http://www.mdr.de/artour/archiv/1141358.html 
Über deutsche Friedhöfe im Sudetenland
Zankapfel oder Grabesruh?
Ein neues Friedhofsgesetz der tschechischen Republik könnte sich jetzt als endgültiger Sprengsatz für deutsche Gräber und Friedhöfe erweisen.

Was wird aus deutschen Gräbern? 
Bis zum 30. Juni 2004 muß für jedes noch vorhandene deutsche Grab in Tschechien ein Antrag gestellt und Pachtgeld entrichtet werden. Passiert das nicht, drohen flächendeckende Neubelegung und Einebnung. Wer sind sie, die hier im Sudetenland unter der Erde geblieben sind, damals – als alle fortgehen mußten? Was passiert mit dem Ort ihrer letzten Ruhe? Mit dem Ort, der teilweise verwahrlost, teilweise geschändet ist und an dessen Gräber das Nutzungsrecht bereits erloschen ist?
Mehr als drei Millionen Sudetendeutsche wurden nach 1945 aus Böhmen und Mähren vertrieben. Zurück blieben Haus und Hof und die Friedhöfe.

In den Jahren des Kalten Krieges wurden Hunderte der deutschen Grabstätten planiert und dem Verfall preisgegeben. Deutsche Grabinschriften wurden zerstört, Grabfassungen als Baumaterial verwendet. Zwischen Liberec, dem ehemaligen Reichenberg, und Brünn sollte nichts mehr an ihre jahrhundertealte Geschichte, Kultur und Tradition in diesem Gebiet erinnern. Trotz aller Zerstörungswut und Zerfallserscheinungen sind heute noch Tausende dieser steinernen Zeugen erhalten. Doch die Generation der Angehörigen, die oft weit weg im Westen leben, stirbt aus. Historiker und Kulturwissenschaftler befürchten, daß mit der weiteren Einplanierung von Gräbern und Friedhöfen nicht nur Lebensgeschichten, sondern auch ganze Dorf- und Siedlungsgeschichten in Böhmen und Mähren verschwinden. Eine Initiative von Deutschen und Tschechen – wenigstens Grabstätten von wichtigen Persönlichkeiten unter Denkmalschutz zu stellen – fand bei der Prager Regierung bisher keine Resonanz. Droht nach der Vertreibung der Lebenden nun die Vertreibung der Toten?

Eingesandt von Franz Zappe 2004-01