach Schwestern und Brüdern in der gleichen christlichen Geborgenheit. Es gab Enttäuschungen und auch „Dissonanzen“, dies die Überschrift eines eigenen Kapitels, aber es überwog und überwiegt das Zueinanderfinden und schließlich das Miteinander.
Wohlbegründet sind einige dieser Reiseberichte unter dem Titel „Ökumene“ zusammengefaßt. Die heimatlichen Kirchen, die man jetzt besucht, sind katholische Kirchen geworden, aber es ist möglich, gemeinsam ökumenische Gottesdienste zu feiern. Es findet sich in keiner der hier übermittelten Erfahrungen und Erlebnisse irgendein Ton des konfessionellen Gegensatzes, ohne daß die Unterschiede verschwiegen würden. Bekanntlich ist die evangelische Kirche in Polen eine Minderheitskirche, man spricht von etwa 100 000 Angehörigen des Augsburger Bekenntnisses und leider auch davon, daß bis in die Gegenwart protestantisch mit deutsch und katholisch mit selbstverständlich polnisch identifiziert wird.
Sowohl bei den Evangelischen in Polen als auch den deutschen Protestanten hat das Gemeinsame im Glauben den erstrebten Brückenschlag gerade auch von Volk zu Volk möglich gemacht, hat Freude und Genugtuung ausgelöst und bereitet. Viel ist auch von materieller Hilfe die Rede, warum auch nicht, es besteht schließlich das soziale Gefälle zwischen West und Ost, aber diese materielle Hilfe tut nicht nur gut, sie entspricht der christlichen Nächstenliebe und kommt deutscherseits aus offenem Herzen, das die düstere Vergangenheit vergessen macht.
Die Edition von Pastor Christian-Erdmann Schott ist nicht nur eine „Dokumentation der leisen Töne“, sondern das ehrliche Zeugnis einer guten Nachbarschaft von unten, jenseits der Politik und voller Zuversicht, allen sicher nicht ausbleibenden Enttäuschungen zum Trotz. Zum Schluß seien zwei Formulierungen aufgespießt, denn da wird einmal von „Flucht, Vertreibung und Auswanderung“ gesprochen, ein anderes Mal von einem „Bevölkerungsaustausch“, Formulierungen hochgestellter evangelischer Kirchenmänner zu Schlesien, die historisch falsch gesetzt sind.
Herbert Hupka (KK)

Jedes Elysium hat auch ein Tor zur Schattenwelt
Arne Franke: Das schlesische Elysium. Burgen, Schlösser, Herrenhäuser und Parks im Hirschberger Tal. Hg. Deutsches Kulturforum östliches Europa. Das Buch kann in jeder Buchhandlung oder bei amazon.de bestellt werden. 19,80 Euro
Elysische Gefilde sind nicht immer, was ihr Name verheißt. Diese Erfahrung mußte Ödön von Horváth am 1. Juni 1938 machen: Bei einem Gewitter trifft ihn auf den Pariser Champs Elysées der herabstürzende Ast einer Kastanie am Hinterkopf und tötet ihn. 1945 drohte dem „Schlesischen Elysium“ ein vergleichbares Schicksal. Die großartige Schlösser- und Parklandschaft mußte von ihren Besitzern verlassen werden. Die nachrückenden Soldaten der Sowjets verfielen in einen Plünderungs- und Zerstörungsrausch. Endlich konnte man es der Junker- und Herrengesellschaft so richtig zeigen, wer die neuen Herren waren.
Jeder Rausch vergeht. Mit der Ernüchterung und dem dazugehörigen Aufräumen hat es in diesem Fall freilich etwas länger gedauert. Wenn die Schlösser und Herrenhäuser nicht in irgendeiner Form genutzt werden konnten – sei es als Schule oder als Verwaltungsgebäude -, waren sie bis 1979 den Verfall preisgegeben. Und bis 1989 waren Restaurationsversuche mühsames Stückwerk. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs kann man beobachten, wie versucht wird, das „Schlesische Elysium“ wiederherzustellen.
Was man gehabt hat, zeigt dieses Büchlein in kleinem Format. Eingeweihten war das Tal schon länger bekannt, und Künstler konnten der bukolischen Landschaft schon immer etwas abgewinnen, wie nicht nur die großen Namen Caspar David Friedrich, Ludwig Richter oder Johann Wolfgang von Goethe belegen. Nein, auch die im Buch gelegentlich (das ist halt dem Format geschuldet) zu klein reproduzierten Gemälde, Lithographien oder Kupferstiche von heutzutage unbekannten Künstlern zeigen eine Landschaft mit und ohne Herrschaftsarchitektur, die auch heute noch begeistern kann.
Das vor allem historische Bildmaterial zeigt aber auch den Verlust, denn vieles scheint unrettbar verloren. Bei einigen Gebäuden ist wohl der Wille zur Renovierung vorhanden, es mangelt gelegentlich am Geld, gelegentlich am guten Willen der lokalen Verwaltung.
Bei einer Stippvisite in der Woche nach Ostern 2004 erwies sich jedoch das Buch als eine brauchbare Hilfe zur Vorbereitung bzw. Besichtigung vor Ort. Von Einzelheiten zu schwärmen verbietet sich, weil es den Umfang dieser Rezension sprengen würde. Deswegen gibt es ein Gesamtlob, das aber ganz dick ist.
Ulrich Schmidt (KK)

