KK1180 Seite 2:
Deutsche und Russen in der Geschichte
Altvertraute Fremdheit
Das Bonner Haus der Geschichte zeigt „Spuren – Sledy“ von „Deutschen und Russen in der Geschichte“
Butterbrot, Rucksack, Datscha oder Troika – zahlreiche Lehnwörter in der russischen und deutschen Sprache dokumentieren die engen Verflechtungen in der Geschichte beider Völker. Seit Jahrhunderten gibt es vielfältige politische, wirtschaftliche und vor allem kulturelle Verbindungen zwischen Russen und Deutschen. Diesen Spuren der deutsch-russischen Beziehungen und ihrer tiefen Zäsur durch den Zweiten Weltkrieg nachzugehen hat sich das Haus der Geschichte in der Ausstellung „Spuren – Sledy. Deutsche und Russen in der Geschichte“ zur Aufgabe gemacht.
Rund 800 Exponate lenken den Blick auf Gemeinsames und Trennendes im Verhältnis beider Völker. Anhand signifikanter Beispiele – von der Bauhausarchitektur in Moskau bis hin zur „Russendisko“ in Berlin – wird ein thematisch weit gefaßter Querschnitt deutsch-russischer Begegnungen präsentiert. In allen Bereichen von Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft werden Belege eines vielfältigen Austauschs sichtbar gemacht: die russische Siedlung Alexandrowka in Potsdam als Symbol preußisch-russischer Freundschaft, das Leben der russischen Emigranten in Berlin in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts, die Geschichte der deutschen Gemeinde in Moskau vor dem Ersten Weltkrieg, die Situation der ausgesiedelten Rußlanddeutschen in der Bundesrepublik, um nur einige „Spuren“ herauszugreifen.
In vielen Bereichen der Ausstellung treten die Widersprüche im deutsch-russischen Verhältnis offen zutage. Persönliche Beziehungen, z. B. die „Wahlverwandtschaft“ von Heinrich Böll mit Lev Kopelev, kontrastieren mit der staatlich verordneten Freundschaft im Sozialismus, wie sie in der „Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft“, der zweitgrößten Massenorganisation der DDR, institutionalisiert wurde. Widersprüchlich auch der Umgang mit den Umwälzungen des Zweiten Weltkrieges, der tiefe Spuren in den deutsch-russischen Beziehungen hinterlassen hat und die gegenseitige Wahrnehmung zum Teil bis heute prägt. Der Streit um die Gestaltung der 750-Jahr-Feier der Stadtgründung von Königsberg (vgl. KK 1166) ist symptomatisch hierfür.
Obwohl die Ausstellung den verengenden Blick auf die traumatischen Erfahrungen von Krieg und Diktatur vermeidet, gelingt es ihr nicht, dem Thema der deutsch-russischen Beziehungen historische Tiefenschärfe zu verleihen. Die Spuren der Begegnung von Russen und Deutschen reichen viel tiefer in die Geschichte zurück, als es die Ausstellung erahnen läßt, die nicht weiter als bis zur Zeit Katharinas II. zurückgeht.
Damit man sich ein fundiertes Bild über „Deutsche und Russen in der Geschichte“ machen kann, müssen tausend Jahre Nachbarschaft in den Blick genommen werden. Schon im frühen Mittelalter gab es, vor allem auf der Grundlage des hanseatischen Handels, rege Kontakte zwischen Deutschen und Russen. Spuren dieser überwiegend friedlichen Beziehungen zwischen deutschen und russischen Kaufleuten finden sich seit dem 12. Jahrhundert in den nordwestrussischen Städten Novgorod und Pskov. Auf der anderen Seite prägten militärische Konflikte zwischen dem Deutschen Orden und der Rus das Bild vom Nachbarn. Hinzu kamen religiöse Gegensätze zwischen der orthodoxen und der lateinischen Christenheit, die seit dem Schisma von 1054 gespalten war. Vielschichtigkeit und Ambivalenz kennzeichnet also bereits die frühe Begegnung beider Völker, in der sich sodann über die Jahrhunderte Phasen der Annäherung und der radikalen Verfeindung und Entfremdung abwechseln. Die beiderseitigen Klischees und Vorurteile, denen die Ausstellung nachspüren will, haben bereits in den mittelalterlichen Chroniken und Reisebeschreibungen einen Niederschlag gefunden. Und nicht zufällig wird Alexander Nevskij, der dem Deutschen Orden 1242 auf dem Eis des Peipussees eine vernichtende Niederlage zufügen konnte, bis heute als russischer Nationalheiliger verehrt.
Die im Bonner Haus der Geschichte gezeigte Austellung „Spuren – Sledy“ ist eine von rund 350 Veranstaltungen, die im Rahmen der deutsch-russischen Kulturbegegnungen 2003/2004 in beiden Ländern stattfinden. Die Ausstellung ist noch bis zum 12. April 2004 zu sehen.
Julia aus der Wiesche (KK)



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Polnische Studentin schreibt die Geschichte der Landsmannschaft Berlin-Mark Brandenburg
„Die Geschichte der Landsmannschaft Berlin-Mark Brandenburg seit 1990“
heißt der Titel einer Diplomarbeit im Fach Kulturwissenschaften der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt an der Oder. Autorin ist die Polin Ewa Ochiejewicz. Der Untertitel: „Wandel im Zeichen der Vereinigung und der EU-Osterweiterung“. Auf 90 Seiten werden Entstehung und Organisation der Landsmannschaft dargestellt, dies ist zum Verständnis sowohl der politischen als auch der organisatorischen Strukturen notwendig. Es wird nicht ausgespart, wie das kommunistische Polen und die kommunistische DDR die gesamte Vertreibung der Deutschen ausklammerten.
Die Autorin hat die Geschichte der Landsmannschaft und ihre organisatorischen Strukturen genau und objektiv dargestellt. Das Schwergewicht der Arbeit liegt auf der Entwicklung nach der Wende, als die Landsmannschaft als erste aller Landsmannschaften über die Oder in die alte Heimat ging, deutsch-polnische Seminare veranstaltete, mehr als 40 Denkmäler, Gedenksteine und Gedenktafeln in deutscher und polnischer Sprache errichtete. Aber auch die Veränderung der jahrelang einstimmig von allen Gremien getragenen Konzepte, die Bundessprecher Werner Bader entwickelt hatte, und die beginnenden Probleme für das „Haus Brandenburg“ werden dargestellt.
Als Quellen benutzt die Autorin die Veröffentlichungen des Märkischen Informationsdienstes der Landsmannschaft, den Günter Kirbach, der langjährige Bundesgeschäftsführer, gestaltete, („die Rundbriefe bilden somit eine der wichtigsten Grundlagen meiner Untersuchung“) und Artikel von und Interviews mit Werner Bader, dem Bundessprecher mit der längsten Amtszeit, dem gegenwärtigen Bundessprecher Wangnick, dem Buchautor Jörg Lüderitz.
Das Buch ist für 20 Euro plus Porto beim Kulturförderverein Mark Brandenburg, Lindenstraße 3, 14728, Görne zu beziehen.
(KK)


