Inhaltsangabe, nicht amtlicher Vertragstext, nach Keesings Archiv der Gegenwart 1938 Seite 3817 B:

DEUTSCHLAND. Sudetenland-Eingliederung. TSCHECHO-SLOWAKEI. Nationalitäten. –

Zwischen der deutschen und der tschecho-slowakischen Regierung wurde eine Vereinbarung über die endgültige Festsetzung der Grenzen beider Länder   getroffen. Diese stellt im wesentlichen die ethnographische Berichtigung der Linie vom 5. Oktober (siehe Seite 3749 A) dar. An vier Stellen erfolgte die Berichtigung aus verkehrspolitischen Gründen.

Ferner wurde ein Vertrag über Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen geschlossen. Danach erhalten diejenigen tschecho-slowakischen Staatsangehörigen, die am 10. Oktober 1938 ihren Wohnsitz in einer mit dem Deutschen Reich vereinigten Gemeinde gehabt haben, unter Verlust der tschecho-slowakischen Staatsangehörigkeit mit Wirkung vom 10. Oktober 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn, sie
a) vor dem 1. Januar 1910 in dem mit dem Deutschen Reich vereinigten Gebiet geboren sind oder
b) die deutsche Staatsangehörigkeit mit dem 10. Januar 1920 verloren haben oder
c) Kinder oder Enkelkinder einer Person sind, auf die die Voraussetzungen der Buchstaben a) oder b) zutreffen, oder
d) Ehefrauen von Personen sind, auf die die Voraussetzungen der Buchstaben a), b) oder c) zutreffen.

Tschecho-slowakische Staatsangehörige deutscher Volkszugehörigkeit, die am 10. Oktober 1938 ihren Wohnsitz außerhalb des früheren tschecho-slowakischen Staatsgebiets gehabt haben, erwerben unter Verlust der tschecho-slowakischen Staatsangehörigkeit mit Wirkung vorn 10. Oktober 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie am 10. Oktober 1938 das Heimatrecht in einer mit dem Deutschen Reich vereinigten Gemeinde besessen haben.

Eine Ehefrau erwirbt die deutsche Staatsangehörigkeit nicht, wenn sie ihr Ehemann nicht erwirbt.

Ferner kann die deutsche Regierung bis 10. Juni 1939 das Verlangen stellen, daß Personen nichtdeutscher Volkszugehörigkeit, die nach den Bestirnmungen dieses Vertrages tschecho-slowakische Staatsangehörige bleiben und seit dem 1. Januar 1910 in das mit dem Deutschen Reich vereinigte Gebiet zugezogen sind, sowie ihre die tschecho-slowakische Staatsangehörigkeit besitzenden Abkömmlinge das Deutsche Reich innerhalb einer Frist von drei Monaten verlassen. Die tschecho-slowakische Regierung wird diese Personen in ihr Gebiet aufnehmen.

Das gleiche Recht hat die tschecho-slowakische Regierung auf ihrem Staatsgebiet hinsichtlich tschecho-slowakischer Staatsangehöriger deutscher Volkszugehörigkeit.

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Personen nichtdeutscher Volkszugehörigkeit, die die deutsche Staatsangehörigkeit nach den Bestimmungen dieses Vertrages erwerben, ebenso wie deutsche Volkszugehörige, die tschechoslowakische Staatsangehörige bleiben, können bis zum 29. März 1939 für die tschecho-slowakische bzw. für die deutsche Staatsangehörigkeit optieren. Zur Abgabe der Optionserklärung ist berechtigt, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Die Option des Ehemannes ist auch für die Ehefrau wirksam. Eine Option kann nicht zurückgenommen werden.

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Personen, die das Gebiet des Deutschen Reiches oder der Tschecho-Slowakischen Republik verlassen müssen, weil dieses Verlangen gestellt worden ist, sowie Optanten, die bis zum 31. März 1940 ihren Wohnsitz in denjenigen Staat verlegen, für den sie optiert haben, dürfen das gesamte bewegliche Gut, das sie am Tage der Unterzeichnung dieses Vertrages besessen haben, mitnehmen und brauchen keine Abgaben hierfür zu entrichten. Ausgenommen hiervon sind bares Geld, Wertpapiere und Sammlungen, die für das Ausfuhrland von besonderer historischer oder kultureller Bedeutung sind; die Behandlung dieser Sachen bleibt einer besonderen Vereinbarung vorbehalten.

Um die Lage der beiderseitigen Volksgruppen zu regeln, sind die beiden Regierungen übereingekommen, sich über die Fragen der Erhaltung, freien Entwicklung und Betätigung des Volkstums der beiden Volksgruppen fortlaufend zu verständigen. Zu diesem Zwecke wurde ein aus vier ständigen Mitgliedern bestehender Regierungsausschuß gebildet, der dazu berufen ist, alle grundsätzlichen und Einzelfragen, die sich auf das Volkstum der beiden Volksgruppen beziehen, zu regeln.

Markwart Lindenthal 2007-05-24