Lebensbilder fügen sich zu einem Bild einer Kulturlandschaft
Beiträge zu einem Biographischen Lexikon der Deutschen aus dem Raum der Provinz Posen. Broschüre DIN A 4, 2003, 235 S., Schutzgebühr 25 Euro. Zzgl. Versandkosten zu beziehen über die Martin-Opitz-Bibliothek, Berliner Platz 5, D-44623 Herne, Tel. 0 23 23 / 16 28 05, Fax 16 26 09, information.mob@herne.de
Die Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen hat ihrem Ehrenmitglied Dr. med. Joachim Heinrich Balde zum 90. Geburtstag am 26. August 2000 den Band 2 der Beiträge zur Geschichte der Deutschen in Polen und der deutsch-polnischen Beziehung gewidmet, in dem die von dem Genealogen Balde verfaßten und in den Jahren 1978 bis 1998 in der Vierteljahreszeitschrift „Der Kulturwart“ veröffentlichten Beiträge abgedruckt sind.
Wolfgang Kessler hat gemeinsam mit Helmut Neubach die Biographien durchgesehen, in einem Vorwort die Initiativen für ein Posener Deutsches Biographisches Lexikon beschrieben und die Leistungen von Joachim Heinrich Balde mit seinem Biographie-Projekt gewürdigt. Es ist das Verdienst der Kommission – insbesondere ihres Vorsitzenden Wolfgang Kessler –, die Lebensbilder weiterer deutscher Posener Persönlichkeiten in dieser Broschüre zusammengeführt zu haben, die andere Biographen – wie Wilfried Gerke, Helmut Neubach, Gerhard Chihoff, Hugo Rasmus und Günther Schammert – bereits im „Kulturwart“ veröffentlicht haben.
Kessler weist in seiner Einführung darauf hin, daß nur eine Bestandsaufnahme Ziel dieser Veröffentlichung sein konnte. Er nennt die Gründe, warum noch viele Posener Persönlichkeiten fehlen, und zeigt zugleich Wege auf, die zu einem umfassenden biographischen Nachschlagewerk über die gesamte Posener Region in deutsch-polnischer Zusammenarbeit führen können.
Die Biographien sind alphabetisch geordnet. Verzeichnisse der Beiträge nach Verfassern und Berufsgruppen sowie ein geographisches und personales Register erleichtern den Zugang zu dieser Sammlung.
K. B. (KK)

Der Sinn hinter den Dingen, die Hoffnung jenseits der Geschichte
Ernst Mühlberger: Leben an Grenzen. Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Bonn 2004, 274 und 344 S., broschiert im Schuber, 39 Euro. Zu beziehen im Buchhandel oder direkt bei der Kulturstiftung, Kaiserstraße 113, 53113 Bonn, Bestell-Nr. 04-355
Das Thema der Vertreibung und des Heimatverlustes bildet einen zentralen Aspekt im umfänglichen Werk des 1903 im böhmischen Trautenau geborenen und 1985 im württembergischen Eislingen verstorbenen Schriftstellers Josef Mühlberger. Dabei war ihm, dessen Vater Deutscher, dessen Mutter Tschechin war, in besonderem Maße der Gedanke der Vermittlung und Aussöhnung zwischen Deutschen und Tschechen Anliegen des literarischen Schaffens.
In über siebzig selbständigen Buchveröffentlichungen hat Mühlberger sein Anliegen verfochten, unbeirrt von politischen Wandlungen und Brüchen und mit einer geradezu hartnäckigen Konsequenz, deren Intensität ihm bis zuletzt die Rolle eines Außenseiters im jeweils vorherrschenden Literaturbetrieb zuwies. Dabei ist die literarische Qualität seiner Dichtungen unumstritten: Zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen zeugen hiervon ebenso wie die ihm entgegengebrachte Wertschätzung prominenter Dichterfreunde, allen voran Hermann Hesse, Max Brod und Johannes Urzidil.