KK1180 Seite 4:
Lager und „Isolationsplätze“ für Deutsche
Der polnische Historiker Witold Stankowski untersucht die staatlich betriebene Ausgrenzung der Deutschen im Nachkriegspolen
Unterlag in der Nachkriegsgesellschaft Polens die Vertreibung der Deutschen im allgemeinen einer weitgehenden Tabuisierung, so galt dies im besonderen Maße für das Schicksal derjenigen Teile der deutschen Zivilbevölkerung, die in der Zeit von 1945 bis 1950, bisweilen jahrelang, in polnischen Lagern eingesperrt waren und dort zur Zwangsarbeit herangezogen wurden. Man wußte nichts von den Lagern für Deutsche oder wollte nichts hiervon wissen, und es verwundert nicht, daß erst nach der politischen Wende von 1989/ 90 die Lager zum Gegenstand historischer Forschung in Polen werden konnten. Bei aller Kritik an den Einzelergebnissen wird man Edmund Nowaks Untersuchung „Cieñ £ambinowic“ (Der Schatten von Lamsdorf) von 1991 als wichtige Pionierarbeit werten dürfen. Diese Arbeit fand freilich zunächst nur wenig Nachhall in der polnischen Geschichtswissenschaft. Doch auch auf deutscher Seite blieb in der Folge von Heinz Essers spektakulärer „Hölle von Lamsdorf“ (1969) die Beschäftigung mit den von Polen betriebenen Lagern für Deutsche auf wenige Publikationen beschränkt. So folgten auch hier erst nach der Wende von 1989/90 die „Schattenjahre in Potulitz 1945“ von Hugo Rasmus (1995) und „Die Rache der Opfer. Deutsche in polnischen Lagern 1944-1950“ von Helga Hirsch (1998).
Bemerkenswert ist nun, daß Witold Stankowski, am Historischen Institut der Akademia Bydgoska /Akademie Bromberg tätig, im Jahre 1966 geboren und damit Vertreter der jüngeren polnischen Historikergeneration, binnen kurzer Zeit gleich zwei wichtige Arbeiten zum Thema vorgelegt hat: 2001 erschien bei der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen der Band „Lager für Deutsche in Polen am Beispiel Pommerellen/Westpreußen (1945-1950)“, eine Durchsicht und Analyse der polnischen Archivalien. Hier wurde nicht nur eine erste Einführung in die Thematik versucht, sondern vor allem eine umfassende Bestandsaufnahme dessen geleistet, was an schriftlichen Zeugnissen aus den Lagern, den chaotischen Nachkriegsverhältnissen zum Trotz, erhalten geblieben ist, zudem wurden zentrale Dokumente, auch in deutscher Übersetzung, vorgestellt.
2002 nun brachte Stankowski im Verlag der Akademia Bydgoska einen 414 Seiten starken Band heraus: „Obozy i inne miejska odosobnienia dla niemieckiej ludnosci cywilnej w Polce w latach 1945-1950“ (Lager und andere Isolationsplätze für die deutsche Zivilbevölkerung in Polen in den Jahren 1945-1950). Auf der Grundlage der von ihm aufgespürten polnischen Archivalien, aber auch sich auf deutsche Quellen stützend und diese durch die Befragung von Zeitzeugen ergänzend, erarbeitete Stankowski eine umfassende, also nicht auf eine bestimmte Region konzentrierte Untersuchung, die er für den des Polnischen unkundigen Benutzer mit einem Inhaltsverzeichnis und einer Zusammenfassung der Ergebnisse in deutscher Sprache versah.
Um die polnischen Lager in die historischen Zusammenhänge einordnen zu können, gibt der Autor zunächst einen Überblick über die Internierungspraxis der Alliierten in ganz Europa und in der Sowjetunion, inklusive des besetzten Deutschland. Ging es Stankowski zufolge den westlichen Alliierten um den Vollzug ihres Programms einer „Re-education“ der deutschen Bevölkerung, so stand in den Lagern des sowjetisch dominierten östlichen Europa die Ausgrenzung der Deutschen aus der Gesellschaft im Vordergrund der Maßnahmen. Bei den unter polnischer Verwaltung stehenden Anlagen unterscheidet Stankowski zwischen den wenigen eigentlichen, mit Kommandanturen, Verwaltungen und Wachmannschaften ausgestatteten „Lagern“ und den zahlreichen, oft improvisierend auf landwirtschaftlichen Gütern eingerichteten „Isolationsplätzen“. Von letzteren, die lediglich für die vorübergehende Internierung vorgesehen waren, besaß das zuständige polnische Ministerium für Öffentliche Sicherheit (MBP) nicht selten keinerlei Kenntnis. Übrigens waren viele Lager und Isolationsplätze nicht ausschließlich für deutschen Zivilpersonen bestimmt, vielmehr sperrte man dort auch Kriegsgefangene sowie politisch mißliebige polnische Personen ein.
Einen Großteil des Werks nimmt die eingehende Beschreibung der vergleichsweise gut dokumentierten großen Lager ein, unter denen für den nördlichen Bereich das zentrale Arbeitslager in Potulitz/Potulice herausragt. Für den schlesischen Raum ist neben Lamsdorf/ Lambinowice vor allem das Lager in Schwientochlowitz/Swietochlowice zu nennen, für den zentralen und südlichen Teil Polens sind es die Lager Jaworzno und Lodz-Sikawa. Der Autor widmet sein besonderes Augenmerk dem mühseligen Alltag der hier wie auch in den verstreut gelegenen Isolationsplätzen lebenden Menschen. Als Ursache für die allerorten herrschende hohe Mortalitätsrate benennt er die vielfach katastrophalen Lebens- und Arbeitsbedingungen, die sanitären Verhältnisse sowie die mangelnde medizinische Versorgung, darüber hinaus die häufigen Mißhandlungen und Repressalien. Wie viele Menschen in den Lagern ihr Leben ließen – in diesem Punkt divergieren die Angaben in der bisherigen deutschen und polnischen Literatur erheblich –, sucht der Autor sachlich anhand der vorliegenden Schriftquellen abzuschätzen.
Obwohl man der Zwangsarbeit der in den Lagern einsitzenden Deutschen eine bedeutende Rolle für die Entwicklung der Nachkriegswirtschaft zumaß, war sie offenbar alles andere als effizient und brachte dem polnischen Staat eher Verluste als Gewinne ein – dies nicht zuletzt als Folge der bei manchen Lagerverwaltungen herrschenden Korruption. Eine Auflösung der Lager erschien schon aus diesen Gründen geboten. Sie verlief in den Jahren 1949/50 parallel zu den großangelegten „Aussiedlungsaktionen“ der verbliebenen Deutschen. Einige der Lager, wie Potulitz und Jarzowo, wurden zu Gefängnissen umgebaut, der Großteil aufgelassen.
Tabellen, Illustrationen, Photos und zitierte Dokumente ergänzen Stankowskis profunde Darstellung der Lager und Isolationsplätze für Deutsche, die dazu beitragen könnte, in Polen und in Deutschland immer noch vorhandene Reste der Scheu vor einer Begegnung mit den dunklen und den schmerzhaften Kapiteln der Vergangenheit abzubauen. Es ist zu wünschen, daß junge Historiker hier wie dort gemeinsam den von Stankowski aufgezeigten Weg weiter verfolgen werden. Eine deutsche Übersetzung des Werks wäre insbesondere für die zahlreichen Menschen von Wert, die selbst, oder deren Familien die „Schattenjahre in Potulitz“ und anderen Lagern durchleiden mußten.
(Witold Stankowski, Obozy i inne miejska odosobnienia dla niemieckiej ludnosci cywilnej w Polce w latach 1945-1950, Bydgoszcz 2002, ISBN 83-7096-437-0, € 26,00)
Ernst Gierlich (KK)



KK1180 Seite 6:
Nationalität: schlesisch
Überraschend viele Menschen in Schlesien nutzen bei der Volkszählung eine Lücke in der offiziellen Sprachregelung und nennen sich schlesisch
Das Erstaunen war groß, als die Auswertungen der polnischen Volkszählung von 2002 im Sommer vorigen Jahres bekannt gemacht wurden, denn die größte nationale Minderheit in Polen sind demnach die Schlesier. „Wo kommen die denn her“, fragte die renommierte polnische Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ verwundert ob der neuen Zahlen, denn 173 200 Menschen hatten sich zur schlesischen Nationalität bekannt. Damit wären die Schlesier die stärkste nationale Minderheit in Polen, noch vor der deutschen Volksgruppe mit 152 900 Angehörigen.
Wären, denn ob die Schlesier nun überhaupt eine nationale Minderheit sind, bleibt weiter dahingestellt. Zwar gibt es im polnischen Minderheitengesetz keine Definition, die juristisch eindeutig klarstellt, was eine nationale Minderheit überhaupt ausmacht, dennoch gibt es seit Jahren Bestrebungen um eine Anerkennung. Im Juni 1997 hatte nämlich bereits eine Gruppe junger Intellektueller um den Kunsthistoriker Jerzy Gorecki beim Gericht in Kattowitz den Verband der Bevölkerung schlesischer Nationalität (Ziazek Ludnosci Narodowosci Slaskie – ZLNS) registrieren lassen, doch das Appellationsgericht hob diese Zulassung in zweiter Instanz wieder auf. Der Oberste Gerichtshof Polens bestätigte die Ablehnung mit der Begründung, es gebe keine schlesische Nationalität.
Das wollte die RAS (Ruch Autonomii Slaski), die Bewegung für ein autonomes Schlesien, welche die Forderung nach Registrierung betrieben hatte, so nicht hinnehmen und zog vor das Menschenrechtstribunal des Europäischen Gerichtshofes in Straßburg, das aber vor zwei Jahren Warschau Recht gab. Einen ersten Erfolg erstritt die RAS im Juli 2003, als die Große Kammer des Tribunals den Einspruch zuließ, womit die „Sache Schlesier gegen Polen“ nun auch in Straßburg in die Berufung geht. Die neuen Zahlen kommen da dem RAS-Vorsitzenden Jerzy Gorecki zur Berufungsverhandlung gerade recht.
Erwartet allerdings hatte diese Zahlen nicht einmal die RAS, denn dort war man von allenfalls etwa 10 000 Bekenntnis-Schlesiern ausgegangen, nachdem gerade noch rechtzeitig vor der Volkszählung Warschau grünes Licht gegeben und es den Bürgern gestattet hatte, die Fragebogenrubrik Nationalität nach eigenem Identitätsempfinden auszufüllen, also wenn gewünscht auch „schlesisch“ einzutragen. Das völlig unerwartet starke Bekenntnis zu einer schlesischen Nation ist auch ein Denkzettel an die Adresse der polnischen Regierung für die jahrzehntelange Vernachlässigung und die ungelösten wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Region. Zwar wurden die Ergebnisse bisher noch nicht weiter sozial und regional aufgeschlüsselt, eines aber scheint deutlich zu sein: Wo man sich zur schlesischen Nation bekannte, dürfte damit Oberschlesien gemeint sein.
Betrachtet man nun die nackten Zahlen, trifft man auf ein interessantes Phänomen. Bei nur 153 000 Menschen, die sich als Deutsche betrachten, gaben doch 205 000 an, Deutsch als häusliche Sprache zu verwenden. Es wird also deutlich: Viele der Schlesier, die sich bei der Volkszählung zur schlesischen Nationalität bekannten, müssen gleichzeitig Mitglieder von Organisationen der deutschen Minderheit sein und auch im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft. Nach neuesten Zahlen gibt es mehr als 280 000 Menschen in Polen, die neben ihrem polnischen auch einen deutschen Paß besitzen. Gerade das scheint zu einer differenzierten Sicht vor allem sowohl unter jüngeren als auch unter gebildeten Schlesiern geführt zu haben, die mit ihrem „roten Paß“ in der Bundesrepublik Deutschland zu polnisch waren und in der schlesischen Heimat zu deutsch. Als sie nun wählen konnten, bekannten sie sich als das, was die Besonderheit dieses Sitzens zwischen allen Stühlen ausmacht: Sie fühlen sich als Schlesier.
Ratlosigkeit herrscht allenthalben, was soll man nun eigentlich mit diesem Ergebnis anfangen? Ist es wirklich gegen Polen oder Deutschland gerichtet, oder nur unzufriedener Protest? Bekennen sich die Menschen, die Schlesien als ihre Nation ansehen, nur besonders stark zu einer regionalen Identität, die in einem Europa der Regionen durchaus Zukunft haben könnte, oder wollen sie wirklich eine Autonomie, die im Grunde keines der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und strukturellen Probleme vor allem Oberschlesiens lösen könnte?
Folgen könnte dieses Votum für die deutschen Schlesier auf finanzieller Ebene haben, erhielten doch die Organisationen der deutschen Minderheiten, besonders der Verein Deutscher Gesellschaften (VDG) in Oppeln seit 1991 Jahr für Jahr Millionensummen von der Bundesregierung überwiesen. Damit wurden neben der Förderung der eigenen Kultur und Sprache Ausgaben für die kommunale Infrastruktur und für Soziales bestritten.
Das Argument, die Deutschen hätten Angst gehabt, sich zu ihrem Deutschtum zu bekennen, wird es schwer haben, denn es gab keine Regierungskampagnen, die Ängste hätten schüren können. Über die Gründe, warum der Wille fehlte, sich zur deutschen Abstammung zu bekennen, kann einstweilen nur gemutmaßt werden, genauere Untersuchungen liegen nicht vor.
Wenn man nun in Berlin auf die Idee käme, die gezahlten Summen den Ergebnissen der polnischen Volkszählung anzupassen, hätte das negative Auswirkungen auf die Kulturarbeit. Folgen haben könnte das auch für die Präsenz der Deutschen im polnischen Parlament, denn werden die Schlesier als nationale Minderheit anerkannt, könnten auch sie bei Parlamentswahlen die Befreiung von der Fünfprozentklausel beanspruchen. Ob dann Henryk Kroll und Helmut Pazdzior, die letzten noch verbliebenen Abgeordneten der deutschen Minderheit, den Sprung in den Sejm noch einmal schaffen könnten, bleibt offen.
Brigitte Jäger-Dabek (KK)

