Zur Diskussion gestellt:
Aus dem Gästebuch der Sudetendeutschen in Waldkraiburg  2001-06-30 11:47:30
Dr. jur. Heinz Haidl
Wir fordern unser Land zurück

Wenn nach der politischen Wende in Deutschland und Europa 1989/90 immer öfter die Frage gestellt wird, was in den vergangenen 50 Jahren die deutschen Politiker und Funktionäre der Vertriebenenverbände für den deutschen Osten getan haben, so ist in der Regel nicht viel vorzuweisen. Außer der Abgabe von Erklärungen ist eine aktive Politik im Interesse von Gesamtdeutschland nicht betrieben worden. Dies gilt auch für die Heimatvertriebenen.

Es begann mit der Charta der deutschen Heimatvertriebenen vom 5. August 1950. Dreißig Männer als Vorsitzende verschiedener Vertriebenenorganisationen sahen sich veranlaßt und nahmen sich das Recht, eine Erklärung zu entwerfen. In vorauseilender Unterwürfigkeit und moralischer Effekthascherei sprachen sie von Verzicht, Schuld und Europa, und sie bezeichneten ihre Erklärung als Grundgesetz für die Pflichten und Rechte der Heimatvertriebenen. Sie haben sich nicht auf das Völkerrecht berufen und nicht geltend gemacht, daß der Raub ihres Landes rückgängig zu machen sei. Diese Funktionäre haben sich eingereiht in eine bußbereite Klasse von deutschen Nachkriegspolitikern, welche das untertänige System der Bundesrepublik Deutschland installiert haben. Die Rechte der Bewohner des deutschen Ostens blieben – mit Ausnahmen von Propagandaerklärungen und einigen sozialen Maßnahmen – auf der Strecke, obwohl ihre Interessen denjenigen des deutschen Westens unbestreitbar gleich zu behandeln waren.
Die Interessenlage der hier in besonderer Weise angesprochenen Sudetendeutschen unterscheidet sich indes wesentlich von der anderen Bevölkerung des deutschen Ostens. Die Sudetendeutschen sind nicht vor der sowjetischen Armee geflohen. Sie sind in ihrer Gesamtheit aus ihrem Land vertrieben und mit Duldung der Siegermächte des 2. Weltkriegs in den Westen deportiert worden. Die Deportation geschah durch ein kleines chauvinistisches Volk, dem hussitischen Tschechentum, welches am Krieg nicht teilgenommen und durch ihn nicht gelitten hat, vom Deutschen Reich vielmehr in besonderer Weise geschützt wurde.
Statt als Reaktion hierauf den Versuch zu unternehmen, selbstbewußt eine richtige Politik einzuleiten, gruppierte sich bei den Sudetendeutschen eine Reihe von Vereinen heraus, welche das dem deutschen Volke angelastete Schuldbewußtsein hinnahmen und damit eine unheilvolle Entwicklung einleiteten. Zu nennen sind hier vor allem die Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL), die Seligergemeinde und die Ackermanngemeinde.

Die SL organisiert unter den privaten sudetendeutschen Vertriebenenverbänden alljährlich den Sudetendeutschen Tag, ein Wiedersehenstreffen der vertriebenen Bevölkerung mit der Veranstaltung von politischen Reden von Funktionären und Politikern der CSU. In der an sich positiven Durchführung dieses Treffens und der Herausgabe einer Vereinszeitung (Sudetendeutsche Zeitung) erschöpft sich die Politik der Landsmannschaft. Ansonsten muß festgehalten werden, daß die Tätigkeiten für das sudetendeutsche Volk, die die Landsmannschaft entwickelt, sich als negativ erweisen:

1. Die Funktionäre der SL reihen sich in die politische Garnitur Westdeutschlands ein. Ihr Streben ist die Erringung politischer Ämter (Minister, Abgeordnete in Bund und Land und in Europa). Sie nennen sich „Sprecher der SL“ oder gar der Sudetendeutschen, obwohl sie vom sudetendeutschen Volk nicht gewählt sind. Sie bezeichnen dasselbe als „Volksgruppe“ und weisen ihm dadurch einen Minderheitenstatus in Deutschland zu.
2. Aufgabe der SL ist es, den Politikern der CSU eine breite Plattform für ihre Propaganda zu schaffen. Die Kundgebungen am Sudetendeutschen Tag stellen sich für jedermann erkennbar als Wahlreden für diese Partei dar.
3. Statt eigene Interessen wahrzunehmen, liegen die Bemühungen der Organe der SL betont auf einem geeinten Europa. Richard von Coudenhove-Kalergi, ein Freimaurer aus Böhmen, war als Aktivist der Europa-Union frühzeitig damit beschäftigt, auch die Sudetendeutschen nach Europa zu orientieren. Dies bedeutete eine Ablenkung vom eigentlichen Problem dieses Volkes um die Bemühung seiner Heimat und seines Landes. Coudenhove-Kalergi hatte eifrige Nachfolger, welche sich frühzeitig der Mitarbeit in seiner Organisation hingaben. Sie sind weniger interessiert am sudetendeutschen Problem als daran, in das europäische Parlament zu gelangen. Vorsitzender der SL und „Sprecher“ der Landsmannschaft sind Parlamentarier in Europa und im Bayerischen Landtag, aufgestellt von der CSU. Eine sudetendeutsche Politik ist ihnen in diesen Positionen nicht möglich, wenn sie nicht als rechtsradikal hingestellt werden und einen Ämterverlust riskieren wollen. Diese Situation rundet der gegenwärtige Vorsitzende der Landsmannschaft dadurch ab, daß er öffentlich erklärt, sein privates Vermögen im Sudetenland nicht zu beanspruchen.
4. Statt der Wahrung eigener Interessen ist kennzeichnend für die sudetendeutsche Politik das Eintreten für das Judentum. Damit wird eine gesamtböhmische Tradition fortgesetzt und eine Aufspaltung der bestehenden Interessen betrieben.
Bereits von tschechischen Politikern wurde eine betont judenfreundliche Politik betrieben, so in der sogenannten tschechischen Exilregierung in London, durch Jan Masaryk und im kämpferischen Kaschauer Programm. Anfang 2000 hat das tschechische Parlament ein Gesetz zur weitgehenden Rückgabe jüdischen Eigentums beschlossen. Und die SL bekennt, daß sie sich schon seit Jahren für die Restitution jüdischen Eigentums eingesetzt hat. Demgegenüber bezeichnet der Vorsitzende eines sudetendeutschen Vereins, der sich selbst als rechte Gesinnungsgemeinschaft versteht, die Ausführungen von Martin Walser für eine selbstbewußte deutsche Politik als „tollkühn“. Er fordert vielmehr dazu auf, sich an talmudischen Spruchweisheiten zu orientieren. In der Sudetendeutschen Zeitung vom 15. Dezember 2000 wird dieses Bild in interessanter Weise abgerundet. Weit hergeholt für propagandistische Zwecke wird der Völkermord an den Armeniern. Hervorgehoben wird die Annahme einer Entschließung durch Daniel Cohn-Bendit, einem jüdischen Europa-Abgeordneten, und dem SL-Bundesvorsitzenden. Dieser nimmt Bezug auf den Juden Franz Werfel und seine jüdischen Verwandten in Böhmen. Die Instrumentalisierung der Menschenrechte für eine bestimmte Gruppe ist unverkennbar.
5. Am 21. Januar 1997 wurde die sogenannte „deutsch-tschechische Erklärung“ vereinbart. Bundeskanzler Helmut Kohl begab sich nach Prag zur Unterzeichnung. Sie enthält den Verzicht auf sudetendeutsche Rechte und die Festschreibung tschechischen Unrechts. Zu diesem außergewöhnlichen und durch nichts begründeten Akt bestand auch dann keine Berechtigung, wenn sich Helmut Kohl als Jude zur Abgabe der Erklärung berechtigt fühlte. Die „Erklärung“ fand einmütige Ablehnung. Auch die Sudetendeutsche Landsmannschaft hat die Ablehnung erklärt. Sie hat anschließend jedoch die Mitarbeit in den von der Erklärung geschaffenen Gremien aufgenommen, offensichtlich aus Rücksichtnahme auf die CDU/CSU.
Damit hat sie die Erklärung nachträglich genehmigt und zur Liquidierung der letzten „sudetendeutschen“ Rechtsposition beigetragen. Dem Verrat der Bundesregierung hat sie sich angeschlossen.
6. Die einzige politische Forderung der Landsrnannschaft, die wesentlich ist, beschränkt sich auf die Forderung zur Aufhebung der Benesch-Dekrete. In ihnen hatte der damalige Präsident der Tschechoslowakei Entrechtung, Enteignung und Vertreibung des sudetendeutschen Volkes festgeschrieben. Obwohl diese Dekrete völkerrechtswidrig und damit nichtig sind, bilden sie einen wesentlichen Bestandteil der tschechischen Rechtsordnung, wie das tschechische Verfassungsgericht in Brünn festgestellt hat. Statt sie auch formell und damit politisch wirksam aufzuheben, wird der Urheber dieser kriminellen Gesetzgebungsakte, Eduard Benesch, vom gegenwärtigen Präsidenten Vaclav Havel der Tschechei durch öffentliches Gedenken noch geehrt.
7. Die sudetendeutsche Landsmannschaft hat ihre Satzung vor kurzer Zeit dahingehend geändert, daß sie das festgeschriebene Ziel der Rückgewinnung des Landes gestrichen hat und statt dessen nur noch eine „gerechte Entschädigung“ fordert. Die Basis ihrer Mitglieder hat die SL weder informiert noch gefragt. Nachdem sie ihren Hauptzweck beseitigt hat, geht die Landsmannschaft ihrer Auflösung entgegen.
8. Schließlich erklärten auch die Landsmannschaften Osterreichs durch ihren Vorsitzenden, daß die Vertriebenen zumindest einen Anspruch auf „symbolische Entschädigung“ hätten. Hierüber hat die in Linz erscheinende Sudetenpost am 9. Januar 1997 berichtet. Die sudetendeutsche Landsmannschaft in Deutschland hat vier Vertreter der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich später in ihren Bundesvorstand durch Kooptation [= Ergänzungswahl] aufgenommen.

