Folgende Veröffentlichung im Heimatblatt für die Kreise Hohenelbe und Trautenau Riesengebirgsheimat Nr. 2/2000, die 2 Zeitungsartikel (tschechische Zeitschrift Krkonose 10/99 und Allgäuer Zeitung Nr. 271 v. 23.11.1999 wiedergibt, soll die Bedeutung des Riesengebirgs-Heimatmuseums, nach Ansicht vieler Vertriebener das schönste und umfangreichste Heimatmuseum Vertriebener in der BR Deutschland, herausstellen.
Zuerst eine tschechische Stimme:
Krkonose [Rübezahl]: Bis 1989 wußten wir kaum etwas über das Schicksal und das Leben von denen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gegen ihren Willen in Lastwaggons ihre Heimat verlassen und neuen Unterschlupf und neue Existenz im geschlagenen und besetzten Deutschland suchen mußten.
Aus dem ehemaligen Bezirk und der Stadt Hohenelbe sind die meisten Familien nach Bayern ins Voralpengebiet gekommen. Hier liegt auch die Stadt Marktoberdorf, die durch den Zusammenschluß von sechs Dörfern entstanden ist.
Hierher kamen 1946 vier Züge mit abgeschobenen Menschen, die wie beim sogenannten Abschub die Regel war 40 Waggons zählten, in denen je 30 Personen zusammengepfercht wurden.
Marktoberdorf ist der natürliche Sitz des Heimatkreises geworden und 1957 auch seine Patenstadt, die den Vertriebenen eine symbolische Heimat gewährte.
Die Stadt hat dem Verein im Gebäude des alten Rathauses zwei Räumlichkeiten freigemacht, um ein Museum zu errichten, das anläßlich des zweiten Vereinstreffens im Jahre 1960 feierlich eröffnet worden ist. Auf einer Fläche von 50 m² hat der Museumskustos die ersten geschenkten Gegenstände zusammengetragen, bei denen es gelungen war, sie aus der alten Heimat in das damalige Westdeutschland mitzunehmen. Aufrufe in der Vereinszeitschrift hatten günstiges Echo und die Museumssammlungen sind ständig angewachsen.
Aber erst nach der Übersiedlung ins sogenannte Martinsheim im Jahre 1967 bekam das Museum weitere Räumlichkeiten mit einer Ausstellungsfläche von fast 200 m² und ist zu einem der größten (Heimat-) Museen in der damaligen Bundesrepublik Deutschland geworden.
Genauso wie das Riesengebirgsmuseum in Hohenelbe ist auch das Vereinsmuseum in Marktoberdorf bestrebt, den Besuchern das Riesengebirge in einem breiten Ausmaß der traditionellen Heimatkunde zu präsentieren, die die Natur, Geschichte, Ethnographie und bildende Kunst umfaßt.
Am Anfang begrüßt uns eine große Reliefkarte des Riesengebirges und dessen Vorlandes mit Erläuterungen in der Form von Lichtern. Wir können Dias betrachten und Erläuterungen dazu hören in der Riesengebirgsmundart von Prof. Dr. Hans Pichler, der in Oberhohenelbe geboren ist.
Von mehreren seltenen Exponaten bewerten wir vor allem eine zahlreiche Sammlung von Plastiken des Trautenauer Bildhauers Emil Schwantner, Bauernmöbel und eine männliche und eine weibliche Tracht, die auf Figurinen vorgestellt werden, Krippen (dabei sogar mit Figuren, die aus der abgerissenen Langenauer Kirche stammen!), mit Malerei verzierte und handgeschriebene Gebetbücher, ganze Sätze von alten Fotos und Ansichtskarten aus dem Riesengebirge, Werkzeug und Geräte von ursprünglichen Handwerken und viele weitere Gegenstände, die aus der alten Heimat stammen.