KK1180 Seite 8:
Grenzfall Grenzstadt
Es gibt wieder Hoffnungen, daß Küstrin/Kostrzyn zu polnisch-deutschem Leben erweckt werden könnte
Es gibt wieder Hoffnung für Küstrin. Freilich, die meisten unserer Zeitgenossen wissen mit diesem Namen kaum etwas anzufangen. Und schaut man im Lexikon nach, so findet man beispielsweise im dreibändigen Brockhaus aus dem Milleniumsjahr 2000: „Küstrin (poln. Kostrzyn), Stadt an der Mündung der Warthe in die Oder, Polen, 16 000 Einwohner, u. a. Zellstoffindustrie.“ Sonst nichts. Nichts von der 400jährigen überaus interessanten Geschichte als brandenburgisch-preußische Festung, nichts von dem schlimmen Schicksal am Ende des Zweiten Weltkriegs (vgl. auch KK 1163), und auch die Beschreibung als „polnisch“ ist unzureichend. Denn diese Stadt wird durch die Oder und damit die deutsch-polnische Grenze geteilt; es gibt eine freilich kleine deutsche Vorstadtgemeinde. Darüber hinaus aber war Küstrin bis zum Abzug der sowjetischen Truppen aus Deutschland faktisch dreigeteilt: eine zwar auf deutscher Seite, aber zwischen zwei Oderarmen liegende Insel war sowjetisches Gebiet, ein immerhin größeres Areal, auf dem sich ursprünglich der Küstriner Bahnhof, eine ganze Artillerieeinheit und noch andere Bauwerke befanden. Die Kaserne jedenfalls ist noch weitgehend intakt, sie war ja von den Sowjettruppen bis zu ihrem Abzug benutzt worden. Heute stehen ihre Gebäude leer, ihr Zustand wird nicht besser.
„Wenn sich in Küstrin etwas grundsätzlich ändern soll, dann müssen wir eine neue Blickrichtung finden, nämlich auf das Gemeinsame als kulturhistorisch gewachsenes Ganzes, auf seine natürlichen und geschichtlichen Besonderheiten. Nur so lassen sich realisierbare Perspektiven und Konzepte entwickeln“, erläutert Hartmut Röder, Geschäftsführer der GKU Standortentwicklung GmbH, seinen Standpunkt. Mit Beginn dieses Jahres wurde sein Unternehmen damit beauftragt, ein Konzept zur Revitalisierung der Küstriner Oderinsel zu erstellen. Röders Team hat den Ehrgeiz, diesmal mit einem Konzept eine Entwicklung in Gang zu bringen, die zum Erfolg führt. Denn mindestens für die Bewohner der Gemeinde Küstriner Vorland geht es dabei um nichts weniger als um eine Perspektive für sich und ihre Kinder.
Küstrins Besonderheit bestand schon immer in seiner Lage an Oder und Warthemündung. Sie war der Grund dafür, daß die Stadt im 16. Jahrhundert zur Festung umgestaltet wurde; sie hat die weitere Entwicklung der Stadt über die Flußarme und Kanäle hinweg bestimmt, und die nach weitgehender Zerstörung durch die Russen im Siebenjährigen Krieg neu errichtete Altstadt mit Pfarrkirche, Markt und Schloß war ein städtebauliches Kleinod. Blütezeit der Stadt war das 19. Jahrhundert, in dessen zweiter Hälfte sich die östlich gelegene Neustadt kräftig entwickelte. Dies ist das heutige Kostrzyn, allerdings bestimmen hier inzwischen die nach 1945 errichteten Wohnblocks das Bild. Die Altstadt dagegen, also das kulturhistorisch wertvolle Küstrin – Festung, Stadt und Schloß – wurde im Frühjahr 1945 zur Trümmerwüste. Lediglich die Bastionen der Festung überdauerten das Inferno; von der Altstadt blieben nur Mauerreste, Kellereingänge und Reste der Pflasterung. Diese total zerstörte Altstadt auf polnischer Seite, auf deutscher Seite die tote Insel – beide schieben sich wie ein kilometerbreiter Streifen verwüsteter Erde zwischen die deutsche Gemeinde Küstriner Vorland und das polnische Küstrin/Kostrzyn. So ist die heutige Situation zu beschreiben.
Was Hartmut Röder vorfand, waren geradezu gegenläufige Tendenzen. „Auf polnischer Seite ist man durchaus optimistisch“, resümiert er. „In Kostrzyn hat sich eine beachtliche Entwicklung vollzogen, auch über den bis vor kurzem noch dominierenden Einkaufstourismus hinaus. Hier siedeln sich Investoren an, hier erhöht sich das Arbeitsplatzangebot. Aber eine wirkliche Zentrumsfunktion ohne das ursprüngliche Umland auf deutscher Seite ist dennoch problematisch.“ Hinzu kommt, daß die verwüstete Altstadt als Hypothek empfunden wird, man weiß um ihre historische Bedeutung und würde sie gerade deshalb gern aufwerten. Mit großem Einsatz wurde deshalb inzwischen die altstädische Straßenführung wieder freigelegt und erkennbar gemacht. Noch aber bleibt es eine Wüste.
Auf der deutschen Seite hat es inzwischen manche Anläufe zur Konversion und Revitalisierung der Oderinsel gegeben. Umweltfachleute haben sorgfältig das Kontaminierungsproblem untersucht, Immobilienfirmen nach Möglichkeiten der Vermarktung gefahndet – die Schwierigkeiten hatten bisher noch jeden abgeschreckt. Hartmut Röder nicht. „Eine Revitalisierung der Küstriner Oderinsel muß ebenso von ihrer geographischen Situation wie von ihren realen Entwicklungspotentialen ausgehen.“ Diese sind – das ergaben Röders Analysen – durchaus vorhanden, aber mit Hoffnungen und Wünschen lassen sie sich nicht zur Geltung bringen. „Die Küstriner Oderinsel ist nur als wirtschaftstouristischer Standort in einem gesamtregionalen Bezugsfeld Küstrin/Kostrzyn realisierbar, wenn man als Faktoren ihre Lage an der Schnittstelle zwischen Deutschland und Polen, ihre Geschichte als Teil des ursprünglichen Gesamtensembles der Stadt und Festung Küstrin und ihre gegenwärtigen Beschaffenheit zu Grunde legt.“
Dem entspricht die Konzeption, die von Röder und seinen Mitarbeitern erarbeitet wurde: nämlich die Entwicklung eines grenzübergreifenden touristischen Netzwerkes auf der Grundlage einer gemeinsamen Strategie der Gemeinde Küstriner Vorland und der Stadt Kostrzyn unter einer eigenständigen touristischen Marke; bisher wurde dafür als Arbeitstitel „Geschichts- und Kulturlandschaft Küstrin/Kostrzyn“ gebraucht.
Röders Team geht engagiert, aber sorgfältig vor. Es analysiert und entwickelt Strategien, wirbt und mobilisiert, weckt und bündelt deutsche und polnische Kräfte. Da könnte nach Röders Meinung ein symbolträchtiges Bauwerk, das in kürzerer Zeit gemeinsam errichtet wird, Signalwirkung haben. Und welches Bauwerk wäre dazu geeigneter als die Küstriner Marienkirche? In der Neumark gibt es inzwischen eine Reihe von Beispielen ähnlicher Art. Die Kirche wäre übrigens von der „Insel“ sehr gut zu sehen – und Tourismus lebt von anschaulichen Dingen.
Küstrin ist ein kleines, aber sehr gegenständliches Stück Preußen. Für seine Geschichte ist dies ganz elementar: Küstrin war eine brandenburgisch-preußische Festung, hier war ein markgräflich-brandenburgisches Schloß, hier wurde Katte enthauptet, hier, jedenfalls ganz in der Nähe, fand die Schlacht bei Zorndorf statt – Küstrin war bis 1945 ein „kleines Potsdam“. Aber Küstrin ist auch kennzeichnend für die Situation Preußens heute: „Nur“ noch als Kulturlandschaft beiderseits der deutsch-polnischen Grenze bestehend, verkörpert es den Anspruch auf ein klassisches Europäertum, das weit mehr ist als Europäische Union, Euro und kontinentaler Markt. Dieses Europäertum könnte den Menschen meinen, der die Kraft entwickelt, über die Barrieren in den Köpfen hinweg zu achtungsvollem Miteinander zu finden. Insofern ist das Projekt der Revitalisierung der Küstriner Oderinsel ein spannender Vorgang. Es kann gelingen. Und es wird gelingen, wenn wir nicht nur zuschauen.
Joachim Winter (KK)