Anläßlich des 100. Geburtstages des Schriftstellers erarbeitete Frank-Lothar Kroll, Chemnitz, im Auftrag der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen eine zweibändige, auf den Beständen des Schriftgut-Archivs Ostwürttemberg fußende Auswahl aus dem sämtliche literarischen Gattungen umfassenden Werk. Sie bietet markante Beispiele für Mühlbergers Novellen und Erzählungen, etwa das Meisterstück „Casanovas letztes Abenteuer“ und auch die im mediterranen Milieu angesiedelte „Türkische Novelle“. Daneben stehen Erzählungen, deren Handlung in die böhmische Heimat des Autors zurückweist. Andere Prosastücke umkreisen die Thematik seiner späteren Jahre: Krieg, Vertreibung, Flucht und Heimkehr. Auszüge aus dem Romanschaffen betreffen u. a. das Werk „Bogumil“, in dem Fragen des Verhältnisses zwischen Deutschen und Tschechen im Prag der Zwischenkriegszeit und der Kriegsjahre thematisiert werden.
Weiterhin finden sich Märchen, Legenden und Gleichnisse, die Mühlberger als einen fest in den Überlieferungen des christlichen Glaubens wurzelnden Autor zeigen, dem manch inhaltlicher Brückenschlag zu seinerzeit aktuellen Problemfeldern gelingt. Dem Stilmuster bewahrender Klassizität verpflichtet sind auch Mühlbergers Gedichte. Sie verweisen auf ein Schaffensethos, das auf Sichtbarmachung der „hinter“ den Gegenständen und Gegebenheiten der konkreten Alltagswelt vermuteten Sinngehalte abzielt. Mit seinen Erinnerungen an die böhmische Heimat versucht Mühlberger, diese gleichsam im Wort zurückzugewinnen. Hier finden sich farbige Schilderungen und teilweise humorvolle Genrebilder, die man auch als kulturhistorische Dokumente lesen kann.
„Böhmische“ Themen dominieren auch das essayistische Werk des Autors, dem vor allem in den beiden letzten Lebensjahrzehnten wachsende Bedeutung zukam. Franz Kafka oder Gustav Leutelt werden hier ebenso behandelt wie die lyrischen Vorbilder Joseph von Eichendorff und Hugo von Hofmannsthal. Daneben stehen programmatische Bekundungen wie die 1950 gehaltene und damals vielbeachtete Rede „Geist und Wort des deutschen Ostens“.
Zu den ästhetisch gelungensten Arbeiten Mühlbergers zählen seine Reiseschilderungen und Landschaftsbilder, die neben den Regionen der engeren und weiteren Heimat jene „Landschaften der Erinnerung“ betreffen, die der Autor durch zahlreiche ausgedehnte Reisen erlebt hat. Die intellektuelle Dichte und Vielgestaltigkeit des Schaffens wird schließlich zusammenfassend verdeutlicht im Blick auf die Fülle aphoristischer und sentenzhafter Wendungen.
Eine Einführung in die Edition bilden Bemerkungen des Herausgebers Frank-Lothar Kroll zu Leben und Schaffen Mühlbergers, während ein Gesamtverzeichnis der Werke nebst einer umfassenden Auflistung der Sekundärliteratur die Bände abschließen.
Josef Mühlberger, der nach eigenem Bekunden ein „Leben an Grenzen“ führte, offenbarte in seinem Werk stets eine bemerkenswerte Ausgewogenheit des Urteils und ein besonderes Gespür für die enge Schicksalsgemeinschaft der europäischen Völker. Nicht zuletzt diese Perspektive, im Zuge der Erweiterung der Europäischen Union von besonderer Aktualität, sollte Anlaß genug sein, seinem Werk hinfort jene öffentliche Resonanz und Anerkennung zu verschaffen, die ihm zu Lebzeiten bisweilen versagt geblieben ist.
Ernst Gierlich (KK)

