Meldung von Radio Prag 2002-02-12

Cheb will seine 800 Hektar Waldboden in Deutschland bewirtschaften
Die westböhmische Stadt Cheb/Eger will nach dem EU-Beitritt Tschechiens auf 800 Hektar Waldboden, die sie in Deutschland in ihrem Besitz hat, wirtschaftliche Tätigkeiten betreiben. Wie in einer Beilage der Ausgabe der Tageszeitung Mlada fronta Dnes am Dienstag zu lesen ist, will Cheb sich seines aus der Geschichte herrührenden Besitzes auf deutschem Boden nicht durch einen Verkauf entledigen. Diesen erwog die Stadtratsführung vor drei Jahren, nachdem die bayrische Landesregierung den Waldboden für 10 Millionen Mark abkaufen wollte. Das Angebot wurde damals vom Cheber Stadtrat abgelehnt.

Welche Fragen drängen sich hier auf?

1
Woher stammen die von den jetzigen Machthabern in Eger erhobenen Rechte an Ländereien in Bayern?

2
Wie sind die Rechte an dem bayrischen Wald auf die jetzige Stadt Cheb übergegangen?

3
Können nicht – falls die Stadt Cheb tatsächlich ein Anrecht haben sollte auf Ländereien in Bayern – diese Immobilien zur Entschädigung der völkerrechtswidrig vertriebenen Sudetendeutschen herangezogen werden????

4
Was tut die Sudetendeutsche Landsmannschaft in dieser Sache, was die Egerländer Heimatgemeinschaften?

ML 2002-02-12

Habe schon erste verständnislose Nachfrage hierzu erhalten. Freue mich auf weitere Diskussion! Und ich bitte alle Kenntnisträger, über die Rechtsgrundlage der tschechischen Forderung zu berichten – wenn möglich in deutscher Sprache. ML 2002-02-13

2002-02-14: Ergänzende Informationen:
Egerer Stadtwald, gelegen in den Gemarkungen Ottengrün und Neualbenreuth, Amtsgericht und Grundbuchamt Tirschenreuth (seinerzeit Waldsassen), 634 ha groß, Eigentümer im Grundbuch seit 1920 :          Stadt Eger.
Der Wald befand sich u.a. seit 1554 im Territorialbesitz der Stadt Eger.
Das höchste bayerische Zivilgericht, das Bayerische Oberste Landgericht, hat bereits zweimal, nämlich in den Jahren 1965 und 1972, der tschechoslowakischen Stadt
Cheb das Verfügungsrecht über den Egerer Stadtwald zugestanden.
Der Bundestag verhinderte dann allerdings im Jahre 1965 den Ausverkauf und stellte den Egerer Stadtwald unter die „vorläufige treuhänderische Verwaltung“ der Bundesrepublik Deutschland.
Der Ehrenvüarstäiha der Eghalanda Gmoi z`Marktredwitz, Horst Süßner, teilte mir im Oktober 1997 mit, daß die Erlöse aus dem Wald an die Deutsche Ausgleichsbank fließen. Ich nehme an, das ist wohl heute noch so.

Hierzu noch ein Hinweis:  
Jürgen Massopust aus Aalen legte 1977 seine INAUGURAL-DISSERTATION an der Universität Würzburg vor mit dem Thema:   
Die Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts
zur Frage des Eigentums am Egerer Stadtwald.

Die Dissertation liegt vor. Auszüge daraus veröffentliche ich mit Genehmigung des Autors. ML 2003-03-12

In dieser Doktorarbeit kamen die Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts nicht sehr gut weg.
Recht freundliche Grüße!         Adolf Zintl 2002-02-13

Danke, Herr Zintl! 
Nun bin ich gespannt, ob irgendjemand diese Dissertation auftreiben kann
und sich damit beschäftigen mag!
Nach meiner Ansicht zielt alles auf eine Klärung der Frage:
Wer ist die Stadt Cheb? Wer war die Stadt Eger?
Kann man nach der Austreibung einer Bevölkerung von 23029 Deutschen, zwischen denen auch 130 Tschechen (knapp 6 Promille) wohnten, noch davon ausgehen, daß es vertragliche Bindungen gibt, die die Vernichtung der ganzen Stadtgemeinde überdauert hätten?  ML 2002-02-14