KK1180 Seite 10
Milde Traurigkeit und frischer Atem
Evangelische Kirche der schlesischen Oberlausitz geht auf in der Evangelischen Kirche Berlin–Brandenburg–schlesische Oberlausitz
Seit dem 1. Januar 2004 gibt es die „Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz“. In der Adventszeit davor lag Abschiedsstimmung in der Luft: Zum letzten Mal gab es Weihnachtsgrüße aus der „Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz“ (EKsOL). Zum letzten Mal erschien das „Amtsblatt“. Zum letzten Mal erschien „Die Kirche. Evangelische Wochenzeitung für die schlesische Oberlausitz“. Seit Neujahr 2004 gibt es diese kleine Kirche als selbständige Einheit nicht mehr. Ein Kapitel der schlesischen Nachkriegs-Kirchengeschichte ist an sein Ende gekommen. Natürlich gibt es darüber in der Oberlausitz und im übrigen Deutschland auch Wehmut und Trauer. Dieser Trauer braucht sich niemand zu schämen.
Sie kann aber gemildert werden und einer zukunftsgerichteten Einstellung Raum geben, wenn man sich klarmacht, daß eine weiterbestehende Selbständigkeit als Landeskirche mit gegenwärtig 50 Pfarrstellen und etwa 65 000 Gemeindegliedern vor allem personell eine Überforderung bedeutet hätte. Repräsentanz und Mitarbeit in Gremien und Ausschüssen von UEK (Union Evangelischer Kirchen), EKD, Ökumene, gegenüber staatlichen Stellen und gesellschaftlichen Einrichtungen wäre längerfristig sinnvoll kaum noch möglich, zumal in Zukunft sehr wahrscheinlich etwa durch die demographische Entwicklung oder durch Wegzug mit einem weiteren deutlichen Absinken der Kirchenmitgliederzahlen und damit auch der haupt- und ehrenamtlichen Amtsträger gerechnet werden muß.
Bis zur entscheidenden zweiten Abstimmung der Synode am 15. November 2003 in Jauernick-Buschbach ist von einer beachtlichen Minderheit, vor allem im Kirchenkreis Hoyerswerda, die Option eines Anschlusses an die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Sachsen favorisiert worden. Die Option hat sich nicht durchsetzen können und war auch von der Kirchenleitung in Görlitz nicht gewollt. Diese hatte sich vielmehr auf ein Zusammengehen mit Berlin–Brandenburg festgelegt und sowohl kirchliche als auch historische Argumente dafür geltend gemacht. Kirchlich war wichtig, daß die berlin-brandenburgische und die restschlesische Kirche gemeinsam der altpreußischen Union, die heute in der UEK aufgegangen ist, angehört und also bereits seit 1816 in einer engen kirchlich-theologischen Verbindung gestanden haben. Damals nach dem Wiener Kongreß wurde die Oberlausitz geteilt. Ein Teil verblieb beim Königreich Sachsen, während der östliche Teil der Preußischen (Kirchen-)Provinz Schlesien zugeschlagen wurde.
Auf die heutigen Befürworter einer Verbindung der EksOL mit der lutherischen Kirche Sachsens haben diese Argumente keinen besonders starken Eindruck gemacht. Jedenfalls haben sie sie nicht daran gehindert, bis zum Schluß die Option Sachsen festzuhalten. Ihr Hauptargument war, daß auf diese Weise die beiden im Freistaat arbeitenden Evangelischen Kirchen zu einer Einheit zusammengeschlossen würden und so auch organisatorisch-kirchlich zusammenkäme, was im alltäglichen Leben der Bevölkerung, in Wirtschaft, Verwaltung und Politik, ohnehin bereits zusammengehört.
Übersehen oder zu gering bewertet haben die Befürworter der sächsischen Variante allerdings neben den kirchlich-historischen Argumenten auch, daß bei diesem Weg für Schlesien kaum Spielraum geblieben wäre. Sachsen hat eine zentralistisch ausgerichtete Kirche, die den Regionen weniger eigenen Spielraum läßt, als das von Berlin-Brandenburg erwartet werden darf. Darum würde bei der sächsischen Lösung zwar die Wiedervereinigung der geteilten Oberlausitz stattfinden, Schlesien mit seiner langen und großen evangelischen Tradition aber bliebe außen vor.
Schon der Name der schlesischen Oberlausitz hätte in der sächsischen Kirchenverfassung keine Berücksichtigung erfahren. Daß er im Namen der neuen Kirche erscheint, zeigt das Bestreben, die schlesische Tradition weiterzuführen. Die bestehenden Verträge mit der Diözese Breslau/Wroclaw der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Polen, vor allem der „Schweidnitzer Vertrag“ vom März 1997, wurden übernommen und bleiben vollinhaltlich in Geltung. Um das Gewicht der schlesischen Oberlausitz hervorzuheben, soll das Kirchengebiet nicht (auf-)geteilt und Görlitz Sitz einer Generalsuperintendentur werden. Zugleich wird mit dieser Neubildung die schlesische Tradition Bestandteil der gesamtkirchlichen Tradition, für deren Bewahrung und Pflege sich die „Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz“ nunmehr insgesamt verantwortlich weiß. Das kann für die Schlesier längerfristig ein Vorteil sein.
Trotzdem wird man eine institutionell-landeskirchliche Traditionspflege auch nicht überschätzen dürfen. Ich selbst habe mein Berufsleben in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) verbracht, in der es sehr unterschiedliche Regionen gibt. Daher weiß ich, daß Regionen gut beraten sind, wenn sie die Pflege ihrer eigenen Traditionen nicht nur gesamtkirchlichen Einrichtungen überlassen, sondern zusätzlich und gezielt auch selbst in die Hand nehmen. In den Regionen wird naturgemäß auch das stärkste Interesse an den jeweiligen Überlieferungen bestehen. So werden die Potsdamer sich mehr für die Kirchengeschichte im Potsdamer und Berliner Raum erwärmen als für die niederlausitzische oder die oberlausitzisch-schlesische. Hier bleiben alle Schlesier gefragt und herzlich gebeten, mitzuhelfen – durch Mitarbeit, Überlassung von Materialien, Vermächtnisse, Spenden.
Konkret ist beabsichtigt, im Jahr 2004 eine „Kirchliche Stiftung zur Bewahrung, Vermittlung und Weiterführung der geistigen Tradition des Evangelischen Schlesien“ – offizieller Kurztitel: „Kirchliche Stiftung Ev. Schlesien“ – zu gründen. Stifter werden der rechtsfähige Nachfolger der EKsOL, die Gemeinschaft evangelischer Schlesier (Hilfskomitee) e. V. und der Verein für Schlesische Kirchengeschichte e.V. sein. In den Stiftungsrat sollen auch Vertreter aus dem polnischen und tschechischen Schlesien berufen werden. Die Gemeinschaft bringt in diese Stiftung unter anderem ihr Archiv ein, das jetzt im Pfarrhaus Groß Särchen bei Niesky von Pastor Dietmar Neß betreut wird. Dieses Archiv soll der Grundstock einer kleinen Forschungsstelle für die Evangelische Kirche und Kirchengeschichte in Görlitz werden und die bereits bestehenden schlesischen Einrichtungen wie zum Beispiel das Schlesische Landesmuseum, die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften und das Römisch-katholische Bistum von evangelischer Seite ergänzen und verstärken.
Zusammengenommen heißt das: Die evangelische schlesische Kirchengeschichte erlebt wieder einmal eine Zäsur, ist aber nicht an ihrem Ende. Mit Gottes Hilfe geht sie weiter, wenn auch in einem anderen Rahmen und mit Perspektiven, die es zuversichtlich aufzugreifen und auszugestalten gilt. Hoffentlich können wir in absehbarer Zeit mehr darüber berichten.
Christian-Erdmann Schott (KK)



