Sonderdruck der Sudetenpost
am Anfang des Jahres 2001
Die Entrechtung der Sudetendeutschen durch die Benesch-Dekrete.
Benesch-Dekrete? was?
Diese Frage hört man immer wieder, wenn man auf die sogenannte Rechts-Grundlage
für Enteignung und Vertreibung der Sudetendeutschen (und Madyaren) zu sprechen kommt. Was
die Benesch-Dekrete bedeutet haben und noch heute bedeuten. Was in diesen Dekreten an
Ungeheuerlichkeiten geschrieben steht, das wissen nur die wenigsten. Manchmal löst die
Information ein Aha-Erlebnis aus. Man will gar nicht glauben, daß in zwei Staaten, die
der Europäischen Union beitreten wollen, tatsächlich noch immer derart rassistische
Gesetze gelten. Die Forderung nach einer Aufhebung der Benesch-Dekrete in Tschechien und
der Slowakei hat nur dann eine Chance, erfüllt zu werden. wenn das Bewußtsein einer
breiten Offentlichkeit dafür geschärft wird. Einen Beitrag dazu bildet diese Broschüre
mit einer Auflistung der die Sudetendeutschen betreffenden Benesch-Dekrete. Je mehr
Menschen diese Texte lesen und sich dabei wundern, daß so etwas mitten in Europa
heutzutage noch immer gültiges Recht sein kann, desto größer wird der Druck auf die
Politik, mit diesem himmelschreienden Mißstand endlich aufzuräumen.
Im sogenannten Kaschauer Statut, dem ersten Programm der
tschechoslowakischen Regierung der Nationalen Front vom 5. April
1945, wurde im Artikel VII vorgesehen, fast allen
Sudetendeutschen die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft
abzuerkennen, nachdem man sie völkerrechts- und menschenrechtswidrig
wieder als tschechoslowakische Staatsbürger bezeichnete und das Sudetenland
erneut, wie 1918, mit Gewalt besetzte und annektierte. Hiervon sollten jedoch
jene Personen nicht betroffen werden. die sich vor und nach München 1938, das
heißt dem Münchener Abkommen, loyal und treu zur Tschechoslowakei bekannten, jene, die
nach München 1938 ins Exil gingen und als Antinazisten und Antifaschisten
angesehen wurden. Im Kaschauer Statut, genannt nach dem
ersten Regierungssitz der tschechoslowakischen Regierung nach ihrer Rückkehr aus London
über Moskau, wurde also primär nur die Vertreibung für jene Sudetendeutschen
vorgesehen, die nach tschechoslowakischer Auffassung wegen Verbrechen gegen die
Republik zu verurteilen waren und jene, die nach München 1938 einwanderten.
Jedoch sofort nach Kriegsende wurden die Sudetendeutschen stigmatisiert, indem sie weiße
Armbinden oder Stoffteile mit dem schwarzen Aufdruck N (N als
Zeichen für Nemec = Deutscher) tragen mußten. Ihre Lebensmittelkarten
erhielten einen quergeschriebenen Aufdruck: Deutsche. Dies führte für sie zu
einer völlig unzureichenden Lebensmittelzuteilung. Einkaufen durften sie nur zu
bestimmten Stunden. Der größte Teil der Sudetendeutschen wurde aus ihren Wohnungen in
Notunterkünfte und Lager getrieben und gepfercht. Das Programm von Kaschau
(einer Stadt in der Ostslowakei) änderte sich jedoch binnen weniger Wochen. Die rund 3,5
Millionen Sudetendeutschen wurden enteignet und bis auf rund 330.000 bis 350.000
völkerrechts- und menschenrechtswidrig ihrer Heimat und ihres Besitzes beraubt und
ausgetrieben. Die Massenaustreibung vollzog sich in zwei Phasen, der sogenannten wilden
Austreibung in den Monaten Mai bis Juni 1945 und der von
tschechoslowakischen staatlichen Behörden beziehungsweise den Nationalausschüssen
organisierten Massenaustreibungen von Juli 1945 bis Oktober 1946. Es kam zu über 240.000
Vertreibungsopfern, darunter unzählige Pogrom-Tote. Die totale Enteignung,
Rechtlosmachung und Zwangsarbeit wurden durch die Dekrete des Präsidenten
der Republik von Staatspräsident Dr. Edvard Benesch ausgelöst. Zu diesen
gesetzgeberischen Akten und zur Regierungsarbeit wurde er durch das Kaschauer
Programm ermächtigt. Die menschenverachtenden Dekrete
wurden zusätzlich von den Mitgliedern der Regierung beziehungsweise den zuständigen
Ressortleitern unterzeichnet. Sie wurden im nachhinein von der Nationalversammlung
bestätigt und bisher nicht widerrufen und besitzen daher auch heute noch Gesetzeskraft,
die auch durch aktuelle Gerichtsurteile indirekt immer wieder bestätigt wird.