Wer bin ich?
Schlesische Lebensläufe vor der Kamera
Im Rahmen des 19. Internationalen Dokumentarfilmfestivals in München hatte jüngst die deutsche Produktion „Wer bin ich? Schlesische Lebensläufe“ von Andrzej Klamt, einem deutschen Oberschlesier, Premiere. Sie kreist um das Identitätsproblem vieler Oberschlesier, ob sie sich als Polen, Deutsche oder ganz einfach als Schlesier sehen. Der Film, von dem es auch eine polnische Fassung gibt, exemplifiziert es an dem Bildhauer Augustyn Dyrda, der jüdischen Photographin Joanna Koszyk-Helander, dem Popmusiker Stefan Stoppok und Alfons Nossol, dem Erzbischof von Oppeln. Vor dem Hintergrund atmosphärisch dichter, melancholisch gestimmter oberschlesischer Städte- und Landschaftsbilder weiß ihnen der Autor rückhaltlose, nicht selten eindrückliche Äußerungen zu entlocken. Eine Szene hält die Einweihung eines von Dyrda geschaffenen Denkmals für Friedrich Wilhelm Graf Reden, den Begründer der oberschlesischen Hüttenindustrie, in Königshütte und polnische Proteste dagegen fest.
P. M. (KK)

Literatur und Kunst

Eine Literatur aus der „Aschenputtelstellung“ holen
Die Arbeitsstelle für die Erforschung der mährischen deutschsprachigen Literatur lädt deutsche Schriftsteller aus diesem Raum nach Olmütz ein
„Es ist vielleicht die letzte Möglichkeit, die noch lebenden deutschsprachigen Schriftsteller aus Böhmen, Mähren und Sudeten-Schlesien persönlich kennenzulernen.“ So hatte die tschechische Germanistik-Professorin Ingeborg Fialova-Fürst die Einladung deutscher Autoren, die nach 1945 vertrieben wurden und nun in Deutschland und Österreich leben, unter anderem begründet. Sie ist die Leiterin der Arbeitsstelle für die Erforschung der mährischen deutschsprachigen Literatur am Germanistischen Lehrstuhl der Palacky-Universität Olmütz/Olomouc. Aber nicht nur das Alter der vertriebenen deutschen Schriftsteller habe eine Rolle gespielt, stellte Ingeborg Fialova fest. Diese Autoren seien in der Tschechischen Republik tabuisiert gewesen und hätten es auch in ihrer neuen Heimat nicht leicht gehabt. Ihnen seien kaum Chancen gegeben worden, ihre Literatur auf dem deutschsprachigen Buchmarkt durchzusetzen, weil sie mit dem „Kainsmal der Vertreibung“ automatisch in eine bestimmte Ecke gestellt worden seien. Gründe genug also, diese Schriftsteller zu einer Konferenz mit dem Thema „Erinnerungsraum Mähren“ nach Olmütz einzuladen.
Die Arbeitsstelle für die Erforschung der mährischen deutschsprachigen Literatur wurde 1997 gegründet. Seit 1999 wird sie vom Prager Schulministerium finanziert. Seit zwei Jahren beteiligt sich die deutsche Bundesregierung an dem für zehn Jahre geplanten Projekt, indem sie fünf Jahre lang die Stelle eines Stiftungsprofessors bezahlt. Weitere fünf Jahre soll diese Professorenstelle von tschechischer Seite finanziert werden. Zur Zeit hat die Arbeitsstelle drei Dozenten und 30 bis 40 Studenten.
Der Einladung zur dreitägigen Konferenz in Olmütz waren 14 vertriebene deutschsprachige Schriftsteller gefolgt, die zwischen 1923 und 1943 in Mähren, Böhmen oder Sudeten-Schlesien geboren sind. Ihre Lesungen waren eingerahmt von wissenschaftlichen Referaten, Podiumsdiskussionen und zahlreichen Gesprächen in kleinerem Kreis. Der Dekan der Philosophischen Fakultät, Professor Ivo Bartecek, ließ es sich nicht nehmen, die Teilnehmer zu begrüßen und ihnen später die schön renovierten Räumlichkeiten der Olmützer Universität in den prächtigen historischen, ehemals erzbischöflichen Gebäuden zur Besichtigung aufzuschließen. In seiner Willkommensansprache wies er darauf hin, daß die deutsch-tschechischen Beziehungen auch durch Vertreibung und Exil belastet seien, erinnerte aber an die Toleranz der Mährer als verbindendes Glied. Der Olmützer Germanistikprofessor Ludvik Vaclavec, Herder-Preisträger und Mitglied des Collegium Carolinum, referierte geist- und kenntnisreich über die lange, bewegte Geschichte der Stadt Olmütz, die seit Jahrhunderten Bischofssitz ist, Hauptstadt Mährens und österreichisch-ungarische Garnisonsstadt war und kurz nach Prag die zweite Universität des Landes erhielt. Eine sonntägliche Stadtführung am Ende der Konferenz ergänzte seinen Vortrag anschaulich.
Der aus Franken stammende Germanist Professor Jörg Krappmann, seit 13 Jahren an der Universität Olmütz tätig und seit zwei Jahren Inhaber der von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanzierten Stiftungsprofessur, machte auf die Aktualität der Konferenz aufmerksam, die in jüngsten Publikationen (wie der Monographie von Peter Glotz oder dem Roman „Die Unvollendeten“ des 1953 in Ost-Berlin geborenen Reinhard Jirgl) und Fernsehdokumentationen über das Thema Vertreibung zum Ausdruck komme. Bei dieser Tagung stehe jedoch nicht die faktengetreue Wiedergabe einer historischen Entwicklung im Vordergrund, sondern deren literarische Aufarbeitung. Jörg Krappmann wandte sich gegen unzulässige Verallgemeinerungen in vielen bisher erschienenen Sammelwerken über „sudetendeutsche Literatur“. Diese sei lange Zeit als ästhetisch minderwertig und politisch fragwürdig, wenn nicht gar revanchistisch abgewertet worden.
Professor Tomas Stanek, Historiker an den Universitäten Troppau/Opava und Mährisch Ostrau/Ostrava sowie externer Dozent in Olmütz, wies darauf hin, daß die gesellschaftspolitischen Veränderungen 1989/90 auch eine neue Etappe in der Erforschung der sogenannten „deutschen Frage“ in der Tschechischen Republik eröffnet hätten. Die Aufhebung ideologischer Schranken habe die Voraussetzungen für die Klärung wichtiger, bisher wenig bekannter oder mehr oder weniger verzerrt interpretierter Fragen in der Entwicklung der deutsch-tschechischen Beziehungen geschaffen.