KK1180 Seite 12:
Das ewig Vergängliche in Schwarzweiß
Zdenek Mateiciuc zeigt seine Sammlung von Fotos aus dem Leben aus dem Leben einer deutschen Familie unter dem Altvater
Die bereits im Sudetendeutschen Haus in München sowie in verschiedenen Städten in der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Österreich und der Tschechischen Republik gezeigte Ausstellung „Land unter dem Altvater“ wird vom 25. Januar bis zum 21. März 2004 im Haus Schlesien in Königswinter-Heisterbacherrott gezeigt. Sie wurde von dem Tschechen Zdenek Mateiciuc aus Odrau gestaltet und präsentiert Fotoabzüge von Glasplatten-Negativen mit Bildern aus dem Leben einer deutschen Familie um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in Sudetenschlesien – Eltern und Kinder, Freunde, Menschen bei der Arbeit und bei der Erholung sowie die Landschaft, in der sie lebten, arbeiteten und wanderten.
Sowohl die Ausstellung „Land unter dem Altvater“ und das Haus Schlesien mit seinem Museum und seiner guten Gastronomie als auch das unmittelbar angrenzende Siebengebirge und die Rheinlandschaft sollten Anlaß genug sein für einen Ausflug von Kreis- und Ortsgruppen der Sudetendeutschen Landsmannschaft oder anderer landsmannschaftlicher Gruppierungen aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen oder Niedersachsen.
Anmeldungen beim Museum für schlesische Landeskunde im Haus Schlesien, 53639 Königswinter-Heisterbacherrott (Frau Remig – Telefon 0 22 44 / 8 86-2 31).
(KK)



KK1180 Seite 13
Die Seelsorge und die seelische Not der Vertriebenen
Michael Hirschfeld: Katholisches Milieu und Vertriebene – eine Fallstudie am Beispiel des Oldenburger Landes 1945–1965, Böhlau Verlag , Köln 2002, 634 S., 64 Euro
Am Beispiel des Oldenburger Landes 1945–1965 untersucht die im Rahmen der „Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands“ herausgebrachte Dissertation von Michael Hirschfeld die Auswirkungen des Hereinströmens der Heimatvertriebenen auf das dortige katholische Milieu.
Die heutige Katholizismusforschung ist sich weitgehend darüber einig, daß die Säkularisierung der deutschen Katholiken bereits vor 1933 begonnen hat und durch die zwölf Jahre unter dem Nationalsozialismus nur kurzfristig gestoppt wurde. Hirschfelds sorgfältige Arbeit belegt nun für ein geographisch eng umgrenztes und in den prostestantischen Norden und katholischen Süden mehr oder weniger geteilten Landes, wie nach Kriegsende einheimischer Klerus und Neuankömmlinge, Schlesier, Ermländer und Sudetendeutsche, das vorhandene geschlossene katholische Milieu aufweichten. Die bisher gepflegte quasi offizielle Religiosität stieß mit der als „unsichtbares Fluchtgepäck“ mitgebrachten Volksreligiosität zusammen. Das führte so weit, dass in einigen Orten den Schlesiern die aus der Heimat gewohnte Christmette zugunsten der oldenburgischen weihnachtlichen Frühmesse versagt wurde.
Für die Kirche in Deutschland stellte sich das Problem, die Einheit und damit das katholische Milieu zu erhalten. Einerseits war sie für die Integration von Millionen Vertriebenen verantwortlich, andererseits beklagte sie – wie zum Beispiel Kardinal Frings in Briefen nach Rom –, daß ausgrechnet eine katholische Nation den Ostdeutschen ihre Heimat genommen hatte.
Mit einem riesigen kritischen Apparat, Karten, genauen Statistiken und Tabellen untersucht Hirschfeld in sieben – immer wieder unterteilten – Kapiteln das kirchliche Vereinsleben und die religiöse Brauchtumspflege als Milieubindefaktoren, sozial-karitative Organisationskonzepte der Hierarchie, karitativ-pastorale Konzepte und deren Rezeption auf der Mikroebene, außerordentliche innovative Seelsorgmethoden zur Stärkung der Milieukohärenz, interkonfessionelle Kontakte und ökumenische Annäherungen zwischen Milieuaufweichung und Milieustabilisierung, die Konfessionsschule als Milieugarantin und den Klerus als soziale Führungsschicht.
Eigens beschrieben wird die Gründung und Rolle des Hedwigwerkes, das von Teilen des einheimischen Klerus als eigene Interessenvertretung katholischer Heimatvertriebener abgelehnt wurde. Integration statt Separation hieß die Devise. Ein ostdeutscher Redner sprach es auf dem Bochumer Katholikentag 1949 deutlich aus: „Gerade in katholische Regionen seien ostdeutsche Katholiken mit besonderer Freude gekommen, hätten aber insbesondere dort die Erfahrung machen müssen, im kirchlichen Leben abgelehnt und an den Rand gedrängt worden zu sein.“ Genauso objektiv berichtet der Autor aber auch über die vielfältigen Bemühungen, durch den Neubau von Kapellen und Kirchen wie den Einsatz von Kapellenwagen, die Motorisierung der Geistlichen und katholische Siedlungsinitiativen die seelische und materielle Not der Vertriebenen zu lindern.
Als Bindekräfte würdigt Hirschfeld auf mehr als siebzig Seiten das aufopfernde Wirken der Vertriebenenseelsorger. Sie hielten fast ausnahmslos Kontakt zu ihren gleichfalls vertriebenen Heimatordinarien und stellten sich andererseits den Westordinarien zur Verfügung. Leider gingen nur wenige von ihnen freiwillig in die spätere DDR. Kurz geht der Autor auch auf die Gründung von Gymnasium und philosophisch-theologischer Hochschule für Heimatvertriebene in Königstein ein.
Hirschfeld kommt zwar einerseits zu einer negativen Bilanz, konstatiert das „Scheitern des interkulturellen Transfers zwischen katholischen Einheimischen und katholischen Vertriebenen“ und damit die Zerstörung des gewachsenen katholischen Milieus, andererseits sieht er Teile der Vertriebenen als „Vorhut des Konzils“.
Norbert Matern (KK)



KK1180 Seite 14:
So wisse denn, Leser: Man lebte zeitkonform
Horst Hiller: Nun danket alle Gott. Erinerungen an eine Jugend in Schlesien. Verlag Universitas in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung, München 2003, 243 S., 16,90 Euro
Ein Siebziger versetzt sich in die Rolle eines Volks- und Hauptschülers während der fünfeinhalb Jahre des Zweiten Weltkriegs. Schauplatz des Geschehens ist das diesem Krieg ferne niederschlesische Städtchen Parchwitz. Es liegt 15 Kilometer nordöstlich der Bezirkshauptstadt Liegnitz an der Katzbach kurz vor deren Mündung in die Oder. In diesem „Ackerbaustädtchen“, wie es in einem Reiseführer heißt, ist Horst Hiller, der sich im Buch Werner nennt, 1931 geboren.
In der Ankündigung des Buches erfahren wir, daß der Autor an der Technischen Hochschule in Dresden promoviert wurde, in der DDR einen Nationalpreis erhielt, nach einem mißglückten Fluchtversuch wegen Spionage verurteilt und nach sechs Jahren von der Bundesrepublik freigekauft wurde. Im Buch selbst ist von all dem nichts zu erfahren, der Autor erinnert sich vielmehr der Zeitgeschichte, wie er sie als Schuljunge erlebt hat.
In Parchwitz kennt zu jener Zeit jeder jeden, und die Parchwitzer werden die genauen Ortsbeschreibungen des Autors gewiß nachvollziehen können. Der größte Arbeitgeber ist eine Konservenfabrik, wo die Mutter von Werner und seinem jüngeren Bruder Günter kriegsdienstverpflichtet ist. Viel wird von der Schule und den Lehrern erzählt. Namen von Schulkameraden tauchen auf. Eine „Räuberbande“ wie bei Leonhard Frank oder eine „Rasselbande“, um einen schlesischen Ausdruck zu gebrauchen, waren diese Schuljungen nicht. Über ihre Wohlerzogenheit kann man nur staunen, vielleicht liegt das aber auch nur am versöhnlichen Bestreben, niemandem weh zu tun. Die Charakterisierung der Familienmitglieder, der Freunde und Bekannten fällt auch deshalb ein wenig farblos aus.
Man lebte zeitkonform, das soll dem Leser vermittelt werden. Das Buch hebt mit der Begeisterung an, mit der die zu Beginn des Zweiten Weltkriegs durch Parchwitz rollenden Truppen gegrüßt werden. Das Buch ist sogar nach Kriegsjahren eingeteilt, und das ist insofern verwunderlich, als das tatsächliche Kriegsgeschehen nur in knappen Fetzen Eingang findet. Zudem geht die Darstellung nicht über ein unkritisches Nachplappern von Nachrichten aus dem „Volksempfänger“ und der Wochenschau hinaus. Dabei wird erklärend und entschuldigend auf das Alter des ahnungslosen Werner verwiesen.
In der Schule wird zum Heroismus erzogen, unter Hinweis auf Vorbilder wie Friedrich den Großen – mit seiner auch ortsgeschichtlich interessanten Rede auf dem Schäferberg vor der Schlacht von Leuthen 1757 – oder den Seeteufel Friedrich Luckner. Hinzu kommen Erzählungen aus dem Ersten Weltkrieg und die Aktivitäten im Jungvolk der Hitlerjugend.
Bisweilen glaubt man ein Märchen zu lesen, zwar mit dramatischen und tragischen Akzenten, doch ist die Landschaft trotz der Todesnachrichten aus dem Krieg weiterhin abgelegen und entsprechend idyllisch, die Atmosphäre geruhsam. In Kursivdruck sind realistische Kommentare aus heutiger Sicht eingeblendet – wobei der tagespolitische Bezug oft kaum mit den Erinnerungen zusammenhängt. Bestimmt hat auch ein gerüttelt Maß an Phantasie mitgewirkt, dennoch ist ein authentisches Bild jener Zeit nicht nur in der schlesischen Provinz zustande gekommen.
Herbert Hupka (KK)



