Die Wurzeln des Unheils - Zeitgeschichte ohne Mythen.

Hans-Henning Bieg, Bremen © 1999, 329 Seiten. ISBN 3-9801239-5-2

Endlich einmal „Zeitgeschichte ohne Mythen“, so der Untertitel des Buches, dem weite Verbreitung zu wünschen ist, denn der Autor hat den Mut, gegen den Zeitgeist zu schreiben und gegen das, was heute als political correctness gepriesen wird. Anhand eines offenbar über viele Jahre zusammengetragenen Materials, einer schier nicht zu überschauenden Reihe von Historikern und von Zitaten aus ihren Äußerungen, geht Bieg auf die Wahrheitssuche über die politischen Zusammenhänge, die zu dem schrecklichsten Krieg der Neuzeit führten; er analysiert die Ursachen, die zu der verhängnisvollen Judenvernichtung führten, die, nach internationalem Willen, deutsche Erblast für Generationen bleiben soll. Und er beklagt die Eilfertigkeit, mit der das politische wie auch das publizistische Deutschland dieser geforderten Haltung servil nachkommt.
Überzeugend legt er dar, daß England, Rußland und Amerika den 2. Weltkrieg gegen Deutschland nicht wegen des Nationalsozialismus oder gar wegen der Judenverfolgung führten, und er folgert: Sie führten ihn, weil gegenüber ihren eigenen Weltzielen für eine starke Stellung Deutschlands einfach kein Platz war. Diese einfache Tatsache wird bis heute in der Geschichtslegende übergangen“.

Der Autor schreibt ohne Schaum vor dem Mund, kein „J'accuse“, sondern eine nüchterne, aber engagierte Analyse, ein Aufzeigen vielfach verschwiegener oder unterdrückter Zusammenhänge. Den Ausgangspunkt für die Entwicklung in Deutschland sieht er in dem Diktat von Versailles und in der Ablehnung jeglicher Revision durch die damaligen Siegermächte. Das Deutschland der Weimarer Republik drohte im Chaos zu versinken, und so wurde ein starker Mann mit einer verbindenden Ideologie begrüßt. Von hier aus zeichnet Bieg den Aufstieg und den Fall des Nationalsozialismus und seines 3. Reiches nach, die Einwirkungen der Außenkräfte ebenso wie das eigene Verschulden. Keines der „heißen Eisen“ wird ausgespart, sondern mit erfrischender Deutlichkeit und Unbefangenheit angegangen.
                                                                                                   Dr. Erich Pillwein

Eine Buchbesprechung des Verlages:

Deutschland lag in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts, mehr als zuvor und wie kaum ein anderes Land, im Zielfeld der Politik anderer Mächte. Diese bei der Beschreibung deutscher Politik wie der Geschichte Europas und der Welt auszublenden, ist daher unzulässig. Einen Gipfel der Einseitigkeit offenbaren jene, welche Hitler durch Hitler erklären wollen. Weltgeschichte ist nicht germanozentrisch, wer wollte das im Ernst behaupten. Aufgabe der Geschichtswissenschaft kann es ebenso nicht sein, bei der Beschreibung einzelner Handelnder stehen zu bleiben, das Bild würde immer verzerrt. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert sind die Beziehungen der Staaten global. Geschichte und Schicksal ergeben sich aus Wechselwirkungen. Sucht ein Betrachter die Moral, ist er schon in der Irre.

Deutschland wird in dieser Studie in seiner Rolle als Mittäter gewiß nicht verschont. Aber die USA, Rußland und England verfolgten energisch, unabhängig von Deutschland und seinem System, eigene Ziele in der Welt zur Verteilung der Macht. Polen und die Tschechoslowakei, direkte Nachbarn Deutschlands, betrieben dazu aggressive Expansions- und Vertreibungspläne, die sie dann 1945 auch verwirklichten. Ausländische Historiker belegen beides fundiert. Niemand wird bestreiten, daß es zulässig und selbstverständlich ist, das Geflecht der Fakten zu ergründen. Deutschland in diesem Geflecht zu sehen, kann daher nicht unzulässig sein. Obwohl das jene behaupten werden, welche den Schleier um die Halbwahrheit erhalten wollen. Wozu?

Der Autor erklärt, daß es bei den Politikern und Medien, die wie der »Spiegel« die Geschichte als »Jahrhundert des Faschismus« zeichnen, gar nicht um die Vergangenheit, sondern um die Gegenwart geht. Ihre Macht gründet sich auf der schiefen Darstellung. Darum sollen wir Geschichte nicht begreifen. Schiebt man die Meinung der Eiferer beiseite, ist das Vergangene mit den heute zur Verfügung stehenden Quellen sehr wohl zu entschlüsseln.

Der Leser kann selbst entscheiden: War das Weltkriegsergebnis von 1945 mit dem Zusammentreffen von Amerikanern und Russen an der Elbe die lapidare Folge einer Provokation Hitlers? Oder war es vor allem das Ergebnis des Ausgreifens von Roosevelt und Stalin in die Welt und auf Europa, dem gewollt die Chance genommen wurde, sich selbst zu finden?

Der Autor, Jahrgang 28, Amateur zwischen Historikern, zieht nach jahrzehntelangem Studium der Literatur einen Querschnitt durch die Analyse vor allem nichtdeutscher Historiker und Publizisten. Je größer der Abstand nach den Weltkriegen, das Suchen nach einer Synthese ist die Aufgabe, welche auf die Historiker noch wartet.