Folgende Dekrete über Enteignung, Entrechtung und Zwangsarbeit wurden
1945 erlassen:
1. Das Dekret betreffend
die Ungültigkeit einiger vermögensrechtlicher Geschäfte aus der Zeit der
Unfreiheit und über die nationale Verwaltung der Vermögenswerte der Deutschen, der
Magyaren, der Verräter und Kollaboranten und einiger Organisationen und Anstalten
vom 19. Mai 1945.
Dieses Dekret bildete die Grundlage für die Enteignung des privaten und Volksvermögens
der in der Tschechoslowakei lebenden Deutschen. Aufgrund des Dekrets wurde das gesamte
Vermögen dieser Personen unter nationale Verwaltung, das
heißt unter die Verwaltung der zuständigen Nationalausschüsse
(die in der Regel von der Kommunistischen Partei angeführt wurden) gestellt. Mehrere
Millionen Sudetendeutsche wurden mit diesem beispiellos brutalen Akt de facto enteignet.
2. Das Dekret betreffend
die Konfiskation und beschleunigte Aufteilung des
landwirtschaftlichenVermögens der Deutschen, Magyaren, wie auch der Verräter und Feinde
des tschechischen und slowakischen Volkes vom 21. Juni 1945.
Dieses Dekret bot die Handhabe zur Beschlagnahme des gesamten landwirtschaftlichen
Besitzes der Sudetendeutschen. Dieser wurde einem nationalen Bodenfonds
unterstellt, der wiederum von Nationalausschüssen gebildet wurde.
3. Die Bekanntmachung des
Finanzministeriums vom 22. Juni 1945 über die Sicherstellung
des deutschen Vermögens.
Damit wurde das Gesamtvermögen der Sudetendeutschen, das bei Geldinstituten hinterlegt
war (zum Beispiel Geld- und Wertpapierbesitz), konfisziert, außerdem wurden die deutschen
Unternehmungen und deutschen Institutionen gezwungen, spätestens innerhalb von 15 Tagen
ihr gesamtes Vermögen auf ein vom Finanzministerium bestimmtes Sperrdepot zu hinterlegen.
4. Das Dekret des
Präsidenten der Republik vom 20. Juli 1945 über die Besiedlung
des landwirtschaftlichen Bodens der Deutschen, der Magyaren und anderer Staatsfeinde durch
tschechische, slowakische und andere slawische Landwirte.
Mit diesem Dekret wurde die Konfiskation des landwirtschaftlichen Besitzes der
Sudetendeutschen bestätigt, um ihn möglichst rasch an tschechische und slowakische
Neusiedler billig zu verteilen.
5. Das Verfassungsdekret
des Präsidenten der Republik vom 2. August 1945 über die Regelung
der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft der Personen deutscher und magyarischer
Nationalität.
Veröffentlicht wurde das Dekret am 10. August 1945. Im Paragraph 1, Punkt 1 heißt es:
Tschechoslowakische Staatsbürger deutscher oder magyarischer Nationalität, die
nach den Vorschriften der fremden Besatzungsmacht die deutsche oder die ungarische
Staatsangehörigkeit erworben haben, haben mit diesem Erwerb die tschechoslowakische
Staatsangehörigkeit verloren; im Punkt 2: Die übrigen tschechoslowakischen
Staatsbürger deutscher und magyarischer Nationalität verlieren die tschechoslowakische
Staatsbürgerschaft mit dem Tage, an welchem dieses Dekret in Kraft tritt.
In einem Kommentar, der vom Abteilungsleiter im tschechoslowakischen Innenministerium, Dr.