KK1180 Seite 15:
Wenn der Kausalnexus zum gordischen Knoten wird
Das Zweite Deutsche Fernsehen nahm den Jahrestag des Beginns der großen sowjetischen Offensive, die mit der Kapitulation des Deutschen Reiches und dem Sieg der Alliierten endete, zum Anlaß, am Tag danach den Film „Die große Flucht. Das Schicksal der Vertriebenen“ zu zeigen, 90 Minuten zur besten Sendezeit.
Entsprechend den Vertreibungslandschaften bestand der Film aus vier Teilen: Nach Ostpreußen folgten Pommern, dann Schlesien und das Sudetenland. Für jeden dieser Teile wurde ein dramaturgischer Schwerpunkt gesetzt. Für Ostpreußen war es die Tragödie des Untergangs der „Gustloff“, für Pommern die Auslöschung der Stadt Swinemünde im Bombenhagel, für Schlesien der Kampf um Breslau, für das Sudetenland die Vertreibung von Millionen Deutschen. Ohnehin war es nicht möglich, sich streng auf das Thema Flucht zu beschränken.
Der begleitende Text (Drehbuch Annette Tewes und Christian Deick) war dem grausamen Geschehen angemessen und den Fakten verpflichtet. Viele der unmittelbar Betroffenen kamen als Zeugen zu Wort. Auch wenn dieses Mal andere Autoren verantwortlich zeichneten als vor zweieinhalb Jahren, als „Die große Flucht“ vom Zweiten Deutschen Fernsehen schon einmal thematisiert worden war, wurden zu Recht erneut dieselben Zeugen – ob seinerzeit „Freund“ oder „Feind“ – ins Bild gebracht.
Einige Korrekturen müssen allerdings angebracht werden. Da nicht nur von der Flucht, sondern auch von der Vertreibung berichtet wurde, wurden wieder einmal die Ausgesiedelten und Vertriebenen aus Ostpolen, aus der Ukraine jenseits von Bug und San, die von Polen kriegerisch annektiert worden war, mit den Deutschen gleichgestellt, die über Jahrhunderte dort im Osten ihre Heimat hatten, ohne daß es deswegen zum Krieg gekommen wäre. Auch die wieder projizierte Kausalität zwischen der Ereignissen unter Adolf Hitler sowie Konrad Henlein und der 1945 erfolgten Vertreibung der Sudetendeutschen stimmt nicht, vor allem können die Vertreibungsverbrechen so nicht gerechtfertigt werden. Ohnehin wäre es erwägenswert, ob man bei der Behandlung des Themas nicht ohne das Bild Adolf Hitlers auskommen könnte.
Der Film, der zu den historischen Dokumentationen von Guido Knopp gehört, zeigte erneut, mit welchen persönlichen Schicksalen Mitbürger, die schwersten Leid erfahren und gottlob überlebt haben, belastet sind, und daß sie kaum Gelegenheit erhalten, darüber zu reden und sich so gleichsam zu befreien von der unmenschlichen Vergangenheit. Um so weniger begreift man, warum Flucht, Vertreibung und Bombenterror über die Jahrzehnte tabuisiert worden sind. In diesen anderthalb Stunden wurde im richtigen Ton und überzeugend deutsche Geschichte nachgezeichnet.
H. H. (KK)



KK1180 Seite 16:
Wer zählt die Bilder, nennt die Namen
Auktionen der Kölner Galerie Lempertz mit reichem Angebot an Werken ost- und mitteldeutscher sowie ostmitteleuropäischer Künstler

Trotz aller Klagen über die heutige Wirtschaftslage hört man von Galeristen auch Positives über den Kunsthandel. Man müsse freilich auf die Wünsche der Sammler achten und vor allem Qualität bieten. Ein Spiegelbild der gegenwärtigen Kunstszene waren die beiden Auktionen „Moderne Kunst“ und „Zeitgenössische Kunst“ des 1845 gegründeten Kunsthauses Lemperz zu Köln. Die Versteigerungen boten auch einem Publikum mit kleinem Geldbeutel Kunstwerke zu erschwinglichen Preisen an. Vielleicht sind die bescheidenen Preise eine Werbung für neue Kunden und Kunstfreunde. Die Kölner Auktionen und die Vorschau waren auch Anlaß für Diskussionen über Politik und Kunst. Der Name Arno Breker, in der Nazizeit auch „Bildhauer des Führers“ genannt, mag manchen an die Jahre der Diffamierung der sogenannten „Entarteten“ erinnern. Aber auch Objekte eines anderen Rheinländers stimmen bedenklich. Für 8000 Euro wurde in dieser Auktion ein „Eisenspaten mit Holzgriff und Brandzeichen“ angeboten, signiert Joseph Beuys. Seine „Signierte, gestempelte und numerierte Zeitschrift l’Espreo, in verzinktem und verglastem Eisenrahmen“, war für 2800 Euro zu haben.
Daß die Überschwemmung der Bundesrepublik mit Kunst, Pseudokunst und modischen Tendenzen aus den USA nach Jahrzehnten anscheinend zu Ende geht, offenbarten die Lempertz-Auktionen. Man denkt wieder an die europäische Kunsttradition. Erfreulich vor allem war die Tatsache, daß die Auktionen besonders nach dem deutschen Osten, Berlin und Osteuropa ausgerichtet waren. Natürlich waren in Köln rheinische Maler und Plastiker und Picasso, Braque, Chagall, Mondrian, Soulages, Niki de Saint Phalle u.a.vertreten. Aber Ber1in trat wieder ins Scheinwerferlicht. Einst war diese Stadt ja nicht nur Hauptstadt, sondern auch Metropole der modernen Kunst, Anziehungspunkt für Künstler aus dem ganzen Reich und dem Ausland, besonders aus Osteuropa. Im Dritten Reich gab es freilich nicht wenige Emigrationen ins Ausland, und nach dem Krieg förderte die Teilung Berlins in Ost und West die Übersiedlung in den Westen, wobei Köln davon profitierte und zur Kunst- und Museumsstadt am Rhein wurde. Die Berliner Künstlernamen auf den Lmpertz-Auktionen lauten Max Liebermann, Georg Tappert, Richard Albitz, George Grosz, Max Kaus, Georg Baumgarten, Erich Buchholz, Conrad Felixmüller, Karl Hofer, Alexander Kanoldt, Edmund Kesting, Wilhelm Lehmbruck, Curt Lahs, Walter Leistikow, Emil Orlik, Lesser Ury, William Wauer, Renée Sintenis, Gustav Wolff, Agnus Zeller, Heinrich Zille, Max Bill, Alexander Camaro, Karl Hartung, Bernhard Heiliger, Heinz Trökes, Fred Thieler, Wolf Vostell, Hermann Glöckner; von den Dresdner „Brücke“-Malern ließen sich Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff in Berlin nieder. Ihre Heimatstadt verließen die Berliner Albert Birkle, Walter Gramatte, Werner Heldt, Gerhard Marcks, Gabriele Münter, Hans Richter und Ernst Wilhelm Nay. Sie sind bei Lempertz mit Werken ebenso vertreten gewesen wie ihre Landsleute Jochen Gerz, Johannes Grützke, Bern Koberling und Trak Wendisch. Die Dresdner „Brücke“ wurde außer von den Genannten noch von Otto Mueller, Erich Heckel, Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner und Fritz Bleyl vertreten.
Zu vermerken ist, daß Kunstwerke aus allen Landschaften des ehemaligen deutschen Ostens auf den Auktionen erworben werden konnten.Ostpreußen war durch Käthe Kollwitz, Lovis Corinth und Rolf Cavael vertreten, also nur herausragende Persönlichkeiten. Aus Westpreußen stammt der Senior der deutschen Abstrakten Bernard Schultze. Sachsen war dank der Dresdner „Brücke“ eine Zeit lang nicht nur Mittelpunkt der modernen Malerei und Grafikt, die Auktionsliste berühmter und weniger bekannter sächsischer Künstler ist lang, darunter Arnold Balwe, Paul Baum, Max Beckmann, Theodor Thomas Heine, Max Klinger, Bernhard Kretzschmar, Paula Modersohn-Becker, Herrmann Raddatz, A.R. Penck, Neo Rauch, Gerhard Richter, Gert Heinrich Wollheim und Hans Hartung. Aus Pommern stammen Otto Freundlich, Paul Kleinschmidt, Rudolf Levy, aus Thüringen Otto Dix, Wa1ter Jacob, Otmar Alt, Gerhard Altenbourg, Werner Büttner und Georg Herold, aus Brandenburg Karl-Heinz Krause und Paul Wunderlich. Natürlich sind auch Nieder- und Oberschlesien stark vertreten: Hans Bellmer, Ludwig Meidner, Otto MueI1er, Johnny Friedlaender, Raimund Girke, Sigmar Polke, Lothar Quinte. Aus der bei einer so umfangreichen Auktion naturgemäß unvollständigen Liste noch
ein paar Namen bedeutender Künstler, die ihre alte Heimat verlassen mußten: Ida Kerkovius, Lionel Feininger, der mit dem deutschen Bauhaus als Lehrer und Künstler eng verbunden war, Otto Herbert Hajek und Markus Lüpertz aus dem Sudetenland, die heute im Westen leben und als Hochschulprofessoren und Künstler tätig sind.
Daß die Tore im 20. Jahrhundert zu Westeuropa von modernen Künstlern aus Osteuropa weit geöffnet worden sind, machte sich auch auf der Lempertz-Auktion bemerkbar: Alexej von Jawlenskys stark abstrahierte Komposition von 1919 kam auf 135 000 Euro, ein Litho dieses 1941 in Wiesbaden verstorbenen russischen Malers immerhin auf 5900 Euro. Mit 54 000 Euro erzielte ein Aquarell des Leon Bakst mehr als das Doppelte, und eine Landschaft von Vladimir G. Bechttejeff stieg auf 42 000 Euro. Erwähnt seien noch die in Paris verstorbenen Natalja Gontscharova und Ossipe Zadkine. Rumänien war durch Arthur Segal (gestorben 1944 in London) und Daniel Spoerri vertreten. In der westeuropäischen Kunst sind auch die Ungarn Zoltan von Szekessy (gestorben 1968 in Düsseldorf) und Victor Vasarely (gestorben 1997 in Paris) integriert. Rekorde erzielten die Österreicher: Egon Schiele mit „Zwei Frauen“ (670 000 Euro, das Doppelte des Schätzwertes) und Oskar Kokoschka mit dem Aquarell „Frühlingsstrauß“ 36 000 Euro.
Schießlich noch einige Ergebnisse von Arbeiten deutscher Künstler. Aus dem Gebiet der Druckgrafik seien genannt Max Beckmanns Selbstbildnis von 1918 (19 000 Euro),
Otto Dix (4600), Erich Heckel (5000), Käthe Kollwitz (750), Franz Marc (1 200), Lesser Ury (1000), Otto Mueller (6500). Plastiken wurden ersteigert: Wilhelm Lehmbruck (für 55 000 Euro), Ewald Mataré (14 000), Renée Sintenis ( 31 000), Gustav Wolff (5500) und Bernhard Heiliger (15 000). Aquarelle und Zeichnungen: Max Ernst (10 500), Ernst Ludwig Kirchner (1800), Max Liebermann (18 000), Emil Nolde (58 000), Max Pechstein (8000), Christian Rohlfs (44 000). Mancher Zuschlag für Ölgemälde versetzte in Erstaunen: Pechsteins „Liegender Akt mit Katze“ etwa wurde bei 430 000 Euro zugeschlagen, Gemälde von Emil Schumacher bei 165 000, von Georg Tappert bei 180 000).
Professor Henrik Hanstein, der Inhaber des Familienunternehmens Lempertz, und seine Mitarbeiter sind, wie verlautet, hoch zufrieden über den geschäftlichen Ausklang des Jahres 2003: „Glänzender Erfolg mit 7 Millionen Gesamtergebnis für die Moderne und Zeitgenössische Kunst bei Lempertz. Das Ergebnis übertrifft bei weitem die Resultate der entsprechenden vorangegangenen Frühjahrs- und Herbstauktionen.“
Günther Ott (KK)