Die Verzichtsmentalität und der internationalistische Eintritt für den Gegner haben Tradition bei den sudetendeutschen Sozialisten. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Arbeiterpartei des Sudetenlandes Wenzel Jaksch hebt in einer Bittschrift an den Generalsekretär der Vereinten Nationen und die Signatarmächte des Potsdamer Abkommens am 1. März 1947 zu Gunsten der nicht nationalsozialistischen Bevölkerung des Sudetenlandes hervor, daß seine Partei in brüderlicher Zusammenarbeit eine treue Verbündete des tschechischen Volkes gewesen sei. Statt einen eigenen Staat anzustreben, hat sie sich bereits seit 1919 an der tschechischen Regierung beteiligt und bemühte sich um die Mitarbeit in der tschechischen „Exilregierung“ in London.

Auch sozialistische Bundeskanzler in Deutschland und Österreich behandeln Teile der eigenen Völker in dieser Weise. Gerhard Schröder hat am 5. November 1998 in Warschau zu den Forderungen der Vertriebenen erklärt: „Ich habe keine Beziehung zu den Postulaten, die da aufgestellt werden.“ Stattdessen begab er sich in herzliche Umarmung mit dem polnischen Präsidenten. Victor Klima hat Ende 1998 geschrieben, daß die österreichische Bundesregierung die deutsch-tschechische Erklärung vom 21. Januar 1997 mit Befriedigung zur Kenntnis genommen habe und die Meinung vertrete, daß der Beitritt der Tschechei zur EU nicht im Zusammenhang mit der sudetendeutschen Frage gesehen werden kann.