Eines der Themen erinnert auch an die tragischen Ereignisse, die nach dem Zweiten Weltkrieg das Ende des Zusammenlebens von Tschechen und Deutschen in einem Staat bedeutete. Neben schriftlichen Dokumenten Verzeichnissen von Personen, die zum Transfer bestimmt worden sind, Befehlen zum Hausverlassen u.a. dominiert hier ein Leiterwagen, womit eine Hohenelber Familie einige Monate im Nachkriegsdeutschland umhergezogen ist, bevor sie sich unweit von Marktoberdorf niedergelassen hat.
Mit dem Riesengebirgsmuseum in Marktoberdorf arbeitet schon fast zehn Jahre das Riesengebirgsmuseum in Hohenelbe zusammen, beide Museen bereichern ihre Sammlungen vor allem durch den Tausch von Publikationen und durch verschiedene Informationen.
Miloslav Bartos.
[übersetzt von Dipl.-Ing. Günter Fiedler, Begegnungszentrum
Trautenau]
Nun eine Stimme aus Deutschland:
Allgäuer Zeitung: Ausflugsziele vor der Haustür: Riesengebirgsmuseum in Marktoberdorf, ein kleines Abbild der alten Heimat, wie die Redaktion meint.
Ist es doch das einzige Museum in Deutschland, in dem sudetendeutsche Heimatvertriebene mit Kunst- und Gebrauchsgegenständen an die Kultur und den Alltag im Riesengebirge erinnern. Auch Bilder, Postkarten, Landkarten und Bücher sind der verlorenen Bergheimat gewidmet.
Das Museum war 1960 vom Heimatkreis Hohenelbe gegründet worden.
Mit Einzug gehalten hat schon damals der bekannte Berggeist Rübezahl, um den sich noch heute viele Geschichten ranken. Präsentiert werden Gebrauchsgegenstände wie Schmuck, geschliffene Gläser, Schnitzereien von Riesengebirgs-Künstlern, Trachten, Geschirr und Küchengeräte, aber auch jede Menge Gemälde und Stiche mit Ansichten von Landschaften und Orten.
Beliebtes Motiv ist dabei die Schneekoppe, mit 1603 Metern höchster Berg und Wahrzeichen des Riesengebirges. Krippen und Skier Vor allem in der Vorweihnachtszeit interessieren die für das Gebiet typischen Krippen. An das Skigebiet um Spindlermühle erinnern aus Holz geschnitzte Skier und Schlitten aus der Vorkriegszeit. Wie Industrie, Handwerk und Landwirtschaft in diesem vorwiegend ländlichen Raum ineinander griffen, zeigen weitere Exponate. Eine Gesteinssammlung verrät Interessantes über die Geologie des Gebirgszuges, der bereits im 12. Jahrhundert von Deutschen besiedelt wurde.
Untrennbar verbunden mit dem Museum ist der Name Richard Flögel, der bereits in den 50er Jahren mit dem Sammeln angefangen hat. Jedes der Exponate hat seine eigene Geschichte. Viele Stücke sind unter abenteuerlichen Umständen außer Landes gebracht worden. Unter Lebensgefahr wurde die Fahne der Bergstadt Hohenelbe nach Deutschland geschmuggelt. Auch Habseligkeiten, welche die Menschen bei der Vertreibung mitnehmen konnten, wurden nach und nach gestiftet. Besonders beeindruckend ein unscheinbarer Leiterwagen; er diente der Familie Schulz auf Straße und Schiene als Vehikel bei ihrem Exodus von Hohenelbe über Schwerin nach Marktoberdorf.
Das Museum an der Eberle-Kögl-Straße 11 in Marktoberdorf ist geöffnet mittwochs von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr, sonntags von 10.00 bis 12.00 und 14.00 bis 16.00 Uhr. Führungen sind möglich durch Familie Gottstein, Tel. 08342/6156 oder den Museumsleiter Gottlieb Fischer, Tel. 08342/2791.
Gerlinde Schubert, Allgäuer Zeitung, 23. 11. 1999, Nr. 271
(Alle Angaben wurden im März 2001 übermittelt und können nur durch Zufall aktualisiert werden!) ML 2001-03-13