KK1180 Seite 18:
Familie Herder und ihre „pathologische Natur“
Weder wußte der gefeierte Schriftsteller sich in Weimar beliebt zu machen, noch war seinem Sohn wirtschaftlicher Erfolg beschieden

„Herder ist jetzt eine ganz pathologische Natur!“ Diese deutliche Äußerung stammt von keinem Geringeren als Schiller aus dem Jahr 1802. Auch Goethe hat nichts anderes gemeint, wenngleich er sich gemessener über den schwierigen Umgang mit dem Generalsuperintendenten Johann Gottfried Herder zu Weimar geäußert hat. Wie treffend diese Bemerkungen waren, läßt sich am traurigen Schicksal des jüngsten Herder-Sohnes Adalbert ablesen, für den 1801 die Herrschaft Stachesried unweit der niederbayerischen Kreisstadt Kötzting gekauft wurde.
Unter dem 4. Oktober 1801 wurde der Kauf dieser adligen Hofmark von dem Freiherren von Hafenbrädl beurkundet. Da in Bayern noch geltendes Recht war, daß adlige Güter innerhalb eines Jahres aus bürgerlichem Besitz zurückgefordert werden konnten, ließ sich Herder dazu bewegen, das bayerische Untertanenrecht – gleichsam das „Bürgerrecht“ – und vor allem den vielbelächelten bayerischen Personaladel zu erwerben. Dieser Personaladel blieb bis zum Ende der Monarchie eine bayerische Spezialität, in den Genuß kamen zur gleichen Zeit wie die Familie Herder – am 8. Oktober 1801 – auch untergeordnete bayerische Beamte wie Richter an kleinen Landgerichten oder Sekretäre von Oberbehörden. Dem Superintendenten Johann Gottfried Herder ist dieser Adel jedenfalls schlecht bekommen. Als nämlich Herzog Carl August sozusagen „aus der Zeitung“ erfuhr, daß er jetzt einen adligen Superintendenten hatte, ergrimmte er und ließ Herder seine Ungeschicklichkeit auf jede Weise, besonders durch die unverzügliche Erwirkung eines kaiserlichen Adelsbriefes für Friedrich Schiller, spüren. Diesen ließ er groß publizieren, um Herder zu kränken, was ihm gelang, was aber auch nicht schwer gewesen sein muß. Immerhin hat der bayerische Adel seinen Söhnen Emil und Rinaldo den Zugang zum bayerischen Beamtendienst ermöglicht.
Doch die wahren Gefährdungen des neuen Besitzes lagen auf wirtschaftlichem Gebiet, der Adelstitel konnte daran nicht das mindeste ändern. Ähnlich wie Christoph Martin Wieland noch auf seine alten Tage das 150-Hektar-Gut Oßmannstedt, hatten die Herders Stachesried viel zu teuer gekauft. Stachesried war Hofmark, was in der Rechtssprache des alten Bayern ein Zwischending zwischen Gemeinde und Gerichtsbezirk bezeichnete, der Besitzer war damit Gerichts- und gegenüber den Bauern abgabenberechtigter Grundherr. Hinzu kam ein für bayerische Verhältnisse ansehnlicher land- und forstwirtschaftlicher Eigenbetrieb mit 143 Tagwerk Acker (das Tagwerk ist das alte bayerische Landmaß und umfaßt geometrisch 3333 Quadratmeter), 51 Tagwerk Wiesen, 8 Tagwerk Hopfengärten und 453 Tagwerk Wald, dazu eine Brauerei, eine Ziegelei, das Mühlenrecht, die hohe und niedere Jagd und die Fischereirechte in den Gewässern des Gutsgebietes. Von besonderem Wert waren Rechte auf Arbeits- und Gespannleistungen der Bauern. Im Grunde ist dieser Kauf Herder wesensfremd. Er hat aus seiner Ablehnung des Adels und seiner Feudalrechte keinen Hehl gemacht, sich sogar fast verächtlich dazu geäußert und war insgesamt zwar kein Jakobiner, aber unverkennbar an einem bürgerlich-emanzipatorischen Gesellschaftsbild orientiert, dessen Verwirklichung eine ihrer Grundlagen auch in seinem Werk hat. Doch Herder ist nicht der einzige, der anders geschrieben als gehandelt hat.
Stachesried liegt in der Nähe des Kreisortes – damals Landgericht – Kötzting, in nächster Nähe zur böhmischen Grenze und damit dort, wo der Bayerisch-Böhmische Wald fast am rauhesten ist. Die größten Probleme des Besitzes lagen in seinem Standort begründet, in einer verkehrstechnisch minimal erschlossenen kargen Landschaft mit hartem Klima, kurzen Vegetationszeiten und ertragsschwachen Verwitterungsböden auf Gneis und Granit. Marktbeziehungen mit einem sicheren Absatz konnten nicht aufgebaut werden. Das alles war auch für einen Ortsfremden überdeutlich zu erkennen, zumal Adalbert Herder als Landwirt kompetent und urteilsfähig war. Gleichwohl haben er und seine Familie keine Bedenken gehabt, für Stachesried mehr als das Dreifache seines Wertes zu bezahlen, etwa 140 000 Gulden, die nur fremdfinanziert waren. Nach vielen Besitzwechseln – selbst Herzog Carl August hat das Gut 1818 einmal erworben – kaufte es 1829 der bayerische Staat für 42 000 Gulden, vor allem, um den landwirtschaftlichen Besitz aufzuteilen. Das dürfte auch der reale Wert um 1800 gewesen sein. Es hat in Bayern zur jener Zeit kaum einen zweiten Fall eines derart krassen Fehlkaufes gegeben.
Natürlich denkt man wieder an Wieland, der Oßmannstedt gleichfalls weit über Wert bezahlt, fahrlässig zu fast hundert Prozent fremdfinanziert hat und von den pfiffigen Bauern der Dorfhauptmannschaft kräftig betrogen worden ist. Doch für Wieland ging das Abenteuer mit anderthalb blauen Augen gerade noch erträglich aus, für Adalbert Herder endete der überteuerte Kauf von Stachesried in einer Lebenskatastrophe. Sein von den bayerischen Behörden mit Wohlwollen begleiteter Versuch, eine landwirtschaftliche Lehranstalt mit besoldeten Fachlehrern und einem Internat einzurichten, scheiterte nach bescheidenen Anfängen vor allem an dem verkehrsfernen Standort. Die tägliche Fron des landwirtschaftlichen Betriebsleiters, der sich auch noch um den kleinsten Erfolg im Schweiße seine Angesichtes müht, war Adalberts Sache nicht, der pädagogische Eros war stärker, brachte aber nichts ein. Von 1807 bis 1809 wurden sämtliche Kredite notleidend und nicht mehr bedient, die Behörden eröffneten ein Konkursverfahren und entzogen ihm das Wirtschaftsrecht und alle Verfügungsrechte.
Adalbert Herder sah das als „Raub“ seines Gutes, abfinden wollte er sich damit nicht. Er hat bis 1819 immer wieder eine „Wiedereinsetzung in sein Gut“ bei allen auch nur entfernt in Betracht kommenden bayerischen Behörden betrieben. Sie nahmen ihm dies als „Insurrektion“ schließlich sehr übel und deuteten die Möglichkeit von „Geistesverrücktheit“ an. Ähnliche Überlegungen wurden Jahrzehnte später, kurz vor seinem Tode 1854, noch einmal angestellt, als es um eine Kuratel ging.
Adalbert Herder hat den Verlust von Stachesried mit der Unterstützung seiner Geschwister noch um volle 45 düstere Jahre überlebt. Beschäftigt hat er sich meist mit – oft abseitigen – Ideen der Welt- und Menschheitsverbesserung. Gescheitert ist er vor allem an sich selbst, denn er muß die Persönlichkeitsmerkmale, die Herzog Carl August, Goethe, Schiller, Voigt, Wieland und vielen anderen den Umgang mit Johann Gottfried Herder so schwer gemacht haben, fast komplett verkörpert haben.
Dietmar Stutzer (KK)