Der Literaturwissenschaftler Diether Krywalski aus Geretsried wies darauf hin, daß Literatur immer in einer bestimmten Situation mit einer bestimmten Absicht entstehe. Bei den vertriebenen Autoren sei mit dem Schreiben meist ein Akt der Befreiung beabsichtigt. Es sei fraglich, ob dies auch der Erwartungshaltung der Leser entspreche. In Deutschland seien die Leser heimatvertriebener Autoren zunächst nur eine kleine, zurückgezogene Gruppe gewesen. Dies habe sich 1989 schlagartig geändert.
Die Olmützer Doktorandin Patricie Eliasova sprach von einer „neurotischen Beziehung“ zwischen Tschechen und vertriebenen Deutschen. In der Forschung habe die Literatur der vertriebenen Deutschen eine „Aschenputtelstellung“, wie es schon der aus Mähren stammende Autor und Übersetzer Franz Peter Künzel formuliert habe. Im Sinne einer genauen Begriffsbestimmung plädierte sie dafür, nicht den Begriff „sudetendeutsche Literatur“ zu verwenden. Johannes von Tepl wie Adalbert Stifter, aber auch die Prager deutschen Schriftsteller könnten schwerlich als „sudetendeutsche“ Autoren bezeichnet werden. Auch diese Begriffsverwirrung habe zu willkürlichen Grenzziehungen und Diskriminierungen geführt. Genauer und historisch richtig sei es, von deutscher Literatur aus Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien zu sprechen.
Die „facettenreiche Fundgrube“ von literarischen Texten, die Eliasova in dem Bereich der nach 1945 vertriebenen deutschen Schriftsteller entdeckt hat, erschloß sich den Zuhörern bei den Lesungen der nach Olmütz gereisten Schriftsteller. Sie reichten von Tagebuchaufzeichnungen (Maria Razumovsky) über autobiographische Romane und Erzählungen über die Kindheit, die Vertreibung, das Fußfassen danach (Josef Walter König, Bruno Herr, Hermann Heinisch, Herbert Schmidt-Kaspar, Rudolf Meyer-Freiwaldau, Hugo Fritsch, Angela Jursitzka, Gerold Tietz) bis zu lyrischen Umsetzungen (Gertrude Junta Track, Helga Unger, Heinz Kobald, Ursula Haas). Neben den traumatischen Erlebnissen während der Flucht oder beim Fronteinsatz prägten vor allem das Gefühl des Entwurzeltseins und die Suche nach der Heimat die literarischen Texte.
Diese Befindlichkeit war für die meisten Autoren – bewußt oder unbewußt – auch der Auslöser für das Niederschreiben. Ob sie sich mehr oder weniger künstlerisch von einem bloßen Referieren des Erlebten gelöst haben, ist für die Studenten und Dozenten an der Olmützer Arbeitsstelle für deutschsprachige mährische Literatur zunächst unerheblich. Die Akademiker haben sich zum Ziel gesetzt, alle schriftlichen Zeugnisse dieses Literaturbereiches, der 1945 nicht geendet hat, dessen Ende aber abzusehen ist, zu sammeln. In einem Lexikon der deutschsprachigen Literatur aus Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien, das vom Beginn der Neuzeit bis in die Gegenwart reichen soll, hat die Forschungsstelle bis jetzt die ausführlichen Bio- und Bibliographien von 120 bis 150 Autoren veröffentlicht. Professor Krappmann rechnet mit insgesamt 4000. Zur Zeit wird außerdem an drei Dissertationen über deutschsprachige mährische Literatur nach 1945 gearbeitet.
Für die Germanistikstudenten ist die Arbeit auf diesem speziellen Fachgebiet vor allem deshalb interessant, weil es noch weitgehend unerforscht ist, berichteten sie. Die Begegnung mit noch lebenden Autoren sei für sie eine ungewöhnliche Chance. Die aus ihrer Heimat verjagten Schriftsteller, die meist seit Jahrzehnten zu den immer wiederkehrenden Besuchern gehören – was auch in vielen literarischen Bearbeitungen seinen Niederschlag gefunden hat –, empfanden die offizielle Einladung als Genugtuung und eine – auch in Deutschland – lange vermißte Anerkennung ihrer Arbeit.
Eine besondere Stellung unter den Eingeladenen hatte Ota Filip. Der 1930 in Schlesisch Ostrau/Ostrava geborene tschechische Schriftsteller war nach Schreibverbot in den 60er Jahren 1974 in die Bundesrepublik Deutschland ins Exil gegangen und schreibt seit den 80er Jahren in deutscher Sprache. Er ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Künste und des Exil-P.E.N.-Clubs. Er hat zwei Romane über die Vertreibung der Deutschen geschrieben. Sein Weggang sei mit der grausamen Vertreibung nicht zu vergleichen, stellte Filip fest. Er habe sein Vaterland nicht geliebt, weil es ihn nie beschützt habe. Er fühle sich jedoch als mährischer Patriot, zwischen dem Deutschen und dem Tschechischen – in dem er seit der Wende nun auch wieder schreibt – sprachlich aber zunehmend heimatlos. Aus einer vor einem Jahr in Magdeburg vor dem P.E.N.-Club gehaltenen Rede zitierte Filip, daß die Vertreibung der deutschen Literatur aus den böhmischen Ländern bereits 1939 durch die Verschleppung und Vernichtung der jüdischen Prager Schriftsteller durch die Nazis ihren Anfang genommen habe. Dies sei bis heute ein spürbarer Verlust für die tschechische Kultur, während die sudetendeutsche Literatur unbedeutend gewesen sei und im tschechischen Kulturraum keine Spuren hinterlassen habe. Nach den Lesungen in Olmütz, so ergänzte Filip, empfinde er es jedoch als einen Schaden, daß diese böhmischen und mährischen Schriftsteller noch nicht ins Tschechische übersetzt worden seien.
Ute Flögel (KK)