Die Charta der deutschen Heimatvertriebenen setzte den ersten Markstein des Verzichts und zieht sich wie ein roter Faden zum heutigen Verrat hin. Hierbei handelt es sich um einen politischen Hochverrat (eine Untersuchung über einen strafrechtlichen Hochverrat müßte gesondert angestellt werden). Wichtig ist den Funktionären, Vorsitzenden und Gremien hierbei dagegen der Erhalt und die Schaffung eigener Posten, die ihnen Einkünfte und Publizität sichern. Dieser Strategie des Verzichts muß ein Ende gesetzt werden. Ihre Urheber und „nützlichen Idioten“ sind reif abzutreten.

Im Angesichte dieser desolaten staatsrechtlichen Situation des sudetendeutschen Volkes in Deutschland, Osterreich und der übrigen Welt wurde am 4. Oktober 1992 ein sudetendeutscher Vertriebenenverband gegründet, die Sudetendeutsche Rückkehr (SdR). Seine Ziele sind die Verwirklichung der Rechte der Sudetendeutschen nach dem Völkerrecht. Ausschlaggebend sind hiernach die einschlägigen Vorschriften der Haager Landkriegsordnung von 1907 (HLKO), der IV. Genfer Konvention vom 12. August 1949, der Wiener Konvention über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 und anderer Abkommen und Normen des Völkerrechts. Nach Art. 25 GG sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des deutschen Bundesrechts und gehen den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland vor; sie erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes. Diese grundsätzlichen Regeln des Völkerrechts bestimmen, daß ohne Rücksicht auf Kriegsschuld und -ausgang keine Annexion des Gebietes eines anderen Staates und keine Deportation des betreffenden Volkes zulässig sind. Diese Bestimmungen sind zwingend, d. h. jede Person und jeder Staat sind daran gebunden, unverzichtbar und unverjährbar. Dagegen stehende Bestimmungen sind nichtig.

Daran sind die Abkommen mit der Tschechei und die deutsch-tschechische Erklärung vom 21. Januar 1997 zu messen mit der Folge, daß ihnen rechtliche Verbindlichkeit nicht zukommt, soweit sie sudetendeutsche Interessen und Rechte verletzen.

An diesen Richtlinien ist die Politik der Sudetendeutschen Rückkehr orientiert, und der Verband hat dementsprechende grundsätzliche Resolutionen gefaßt. Ohne Rücksicht darauf, ob der eine oder andere Sudetendeutsche in sein Land nicht mehr zurückkehren will, lautet der erste Grundsatz dieser Politik: „Wir fordern unser Land zurück!“ Diese Forderung betrachten wir als die Richtlinie der neuen sudetendeutschen Politik. Sie kann als Richtlinie für die Verfassung eines sudetendeutschen Exilstaates dienen. Am Talmud werden wir uns nicht orientieren.

Der Verband Sudetendeutsche Rückkehr (SdR) hat die Initiative ergriffen, einen längst fälligen Exilstaat der Sudetendeutschen zu errichten, weil nicht privatrechtliche Vereine oder andere Organisationen dieser Art, sondern nur ein Staat die Rechte und Interessen seiner Mitglieder anderen Staaten gegenüber geltend machen und durchsetzen kann. Am 1. April 2000 hat sich die Sudetendeutsche Nationalversammlung (SdN) konstituiert. Sie stellt das sudetendeutsche Exilparlament dar. Ihm können alle Sudetendeutschen und alle deutschen, österreichischen und liechtensteinischen Staatsangehörigen angehören. Nach den Beschlüssen der SdN werden die nächsten Aufgaben die Wahl einer sudetendeutschen Exilregierung, deren Maßnahmen zur internationalen Anerkennung und die Schaffung einer Sudetendeutschen Verfassung sein.
Sodann ist die Rückgabe des geraubten Landes anzustreben und die entsprechende Politik darauf auszurichten. Diese schwierige Aufgabe kann nicht mit Zweiflern, sondern nur mit entschlossenen und tatkräftigen Mitarbeitern bewerkstelligt werden.
Dr. Heinz Haidl