Vladimir Verner, in der Zeitschrift Pravni praske (9/1945) veröffentlicht
wurde, heißt es: Der Zweck des Dekrets ist es, die Deutschen zur
Vorbereitung ihres Abschubs aus dem Gebiet der Tschechoslowakei ihrer Staatsbürgerschaft
zu entkleiden.
6. Das Dekret vom 19.
September 1945 über die Arbeitspflicht der Personen, welche die
tschechoslowakische Staatsbürgerschaft verloren haben.
Mit diesem Dekret wurde die Zwangsarbeit für alle Personen angeordnet, denen nach dem
Dekret vom 2. August 1945 die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft
aberkannt worden war. Dieser Zwangsarbeit unterlagen Männer vom vollendeten 14. bis zum
vollendeten 60. Lebensjahr und Frauen vom vollendeten 15. bis zum vollendeten 50.
Lebensjahr.
7. Auf Grund der
Kundmachung des Finanzministeriums vom 22. Juni 1945 mußten sämtliche
Zahlungen an Deutsche auf Sperrkonten erfolgen, selbst die Zahlungen aus Löhnen und
Dienstbezügen, die den Betrag von 200 Kronen überstiegen.
Über die auf diesen Sperrkonten lagernden Beträge konnte nur mit besonderer
behördlicher Genehmigung verfügt werden. Die verbliebenen Sperrkonto-Guthaben wurden
später mit Wirkung vom 1. Juli 1953 zugunsten des Staates eingezogen. In
Sperrdepots mußten ferner alle Wertpapiere, Wert- und Kunstgegenstände und sonstige
Wertsachen hinterlegt werden. Sie wurden ebenfalls entschädigungslos enteignet.
8. Das Dekret vom 25.
Oktober 1945 über die Konfiskation des feindlichen Vermögens und
die Fonds der Nationalen Erneuerung.
Dieses Dekret bildete die Grundlage zur Enteignung des übrigen Vermögens der Deutschen,
das durch die Dekrete vom 19. Mai bzw. 21. Juni 1945
noch nicht erfaßt war.
9. Das Dekret vom 27.
Oktober 1945 über die Zwangsarbeit-Sonderabteilungen.
Ihm zufolge konnten alle als staatlich unzuverlässig erklärten Personen auf unbestimmte
Zeit in Zwangsarbeit-Sonderabteilungen (Konzentrationslager)
inhaftiert werden. Dieses Dekret wurde ergänzt durch die
10. Bekanntmachung des
Ministeriums des Inneren vom 2. Dezember 1945 über die Richtlinien
zur Durchführung des Dekrets des Präsidenten der Republik über die Arbeitspflicht von
Personen, welche die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft verloren haben.
11. Gesetz über die
Rechtmäßigkeit von Handlungen, die mit dem Kampf um die Wiedergewinnung
der Freiheit der Tschechen und Slowaken zusammenhängen.
Eine Handlung, die in der Zeit vom 30. September 1938 bis zum 28.
Oktober 1945 vorgenommen wurde und deren Zweck es war, einen Beitrag zum Kampf um
die Wiedergewinnung der Freiheit der Tschechen und Slowaken zu leisten, oder die eine
gerechte Vergeltung für Taten der Okkupanten oder ihrer Helfershelfer zum Ziel hatte, ist
auch dann nicht widerrechtlich, wenn sie sonst nach den geltenden Vorschriften strafbar
gewesen wäre.
Mit diesem sogenannten Amnestiegesetz wurden praktisch alle
an Deutschen und Ungarn im Zuge der Vertreibung begangenen Verbrechen legalisiert.
Die verbrecherischen Anordnungen der Benesch-Dekrete, die mehrere
Millionen Menschen ausplünderten und beraubten, sind ohne jedes Beispiel.
Unabdingbare Grundvoraussetzung für jeden sudetendeutsch-tschechischen Ausgleich ist die
Aufhebung dieser nach wie vor gültigen rassistischen Gesetze.
(Großteils entnommen aus: Die Sudetendeutschen und ihre
Heimat. ISBN3-928415-00-X)
Die Benesch-Dekrete sowie das Kaschauer Programm sind bereits hier veröffentlicht: gehen
Sie mit dem Rückwärts-Zeiger Ihres Brausers zurück!
ML 2000-01-13