„So, Genossen – und gute Nacht jetzt!“
Der Schriftsteller Paul Schuster aus Siebenbürgen ist tot

Der Satz im Titel steht in einem, in dem Roman von Paul Schuster, dem 1930 in Hermannstadt geborenen deutschen Schriftsteller, der am 5. Mai in Berlin gestorben ist. Er steht in unverfänglichem Kontext, doch ein Schelm ist, wer nichts Gutes dabei denkt. Erschienen ist das Buch 1961 im Jugendverlag Bukarest, und es trägt den ebenso unverfänglichen Titel „Fünf Liter Zuika“.
Für jeden aber, der nicht nur den leiblichen (Zuika ist das rumänische Wort für Pflaumenschnaps), sondern auch den literarischen Genüssen des frag-würdigen Siebenbürgens zugetan war und ist, sind Satz wie Titel gleichermaßen „verfänglich“: Paul Schuster hat mit diesem Roman die schrägen Verhältnisse jener multinationalen Landschaft am Ende des Ersten Weltkriegs dergestalt zu fassen vermocht, daß alle nationale Selbstgerechtigkeit zumal seiner sächsischen Landsleute nur um so schiefer erscheint.
In einem Interview mit Stefan Sienerth hat Paul Schuster vor zwei Jahren gesagt: „Die Heimat ist winzig klein geworden und winzig wenig in der Umgebung all dessen, was mir das Leben zugetragen hat. Aber wie klein sie auch sei, sie bleibt heiß und bunt. Und unverlierbar. Auch wenn ich längst kein Siebenbürger Sachse mehr bin.“ Gleichwohl ist er einer ihrer bedeutendsten Fragesteller und hat im kommunistischen Rumänien ebenso wie nach seiner Flucht in den Westen 1972 in der Bundesrepublik Deutschland das fragende Erbe eines Adolf Meschendörfer und eines Erwin Wittstock episch würdig fortgeführt. Das kann man in der Neuauflage seines Romans im Aachener Rimbaud Verlag nachlesen.
Ehe ihm jedoch Leser und Nachleser das bestätigen konnten, was er sich sicher erhoffte, hat der Schriftsteller jetzt in Berlin sein letztes „gute Nacht“ gesprochen. Das Schicksal kann noch ungerechter sein als der Literaturbetrieb, dessen Gerechtigkeit Paul Schuster ein Leben lang ohne Erfolg eingefordert hat. Eine Geschichte darüber und über wahrhaftiges literarisches Freischärlertum auf den unsteten Wogen sozialistischer Kommandokultur hat er nicht aufgeschrieben, er hat sie – neben vielen andern – 1993 in Gummersbach erzählt, und sie muß wiedererzählt werden, wenigstens jetzt:
Ende der sechziger Jahre macht Paul Schuster in Bukarest deutsche Literatur und mit etlichen andern Unentwegten eine deutschsprachige Literaturzeitschrift, die „Neue Literatur“ rühmlichen Angedenkens. Das kommunistische Regime läßt Dingen, die es mangels Einsicht nicht zu steuern vermag, ihren Lauf und versucht, die Beteiligten einzubinden oder gar einzuwickeln, was bei einem siebenbürgisch-sächsisch-schusterschen Charakter naturgemäß nicht gelingt. Er geht weiter seinen Gang durch die Institutionen, gegen die behördlich verordnete Laufrichtung, in der Hoffnung auf Licht am Ende des Tunnels. Da ereilt ihn die Kunde, daß die Kulturbehörde die Geduld verloren hat und diese „Neue Literatur“ dem deutschsprachigen „Zentralorgan“ „Neuer Weg“ einverleiben will, um sie gefügig zu machen. Paul Schuster sucht und findet einen Partner, um die Maßnahme zu konterkarieren.
Der Amtsweg ist beschwerlich bis unbegehbar, der Rechtsweg ausgeschlossen wie bei jeder Lotterie. Und so schreiben Arnold Hauser und Paul Schuster einen Brief, den sie an die drei damaligen Galionsfiguren rumänischer Erzählkunst, Staatsschriftsteller von höchsten Graden, schicken. Darin schildern sie in lebhaften Farben die sprachübergreifende Vermittlungstätigkeit dieser Literaturzeitschrift und die Möglichkeit, daß sie rumänischer Literatur qua deutscher Übersetzung den Weg in die Weltliteratur ebnen könnte. Welcher von den dreien oder ob zwei oder gar alle drei sich unter Umgehung der ungangbaren Wege an „höchster Stelle“ für dieses Export-Potential im eigenen Land eingesetzt haben, wußte Paul Schuster nicht zu sagen, er wußte nur zu vermelden, was auch wir wissen, daß nämlich die „Neue Literatur“ diese Anfechtung überstanden hat.
Warum diese unliterarische und vor allem unverifizierbare Literatur-Geschichte im Gedenken an Paul Schuster?
Nun, er war jenseits seines eigenen Schreibens ein Macher. Literatur hat er gemacht, Literatur hat er möglich gemacht unter literaturfeindlichsten Umständen, und nicht nur seine eigene. Die kann man, wie gesagt, jetzt – spät – nachlesen. Aber die Lebens- und Leidensgeschichte eines, der sein Recht und das Recht anderer auf Äußerung der kommunistischen Behörde abgeluchst hat, indem er die Eitelkeit der Entscheidungsträger gegen sie selbst ausspielte, sie zeigt eine Größe, die an keinem wohlsoignierten Schreibtisch erschrieben werden kann. Literatur in der Diktatur muß sich durchsetzen in einem grauen bis greulichen Bereich des gefährlich Ungefähren. Daß Schuster der Durchsetzungsfähigsten einer war, hat ihm im bundesdeutschen Betrieb nicht genützt, vielleicht sogar geschadet. Seine Prosa aber hat keinen Schaden genommen, und die „Fünf Liter Zuika“ sind bekömmlich wie eh und je.
Georg Aescht (KK)

