Hausdurchsuchung, bestialische Mißhandlungen, öffentliche Hinrichtung
Berichter: Otto Patek Bericht vom 25. 8. 1949 (Sankt Joachimsthal)
Im Mai 1945 erfolgte im Sudetengau der Umsturz. Von diesem Zeitpunkt an setzte die Verfolgung der deutschen Bevölkerung ein. Als Vorsitzender wurde Franz Kroupa, vormals Fabriksbeamter in der Tabakfabrik St. Joachimsthal, eingesetzt. Kroupa war einer der größten Deutschen- und Judenhasser. Er beteiligte sich persönlich an den Durchsuchungen der deutschen Wohnungen. Er war es auch, der bestimmte, welche Personen in Haft zu nehmen und zu liquidieren sind. In meinem Hause wurden zweimal Hausdurchsuchungen durchgeführt. Die erste Durchsuchung wurde vom tschechischen Militär durchgeführt, das sich sehr anständig verhielt. Die zweite Durchsuchung wurde auf Geheiß des Kroupa unter seiner persönlichen Leitung von der Gendarmerie durchgeführt, wobei Kroupa mit vorgehaltener Pistole vorging. Bei dieser Durchsuchung wurden bei mir alle Behältnisse aufgebrochen und ausgeraubt. Die Gäste, die noch in meinem Hause waren, wurden zusammengetrieben und ausgeraubt. Trotzdem sie bei mir nichts Belastendes vorfanden, wurde ich zur Polizeistation gebracht, um angeblich ein Protokoll zu unterschreiben. Sämtlicher Schmuck, Uhren, Gold- und Silberwaren, sowie Bruchgold und Goldmünzen aus meinem Geschäft und mehrere Koffer mit Wertsachen, welche gegen Bombengefahr noch im Keller waren, sowie mehrere Koffer von Kurgästen wurden mit bereitstehenden Autos weggefahren. Von der Polizeistation kam ich jedoch in Wirklichkeit in das berüchtigte Lager nach Schlackenwerth, was Kroupa zu bestimmen hatte.
In diesem Lager war ich mit noch weiteren 37 Deutschen beisammen und wurden bestialisch mißhandelt. An dem Tage der Einweisung wurde ich in den Tanzsaal des ehemaligen Gasthauses "Zum Franzosen" geführt, dort standen die Inhaftierten an den Wänden und waren schon blutig geschlagen. Ich mußte mich nun zu diesen in der Reihe aufstellen. Die Tschechen schlossen nun alle Türen und stellten 2 Posten mit Maschinenpistolen, die sie auf uns richteten, auf. Nun mußten wir den Oberkörper entkleiden und die Tschechen schlugen auf uns mit Gummiknüppeln, Leder- und Stahlpeitschen sowie Holzpflöcken ein, daß das Fleisch vom Körper hing und wir vollkommen blutüberströmt waren. Brach einer unter diesen Schlägen zusammen, dann wurde ein Kübel kaltes Wasser über ihn geschüttet, bis er wieder zu sich kam, und weiter auf ihn eingeschlagen. Auf diese Art wurden wir dreimal bei Tag und dreimal bei Nacht mißhandelt. In der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 1945 gegen 22 Uhr kamen 11 oder 12 Tschechen zu uns in den Tanzsaal und brachten eine Bank und Decken, mit denen die Fenster verhängt wurden.
Als ersten ergriffen sie den Uhrmachermeister Johann Müller aus St. Joachimsthal, legten ihn auf die Bank, schnitten ihm bei lebendigem Leibe mit einem Messer die Ohren ab, stachen ihm die Augen aus, bohrten ihm mit einem Bajonett im Mund, brachen ihm die Zähne aus und brachen ihm durch Überlegen der Arme über die Knie und die Beine durch Überlegen über die Bank die Knochen. Da er noch lebte, banden sie ihm Kabeldraht zweimal um den Hals und zogen ihn im Saal herum, bis der Hals ausgezogen war und der Körper kein Lebenszeichen von sich gab. Bei diesem Umherziehen stellte sich ein Tscheche auf den Körper, damit er beschwert werde. Die Leiche war nur noch ein Fleischklumpen und wurde dann in meinen Mantel gewickelt und in die Mitte des Saales gelegt. Auf diese Art und Weise wurden diese Nacht noch sechs ermordet, davon drei reichsdeutsche Soldaten. Wenn wieder einer tot war, dann wurden wir wieder mit Gummiknütteln geschlagen. Da ich etwas tschechisch spreche, mußte ich dem Morden zuschauen, wogegen die anderen mit dem Gesicht gegen die Wand stehen mußten. Die auf diese Weise ermordeten Deutschen schrien furchtbar, da sie bei vollem Bewußtsein hingemordet wurden. Durch dieses Miterleben wurden drei Inhaftierte wahnsinnig und ich selbst war dem Wahnsinn nahe. Unter den Gemordeten dieser Nacht befand sich außer Müller, Uhrmacherrneister, noch der Förster Kraus und Tischlermeister Zechel aus Joachimsthal, sowie ein mir unbekannter Sudetendeutscher.

Sämtliche Verhaftungen und Einweisungen aus St. Joachimsthal wurden auf Veranlassung des Kroupa durchgeführt. Das Morden sollte am nächsten Tage fortgesetzt werden, da jedoch eine Militärkommission eintraf, wurde dem Morden Einhalt geboten.
Von dort kam ich in ein anderes Lager nach Karlsbad und Neurohlau, insgesamt war ich 17 Monate inhaftiert.
Meine Freilassung erfolgte deshalb nicht früher, weil mich in Joachimsthal Kroupa nicht frei gab.
Am 4. Juni 1945, am Tage meiner Verhaftung, wurde Herr Steinfelsner, Sägewerksbesitzer aus Joachimsthal, ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren öffentlich vor dem Rathaus aufgehängt. Jeder deutsche Einwohner von St. Joachimsthal wurde unter Androhung der Todesstrafe aufgefordert, der Exekution beizuwohnen. Die Abnahme der Leiche erfolgte angeblich auf Weisung amerikanischer Offiziere, welche durch Joachimsthal fuhren. Meine Familie hat selbst amerikanisches Militär durch Joachimsthal fahren sehen.
Meine Frau setzte sich beim Lagerleiter in Schlackenwerth mit Bestätigungen für mich ein, um meine Freilassung zu erreichen und wurde auf Veranlassung des Kroupa von der Gendarmerie innerhalb 20 Minuten ohne Mantel mit 7 Mark Bargeld ausgewiesen, damit sie keine weiteren Schritte unternehmen konnte.
Ich erkläre, daß meine Angaben der reinen Wahrheit entsprechen und daß ich jederzeit diese durch Eid bekräftigen kann".

Aus: Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen. Überlebende kommen zu Wort.
Originalausgabe: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung Sudetendeutscher Interessen, 1951
Einleitung und Bearbeitung von Dr. Wilhelm Turnwald