KK1180 Seite 20
Musik des Lachens und der Tränen
Die weltumspannende jiddisch-israelische Saite wird bei den 17. Jüdischen Kulturtagen in München virtuos gespielt
Weder die tagespolitischen Meldungen von Terroranschlägen noch die antisemitischen Äußerungen einiger Politiker konnten in diesem Jahr ein begeistertes Publikum, Juden und Nichtjuden, davon abhalten, die internationalen Veranstaltungen zu besuchen, zu denen sich Künstler aus New York, Paris, Straßburg, Wien, Berlin, Leipzig, Graz, Salzburg, Tel Aviv und München zusammengefunden hatten. Und so wurden wieder, wie Bürgermeisterin Gertraud Burkhart bei der Eröffnung betonte, „Brücken der Verständigung“ geschlagen zwischen jüdischen Künstlern, Darbietungen jüdischer Kunst und einem zahlreichen deutschen Publikum. Es bleibt zu hoffen, daß der Wunsch der Veranstalterin und Vorsitzenden der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition e. V., Ilse Ruth Snopkowski, in Erfüllung geht: „Die unfreiwillige Sonderstellung, die das Jüdische hierzulande immer noch einnimmt“, solle einer tatsächlichen Normalität weichen.
Der thematische Bogen der Veranstaltungen spannte sich in diesem Jahr „Vom Ba’al Schem Tow zur Goldenen Medine“, das heißt von der mysteriösen Welt Israel ben Eliesers, des Begründers des Chassidismus, bis zur „Goldenen Medine“, dem Goldenen Land, wie die ostjüdischen Immigranten im 19. Jahrhundert das ihnen paradiesisch erscheinende Amerika nannten. Geboten wurden synagogale Gesänge, Klesmermusik, jiddische und hebräische Lieder, Lesungen, Filmabende, Vorträge, Ausstellungen und eine Theateraufführung.
Das facettenreiche Programm eröffnete der Leipziger Synagogalchor, ein Klangensemble, das bereits 1962 „in den besten DDR-Zeiten“ von Werner Sander, Oberkantor von Leipzig und Dresden, gegründet wurde und inzwischen – nach Konzertreisen durch Europa und die USA, nach Südafrika und Israel – weltberühmt ist. Das abwechselungsreiche Repertoire unter der Leitung von Helmut Klotz umfaßte diesmal neben synagogalen Gesängen auch jiddische und hebräische Nigunim sowie Gettolieder des zeitgenössischen israelischen Komponisten Joseph Dorfman.
Zum farbigen und immer noch beliebten Thema Klesmer gab es gleich mehrere Veranstaltungen, so Konzerte der „Klezmer Nova“ aus Paris – Leitung Pierre Wekstein, Saxophon –, Klesmer-Chansons mit Karsten Troyke, Berlin, Klesmermusik der Gruppe „Gefilte Fisch“ mit Andrea Giani (Leitung und Gesang) und schließlich eine Jam Session, bei der die beiden New Yorker Interpreten Yale Strom (Violine) und Elizabeth Schwartz (Gesang) mit den Münchner Musikern Andy Arnold (Klarinette), Ecco Meinecke (Gitarre) und Michael Engelhardt (Baß) spontan und lebensvoll Klesmer, „Musik des Lachens und der Tränen“, brachten. Und Tränen gab es dann tatsächlich bei nicht wenigen Zuhörern, als Elizabeth Schwartz mit beschwingter Anmut und rumänischem Temperament abschließend „Mein Schtetele Beiz“ und die längste Variante von „Rumenje, Rumenje“ sang, um bei rasendem Applaus zu rufen: „Sa-mi traiesti, dulce Romanie!“ (Leben sollst du, süßes Rumänien). Da war sie plötzlich, die „Brücke der Gefühle“ von New York nach München und Bukarest.
Einen Abend hoher kantoraler Kunst bot dann Shamuel Barzilai, Oberkantor der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, dessen jiddische und israelische Lieder, vorgetragen mit seiner klassisch geschulten Stimme, zum „Jüdischen Belcanto“ verschmolzen. Begleitet wurde Barzilai vom israelischen Pianisten Lior Krezer. Überlieferte Geschichten und Legenden vom Begründer des Chassidismus, Israel ben Elieser (1700-1760), genannt Ba’al Schem Tow – einst vom großen Wiener Philosophen Martin Buber (1978-1965) aufgezeichnet und nacherzählt –, brachte der bekannte französische Schauspieler Moshe Kahn (Straßburg), begleitet und „kommentiert“ von der Salzburger Musikergruppe „The Klezmer Connection“. Auch hier wurde aus dem Zusammenspiel von Erzählung und Musik eine klingende Brücke – diesmal von Straßburg und Salzburg bis ins ferne Podolien am Rande der Karpaten.
Der musikalische Teil der Kulturtage kulminierte mit dem Auftritt der Gruppe „The Bagels & Band“ (Berlin) und den beiden Sängerinnen Vivian Kanner und Sharon Brauner, die mit viel Charme und Humor jiddische Lieder als „in die heutige Zeit transportieren“. Eine mystische Stimmung vermittelte die Abschlußveranstaltung im Münchener Künstlerhaus, wo Kantor Richard Amez (Graz) kabbalistische Legenden und Lieder aus Rumänien vortrug, die mit effektvollen Bildprojektionen „verwoben“ wurden. Es war dieses die Uraufführung eines originellen „interreligiösen Dialogs“ im europäischen Raum.
Die 17. Jüdischen Kulturtage in München standen diesmal unter dem suggestiven, vieldeutigen Motto „Ein Blick zurück nach vorn“. Der Erfolg der Künstler, die aus fünf Ländern angereist waren, läßt hoffen, daß dieser „Blick nach vorn“ in eine ferne Zukunft reichen wird.
Claus Stephani (KK)



KK1180 Seite 22:
Die Zeit ist bunt und trostlos wie die Zeiten
Evgeni Dybsky stellt in Düsseldorf aus
Das Gerhart-Hauptmann-Haus beherbergt bis zum 25. Februar eine Ausstellung mit Arbeiten, die der Künstler Evgeni Dybsky in den letzten zehn Jahren geschaffen hat. Der 1955 in einer russisch-jüdischen Familie in Konstanza, Rumänien, geborene und 1956 nach Pawlowo-Posad im Gebiet Moskau umgesiedelte Künstler hat ein Studium an der Moskauer Kunstschule und am dortigen Surikow-Institut absolviert. Er zählte bis 1990 zu den führenden Malern in Moskau. Seit 1996 wohnt und arbeitet Dybsky als freier Künstler in Köln und Moskau.
Die 1992 begonnene Werkreihe „Translation of Time“ setzt Dybsky heute noch fort. Unter diesem Titel sind bisher zehn Serien mit etwa 30 bis 60 einzelnen Arbeiten entstanden. Eine Auswahl von 16 dieser „bildlichen Metaphern auf Landschaftliches in mehrschichtig angelegten Farbräumen“, wie es im mehrsprachigen Katalog heißt, sowie zwei Objekte aus Holz, Marmor, Emulsion und Eisen bzw. aus Holz, Stein und Emulsion sind im Gerhart-Hauptmann-Haus zu sehen. Hervorzuheben sind vor allem die Bilder aus den letzten drei Jahren, die mit dunkelbraunen Tierhaaren zu faszinierenden Collagen verarbeitet wurden.
Dybsky beteiligte sich weltweit an Gruppenpräsentationen und zeigte seine Bilder in zahlreichen Einzelausstellungen u. a. in der Tretyakov-Galerie Moskau, im Freud Museum London und im Museum Ludwig im Russischen Museum St. Petersburg.
Dieter Göllner (KK)