Notwendig ist mehr als das, was man braucht
Joze Plecniks Architektur in der Ostdeutschen Galerie Regensburg
Das Werk des slowenischen Architekten Joze Plecnik wurde in den achtziger Jahren wiederentdeckt. Die damals zuerst in der Architektur aufkommende Postmoderne sah im eigensinnigen Eklektizismus von Joze Plecnik ihr eigenes Vorhaben bestätigt. Scheinbar ähnlich wie Joze Plecnik griffen auch die postmodernen Schöpfer hemmungslos in die Schatzkiste der Kunstgeschichte, um die dort gefundenen Formsprachen für ihre Bauten zu verwenden. Während jedoch die Postmoderne auf der ideologischen Befreiung der übernommenen Formensprachen aufbaut, setzt die eklektizistische Übernahme die Mitnahme der ursprünglichen Inhalte und Bedeutungen voraus. In diesem Sinne befindet sich Plecniks solitäre Position näher an der eklektizistischen als an der postmodernen Rezeption der Tradition. Auch Joze Plecnik ist an der Mitnahme der geistigen Inhalte und auratischen Bedeutung der von ihm verwendeten Formenelemente interessiert, ja dies ist der eigentliche Sinn seines Eklektizismus.
Dennoch ist diese grundsätzliche Einordnung Joze Plecniks als Eklektizist zu relativieren, denn tatsächlich ist sein Gesamtwerk vor allem durch die eigensinnige Verwendung von Zitaten der früheren Baustile charakterisiert, die oft mit Formelementen aus der Volks-, vor allem der slawischen Kunst angereichert werden. In diesem Sinne steht Plecniks Vorgehensweise näher an der modernen Vorgehensweise von Pablo Picasso und George Braque als an der eklektizistischer Architekten des 19. Jahrhunderts: Ähnlich wie die beiden Kubisten verändert auch Joze Plecnik die bekannten formalen Elemente aus der Geschichte der Architektur radikal (er verändert die Proportionen der antiken Säulen, verstellt mit Stützen freie Durchblicke, mischt die Regeln der Bauordnungen, kombiniert Formelemente verschiedener Stile etc.) und stellt sie in neue Zusammenhänge, die ihre ursprüngliche Systematik völlig außer acht lassen.
Joze Plecnik begann 1894 im Atelier von Otto Wagner an der Akademie der bildenden Künste zu studieren. Otto Wagner repräsentierte die hohe Wiener Schule, die sich als „Moderne im Rahmen der Tradition“ bezeichnen ließe. Wagners Spruch „Artis sola domina necessitas“ (Die Kunst wird von der Notwendigkeit bestimmt) wandelte Plecnik später ab in „Die Notwendigkeit ist mehr als das, was die Industrie braucht“. Ein umfassendes Studium Semperscher Schriften (Gottfried Semper 1803-1879) bestätigte den Architekten in seiner Überzeugung, daß die Architektur – soll sie stilbildend sein – einem höheren Gesetz folgen muß. Der Sempersche Funktionalismus bleibt für Plecnik ein Leben lang die Basis seines Schaffens. Eine weitere wichtige Quelle, die Plecniks Schaffen wesentlich beeinflußte, war das Bewußtsein seiner slawischen Zugehörigkeit. In der damaligen Atmosphäre der zunehmenden Germanisierung fand er, daß in den unterdrückten Slawen „eine leidende und stille Energie“ stecke, die bald zum Ausbruch kommen werde. Das Gefühl seiner Zugehörigkeit zum Slawentum und seine Bewunderung für die tschechische Geschichte blieben für ihn immer eine wichtige Quelle schöpferischer Kraft.
1900 bis 1910 ist er als selbständiger Architekt in Wien tätig. Von 1911 bis 1921 arbeitet er als Professor an der Prager Kunstgwerbeschule und von 1920 bis 1936 steht er als Burgarchitekt dem ersten Präsidenten der Tschechoslowakei, Tomás Garrigue Masaryk, zur Verfügung. Nachdem in der Tschechoslowakei der Einfluß der funktionalistischen Moderne immer stärker wurde, orientierte er sich in Richtung seiner Heimat. Seit 1925 arbeitete er neben Prag auch in Laibach/Ljubljana, und als er dort Professor wurde, verlagerte er 1936 seine gesamte Tätigkeit dorhin.
Die Ausstellung im Kunstforum Ostdeutsche Galerie (bis zum 25. Juli), die vom Museum für Architektur in Laibach/Ljublana zusammengestellt wurde, zeigt alle drei Schaffensphasen Plecniks und führt somit den Besucher durch das höchst interessante Lebenswerk des Architekten. Im Herbst 2004 wird die Ausstellung auch im Museum für Architektur in Breslau zu sehen sein.
Pavel Liska (KK)

Vielfalt in aller Bescheidenheit
Bilder von Hans Kuttner im Stuttgarter Haus der Heimat
Am 26. September 1903 wurde der Maler und Grafiker Hans Kuttner in Marienbad im Egerland geboren. Er verstarb 1990 in Bad Cannstatt und hinterließ ein umfangreiches und vielseitiges Werk. Sein Enkel Armin Pohl hat eine Retrospektive zusammengestellt, die bis zum 11. Juni 2004 im Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg in Stuttgart unter dem Titel „Hans Kuttner, Leben und Werk“ zu sehen ist.
Hans Kuttner wurde besonders durch seine Landschafts- und Städteaquarelle bekannt, die den Betrachter durch ihre emotionale Tiefe, ihre fein beobachtete Lichtstimmung, ihren Detailreichtum und ihre Zeitlosigkeit für sich einnehmen. Über diese Werke hinaus gibt diese Ausstellung erstmals einen vollständigen Überblick über sein gesamtes Schaffen, das bisher nur sehr wenigen Personen in diesem Umfang bekannt war.
So werden figürliche Arbeiten und freie Malereien ebenso gezeigt wie Auszüge aus seinen Arbeiten als Grafiker, Plakatmaler und Fotograf. Auch als Kalligraph und Gedichtautor hat sich der vielseitig interessierte und talentierte Hans Kuttner immer wieder betätigt. Außerdem wird zum ersten Mal im Zusammenhang mit seinen Werken der persönliche Lebensweg von Hans Kuttner beleuchtet, der durch Krieg, Gefangenschaft und Vertreibung voller tiefgreifender Ereignisse und Umwälzungen war. Um diesen komplexen Verknüpfungen zwischen dem Künstler Hans Kuttner und dem Familienvater, Sportler oder Soldaten Hans Kuttner gerecht zu werden, ist die Ausstellung nicht starr chronologisch aufbereitet, sondern in Themenbereiche gegliedert. Neben einem Abschnitt, der sich dem jugendlichen Künstler widmet, sind so bewegende Zeitabschnitte wie seine Kriegsjahre als zeichnender Chronist in Rußland oder sein Blick voll Sehnsucht und Trauer auf das Deutschland der späten vierziger Jahre jeweils zu Gruppen zusammengefaßt.
Auch heitere Werke wie sein illustriertes Fußballspiel, das er für seine Kinder schuf, Auszüge aus seiner Zwergenserie oder seine Illustrationen zu Goethes „Faust“ sind zu sehen und belegen Hans Kuttners Vielseitigkeit, die stets auf höchstem handwerklichen Niveau zum Ausdruck kam. Der Ausstellungskatalog kann in der Ausstellung oder bei Renate Pohl, Telefon 0 71 51 / 5 41 56, bezogen werden.
(KK)

