Radio Prag 2004-06-23:
Kapitel der Geschichte Jaloslava Gissubelova
Helfer und Flüchtige unter dem kommunistischen Regime
Willkommen beim Hörfunk, heute kehren wir zurück in die Zeit um 1950, als viele Tschechen beschlossen, nach Westen zu fliehen. Wie und unter welchen Bedingungen das geschah, darüber wollen wir sogleich die folgende Seite der Geschichte aufschlagen.
Wir beginnen in Franzenstal (Frantiskov), einem kleinen Dorf im Böhmerwald in Südwestböhmen: Durch diesen Pfad verließen tschechische Bürger, die in die Freiheit wollten, ihr Vaterland nach dem Februar 1948 ist auf tschechisch und deutsch zu lesen auf einem Denkmal, welches dort am vergangenen Samstag enthüllt wurde. Das Denkmal wurde errichtet von einem Freundeskreis für tschechisch-deutsche Verständigung zum Gedenken für Tschechen und Deutsche, die denen halfen, die Grenze zu überqueren, die vor dem neuen kommunistischen Regime flüchteten.
An der Gebirgskette des Böhmerwaldes an der tschechisch-bayerischen Grenze war unter dem vorangegangenen Regime eine streng bewachte Militärzone eingerichtet worden, die zu Fuß zu durchqueren verboten war. Es war ein verlassenes und fast menschenleeres Gebiet, bis auf einige wenige zurückgebliebene frühere Bewohner. Durch dieses Gebiet führte der Weg in die Freiheit. Die Überquerung der Grenze war ein gewaltiges Wagnis für beide Seiten, für die, die beschlossen hatten zu fliehen und für die, die ihnen die Flucht über die Grenze ermöglichten. Diese furchtlosen Lotsen kannten genau jeden Pfad durch den fast undurchdringlichen Wald. Denen zu helfen, die beschlossen hatten zu emigrieren, war keine Frage des Geldes, sondern der Überzeugung, da doch sie selbst keine Anhänger der neuen (kommunistischen) Ordnung waren.
Deshalb haben wir unseren Mitbürgern den Weg gezeigt, weil ihre einzige Schuld darin bestand, in einem freien Land leben zu wollen. Es waren die, die auf Grund ihrer sozialen Herkunft zu Klassenfeinden erklärt wurden, Personen, die als Verräter und Kriminelle eingestuft, die wie wilde Tiere gejagt wurden, getötet von Kugeln bei der Flucht über den Biertopffelsen, erinnerte sich Kveta Penickova vom Freundeskreis. Man wird wahrscheinlich nie mehr erfahren, wie viele Tschechen unter diesen Bedingungen nach dem Putsch von 1948 ihr Land verlassen haben. Gemäß den Statistiken des Instituts zur Dokumentation und Untersuchung der Verbrechen des Kommunismus sind an der Grenze 180 Personen getötet worden, weitere 88 haben den Tod gefunden durch die unter hoher elektrischer Spannung stehenden Zäune, die an der Westgrenze zwischen 1952 und 1964 angebracht waren. Die Situation an der Grenze nach dem Februar 1948 hat Josef Pek in Der Chronik des Böhmerwaldes beschrieben. Es handelt sich dabei um eine einzigartige Publikation, die auf der Erinnerung von 3000 Zeitzeugen beruht.
Von den alten Königen des Böhmerwaldes wie man diese mutigen Fluchthelfer nennt, sind noch einige am Leben, alle leben jedoch im Ausland: Josef Hasil und Jan Hrdlicka in den USA, Josef Hones in Deutschland, Franzisek Randak, Franzisek Nusko und Rudolf Vesely haben sich in Kanada niedergelassen. Der legendäre König des Böhmerwaldes, der Deutsche Kilian Novotny, der Hunderte von Personen über die tschechisch-deutsche Grenze geleitete, starb vor einigen Jahren in Bayern. Die 77-jährige Miluse Pikova, eine der Initiatorin zur Errichtung des Denkmals, hat nichts vergessen: Sie war 21, als sie beschloß, das größte Risiko ihres Lebens einzugehen: Kilian Novotny zu unterstützen. Jeden Monat verbrachte sie mindestens 3 Nächte in seinem Haus, bevor sie die Flüchtlinge über die Grenze geleiteten. Obwohl sie für diese Hilfe zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt und ihres gesamten Vermögens enteignet wurde, bedauert sie nichts. Es war für eine gute Sache, an die Folgen haben wir nicht gedacht, sagte sie. (...)
zugesandt von einem in Außergefild geborenen Sudetendeutschen, einem Neffen des Josef Hones, von ihm selbst aus dem Französischen übersetzt. 2004-12-11
*) nach der Vertreibung der zu 98,3 % deutschen alteingesessenen Bevölkerung und der Vernichtung von vielen hundert sudetendeutscher Dörfer und Städte durch Völkermord und Willkür des Herrn Bene und seiner kommunistischen Nachfolger. ML