Kommentar von Horst Seidenfaden am Sonnabend, 2003-06-21
in der HNA Fritzlar-Homberger Allgemeine Nr. 141, Titelseite:

Zum Tage
Ankläger am Pranger
Horst Seidfenfaden über Michel Friedman

Michel Friedmans Talkshows waren ein besonderes Element im deutschen Fernsehen. Besonders deshalb, weil kein anderer Talkmaster auf so penetrant-arrogant wirkende Art seinen Gesprächspartnern ins Wort fiel, handgreiflich von ihnen Besitz nahm und sich selbst als sittlich, moralisch und politisch unanfechtbaren Chefankläger gerierte. Friedman polarisierte wie kein anderer – und hatte folgerichtig nicht nur Fans.
Gerade seine Gegner werden ob seines vorläufigen Sturzes nicht mit Häme sparen. Das muß Friedman, der knallharte Austeiler, abkönnen, man braucht halt Durchhaltevermögen, wenn man selbst mal am Pranger steht. Wie jeder andere Bundesbürger aber hat auch Friedman einen Anspruch darauf, bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig zu gelten.
Wird ihm eine Schuld nachgewiesen, so wird seine Rückkehr nicht nur auf den Bildschirm problematisch. Denn die moralische Instanz Friedman, von ihm selbst erschaffen, hätte er auch selbst erledigt.