Eugen Spiro in Ost und West
Im September/Oktober 2002 zeigte das Historische Museum der Stadt Breslau in den Räumen des berühmten Rathauses das malerische Werk des vor allem für seine Porträts und Landschaften hochgeschätzten Spätexpressionisten Eugen Spiro, eines Landsmannes.
Spiro ist am 18. April 1974 in Breslau geboren. Über Berlin führte ihn der Weg der Emigration 1940 in die Vereinigten Staaten.
Zur Eröffnung der Ausstellung sprach der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Thomas Matusseck, und nannte die Ausstellung ein Zeichen der deutsch-polnischen Verständigung.
Im Gegensatz zur Breslauer Ausstellung konnte in London im Jüdischen Kulturzentrum auch das Porträt von Gerhard Hauptmann aus dem Centre Pompidou in Paris gezeigt werden.
An Deutschland ist die Retrospektive des Werkes von Eugen Spiro allerdings bis jetzt vorbeigegangen. Der Maler, dessen Porträt des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss in der deutschen Botschaft in Washington hängt, starb 1972 in New York. Daß die beiden Ausstellungen zustande kamen, ist vor allem seinem Sohn Peter Spiro zu danken, der 80jährig in London lebt.
(KK)

KK-Notizbuch
Die Sendung Alte und neue Heimat des Westdeutschen Rundfunks, jeweils sonntags von 9.20 bis 10 Uhr auf WDR 5, bringt am 6. Juni einen Bericht von Florian Kellermann über die Ukraine, „ein Land zwischen Ost und West“, und am 13. Juni Eindrücke aus dem Alltag der Rentner in Bulgarien von Thomas Frahm. Am 20. Juni widmet sich Ulrike Gropp der Zwangsfreundschaft zwischen Polen und der DDR unter dem Titel „Szenen einer Ehe“.

Der Arbeitskreis für Schlesische Musik lädt für die Woche vom 9. bis zum 14. August zu seiner Tagung in Altenberg ein, die in diesem Jahr dem Thema „Breslau/Wroclaw“ gewidmet ist. Anmeldungsformulare erwartet Dora Gallus, Mahlsdorfweg 53, 30179 Hannover, Telefon 05 11 / 6 04 27 72.

Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg zeigt „Konstruktive Metallarbeiten“ der 1937 in Neisse geborenen Künstlerin Inge Regnat-Ulmer.

Das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen-Hösel stellt bis zum 13. Juni Bilder von Andrzej Cisowski, einem Meisterschüler von A.R. Penck, aus. Parallel ist hier „Schlesisches Silber des 17. bis 19. Jahrhunderts“ zu sehen. Der Großteil der Exponate stammt aus Breslau, Hirschberg und Neisse.

Das Deutsche Kulturforum östliches Europa zeigt vom 27. Mai bis zum 18. Juni im Ausstellungsforum im Architekturgebäude der Technischen Universität Berlin eine Ausstellung mit rund 50 großformatigen Farbfotografien der schlesischen Friedenskirchen in Schweidnitz und Jauer.
Der diesjährige Georg-Dehio-Buchpreis geht an Karl Schlögel für sein publizistisches Gesamtwerk und an Gregor Thum für sein Buch „Die fremde Stadt. Breslau 1945“.

Das Haus Schlesien in Königswinter lädt in seiner seit acht Jahren laufenden Reihe „Gespräche über Schlesien“ für den 2. Juni, 19 Uhr, ein zu einer Veranstaltung mit dem Exekutivdirektor des Umweltprogramms (UNEP) und Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen, Professor Dr. Klaus Töpfer, geboren 1938 im schlesischen Waldenburg. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa wird am 6. Juni um 15 Uhr der „Literarische Reiseführer Breslau“ vorgestellt und die Fotoausstellung von Mathias Marx, „Breslau/Wroclaw. Augenblicke einer Stadt“ eröffnet, die bis zum 29. August zu sehen sein wird.

Rüdiger Goldmann, Mitglied im Stiftungsrat des OKR, hat im Namen der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU Düsseldorf zu einer Spendenaktion für eine Gedenktafel für die Vertriebenen aufgerufen und schon 20 Spenden sowie die Zusage des Oberbürgermeisters Joachim Erwin erlangt, daß die Stadt Düsseldorf die gesamten Herstellungskosten übernimmt.
(KK)