NACHRICHT VON GERHARD OLTER VOM DEUTSCHEN FREUNDSCHAFTSKREIS IN DANZIG:
Im Jahre 1971, nach der blutig niedergeschlagenen Arbeiterrebellion in Danzig, Gdingen, Elbing und Stettin im Dezember 1970, führte die polnische Behörde (SB Sluzba Bezpieczenstwa Sicherheitsdienst) eine geheime Untersuchung durch, um die Zahl der Bevölkerung anderer Nationalitäten insbesondere deutscher Abstammung in der Danziger Woiwodschaft festzustellen. Wir haben von diesem Material (Daten) 4 Seiten in polnischer Sprache, betreffend hauptsächlich Leute mit deutsche Abstammung.
Die Ergebnisse waren folgend:
Zu dem Gebiet der damaligen Danziger Woiwodschaft, die nach dem II Weltkrieg entstand
(dasselbe wie die heutige Woiwodschaft Pomorskie zusammen mit dem Kreis Elbing) wohnten in
April/Mai 1945 ca. 500 000 Personen (davon in Stadt Danzig ca.124 000), die von
den polnischen Behörden als Deutsche anerkannt wurden. Diese Leute wohnten hauptsächlich
in den Gebieten, die vor 1945 zum Deutschen Reich und zur Freien Stadt Danzig gehörten.
Das Entfernen der Bevölkerung aus diesen Gebieten wurde als erstrangige Aufgabe und als
unumgänglicher Faktor zur Polonisierung der von Polen annektierten Gebiete betrachtet.
Die Zwangsaussiedlung dieser Bevölkerung nach Deutschland begann schon Mitte des Jahres
1945. Bis zum Herbst des Jahres 1947 wurden auf diesen Gebieten viele Aussiedlungsaktionen
durchgeführt, in denen ca. 310 000 Personen zwangsmäßig ausgewiesen wurden, ca.184 000
verließen das Land freiwillig.
Nach Abschluß dieser Aktion (Herbst 1947) blieben noch in diesen Gebieten ca. 6 000
Deutsche, denen die polnische Behörde erlaubte zu bleiben, wenn sie die polnische
Staatsangehörigkeit annähmen. Diese Leute waren hauptsächlich für die Inbetriebnahme
der Seewirtschaft in den Danziger Nachkriegsgebieten unentbehrlich.
Das Ziel der polnischen Behörden war die schnellstmögliche Aussiedlung der deutschen
Bevölkerung und das Verwischen deutscher Spuren in diesen Gebieten, besonders in Danzig.
Die Bevölkerung wurde nach einem bestimmten Plan ausgesiedelt, und an erster Stelle kamen
Intelligenz, Geistliche und Lehrer an die Reihe. Sofort wurde das deutsche Sprache in den
Kirchen verboten und auch in den Schulen wurde das Verbot der deutschen Sprache
eingeführt. Um diese Verbote wirksam einzuführen, wurden gerade in erster Linie
Geistliche und Lehrer ausgewiesen. Es ist zu betonen, daß der Aussiedlung auch Mitglieder
und Aktivisten der antifaschistischen Widerstandsbewegung sowie Mitglieder der
Kommunistischen und Sozialistischen Partei Deutschlands unterlagen. Die deutsche
Bevölkerung wurde streng kontrolliert, durfte sich nicht außerhalb des Wohnortes
bewegen, mußte zwangsmäßig bei der Enttrümmerung der Stadt und in den entstehenden
Landwirtschaftlichen Produktionsgemeinschaften arbeiten. Wer seinen Wohnort verlassen
wollte, mußte einen speziellen Passierschein bekommen. Im Juli 1946 wurde im Kreis
Lauenburg ein Befahl erlassen, daß jeder Deutsche eine weiße Armbinde auf dem linken Arm
tragen mußte. Sogar die Pflege der Familiengräber wurde von der Behörde als eine
polenfeindliche Aktion betrachtet. In der Stadt Danzig, Zoppot und im Kreis Stuhm (das
waren hauptsächlich die Gebiete in der damaligen Danziger Woiwodschaft Fläche wie
oben , wo Leute deutscher Abstammung wohnten) waren im 1971er Jahr zusammen noch ca
48 000 Personen deutscher Abstammung. Es wurde nachgewiesen, daß diese Bevölkerung,
trotz des Bemühens die Abstammungsunterschiede zu verwischen, weiter ihre deutsche
Sprache in Kontakten unter sich und zu Hause benutzt. Es wurde auch nachgewiesen, daß
einige Menschengruppen keine Hoffnung zur Polonisierung gaben, das betrifft vor allem
ältere Leute der Intelligenz, die sich der Assimilation widersetzten. Die Zahl der
Bevölkerung deutscher Abstammung betrugt in dieser Zeit ungefähr 4 % der gesamten
Bevölkerung der Woiwodschaft Danzig. Man stellte fest, daß diese Bevölkerung sich mit
ihren eigenen Eigenschaften von der sie umgebenen Bevölkerung unterscheidet, auch daß
sich die Minderheit am gesellschaftlichen und politischen Leben der Polen sehr wenig
beteiligt.
Die Untersuchungen ergaben, daß bei Jugendlichen die deutsche Schreibweise ihrer Namen
in polnische Schreibweise geändert wurde, umgekehrt war es bei älteren Leuten, denen man
nach 1945 ihre deutschen Namen polonisiert hatte, sie strebten danach, ihre Namen wieder
in der ursprünglichen deutschen Schreibweise zu benutzen. Nach den Massenauswanderungen
in den Jahren 1957 und 1963 bis 1964 trat ein Rückgang der Ausreisen nach Deutschland
ein, da viele Leute von den polnischen Behörden Absagen erhielten: z.B. in den Jahren
1960 bis 1970 wurden aus der ganzen Woiwodschaft Danzig über 6 000 Anträge um
Ausreiseerlaubnis eingereicht, davon wurden nur ungefähr 1 300 positiv erledigt. Die
Zahl der Antragsteller stieg.
Die Leute, die sich um Ausreiseerlaubnis bemühten, gaben als Grund die Schwierigkeiten
beim Erlernen der polnischen Sprache sowie in der Assimilation an. Sie wollten ihr
Deutschtum nicht aufgeben.
In dieser Zeit erhielten in der Danziger Woiwodschaft 450 Personen Renten aus Deutschland.
Es wurde jedoch festgestellt, daß sich diese Zahl bedeutend verringert, weil die Renten
oft von Familienmitgliedern in Deutschland überwiesen werden oder für dieses Geld Pakete
an diese Leute nach Polen schicken. Forschungen ergaben, daß ungefähr 60 000
Personen systematisch mit ihren Familien in Deutschland korrespondieren, davon bekommen
24 000 Personen regelmäßig Pakete aus Deutschland (davon 6 000 von
Landsmannschaften!).
Die Untersuchungen ergaben, daß die Assimilation am weitesten fortgeschritten ist bei
Jugendlichen, die in der Volksrepublik Polen geboren und erzogen wurden.
Gerhard Olter (DFK Danzig)
(geringfügig geglättet und technisch verbessert nach dem
von Walter Mogk im Informationsdienst Ostpreußen
verbreiteten Text. 2002-02-01 ML)