Buchbesprechung
Hugo, das Delegationskind Als Bene meine Familie
zerstörte ...
Hugo Fritsch beschreibt als gereifter Mann aus dem Abstand von fast 55 Jahren in einer
fast wissenschaftlich emotionslosen Sprache das, was sich dem damals 11 bis 14jährigen
Knaben unauslöschlich ins Gedächtnis geschrieben hatte.
Im Gegensatz zu vielen Berichten, die aus dem Erleben heraus niedergeschrieben wurden und
auch im Gegensatz zu den Berichten Erwachsener, die all das schreckliche Geschehen um
Kriegsende und Vertreibung bewußt und in eigener Verantwortung und oftmals in
unerträglicher Hilflosigkeit erlebten, hatte der Knabe Hugo Fritsch den Völkermord an
den Protektoratsdeutschen, den Sudetendeutschen und den schlesischen Flüchtlingen als
unschuldiges Kind erlebt. Er konnte damals die Tragweite des Geschehens gar nicht
erfassen. Er erlebte die Flucht aus Brünn, die Eisenbahnfahrt nach Blatna, den Aufenthalt
in einem Flüchtlingssammellager wie ein großes Abenteuer. Und selbst die Internierung,
den gewaltsamen Abtransport nach Prag, die Trennung seiner Familie, die Zwangsarbeit
beschreibt der Autor, als stehe er auf einem anderen Stern und gehe ihn das Leiden des
Knaben gar nichts an. Im Februar 1946 starben binnen knapp 20 Tagen alle seine
Angehörigen. Die tschechische Großmutter hatte sich so aufgeopfert für ihre deutschen
Angehörigen, daß sie am 2. Februar hingerafft wurde. Es folgte der große Bruder
das 10monatige kleine Brüderchen war schon lange vorher gestorben. Am 10. Februar 1946
half der Knabe, seine Mutter zu begraben und am 20. Febraur 1946 stand er vor dem
Grabkreuz, das seines Vaters Namen trug.
Man könnte dieses Buch lesen, ohne eine Träne zu verlieren. Hugo Fritsch rührt nicht
das Gemüt. Er berichtet nur wie von einem anderen Stern.
Aber man hält doch unwillkürlich inne.
4 Tage vor dem letzten Flüchtlingszug hatte meine Familie Brünn verlassen, mit
Wehrmachtsfahrzeugen nach Iglau. Welche Wunder behüteten meine Eltern, meine beiden
großen Geschwister und mich auf dem vier Monate dauernden Weg von Brünn nach Flensburg?
Die Berichte meiner Eltern liegen (noch?) nicht gedruckt vor.
Franziska und Hugo Wagner beschreiben ihren schwersten Weg in dem Buch
Sudetendeutsche Leidenswege (ISBN 3-88741-192-7). Auch Mutter Wagner verließ
in der Aprilmitte die Heimatstadt Brünn. Auch für Familie Wagner wurde Prag zur
Schicksalsstadt, in der sie die kleine Tochter verlor.
2005-11-16:
In tschechischer Sprache erschien Fritschs Bericht im Jahre 2004 in einem
Buch ... bylo mi 13 (... ich war 13) ISBN 80-902340-4-6.
Die vierte, überarbeitete, stark erweiterte (172 Seiten, gebunden) und umfangreicher bebilderte deutsche Auflage 2006 (ISBN 3-00-06713-2) wird für 12 uro plus Versandkosten vom Autor vertrieben.
Das neue Buch ist mit einem Nachwort der bekannten tschechischen Autorin Sidonia Dedina (Benesch, der Liquidator) versehen, das ich wegen seiner überragenden Bedeutung auch hier vorstelle.
Das schrieb ich 2003 zur 3. Auflage:
Dem Buch von Hugo Fritsch wünsche ich eine vierte, verbesserte Auflage und dazu einen
Verlag, der es versteht, Rechtschreibregeln anzuwenden. Die dritte Auflage ist ein
schlagender Beweis dafür, wie der Schreibregelumsturz der Kumister von 1998 nicht etwa
zum leichteren Lesen dient, sondern alle Regeln zerschlug und der Beliebigkeit aller
Schreibweisen freie Bahn gab. Nicht etwa, daß der Text nach bewährten Regeln geschrieben
wäre, aber weiß Gott auch nicht nach den willkürlichen Dummdeutschregeln (sogenannte
Schreibreform). Da wird willkürlich mitten in der Silbe getrennt, da wird ausein ander
geschrieben oder zusammengeschrieben wie es einem Grundschüler gefallen könnte. Das /
dass / daß werden fast schon prinzipiell falsch gesetzt, die ck-Trennregel wendet man
perfekt an und macht aus »zurückgenommen« die Mißgeburt »zurük-kgenommen«
und ähnlich. Daß die Kommasetzung der Erleichterung des Lesens dienen soll, kann man nur
am Rande erahnen. Typografische Hilfen zum unterschiedlichen Verständnis von Berichten,
Rückblenden oder erklärenden Einschüben jüngerer Erläuterungen darf man gewiß nicht
erwarten. Schade. Der Verlag hat doch einen so schönen Namen.
Hugo Fritsch: Hugo, das Delegationskind. Als Bene meine
Familie zerstörte ...
ISBN 3-930648-45-8 3-00-06713-2160 Seiten 12 × 18 cm , broschiert, mit vielen Abbildungen von Dokumenten zur
Austreibung der Deutschen
einschließlich Versand 14,20 uro.
Bestellung bei Buchversand Oberaudorf. Ruf/Fax 0043-5373-62271
oder beim Autor.
ML 2003-08-11
Ergänzung 2006-03-25:
Bei der Buchhändlervereinigung wird das Buch nunmehr unter dem Doppeltitel Hugo,
das Delegationskind Als Benes meine Familie zerstörte ... geführt, nachdem
die erste und zweite Auflage den Titel Hugo, das Delegationskind und die
dritte Broschur Als Bene meine Familie zerstörte ... trug.
Das Büchlein trägt die Prädikate
für Bayerische Schulbibliotheken empfohlen ( 7. 8. Jahrgangsstufe)
und
vom Österreichischen Bildungsministerium gefördert
Der Autor besucht seit mehreren Jahren regelmäßig Schulen in Tschechien, Deutschland, Österreich und Südtirol, um dort über diesen Teil der deutschen Geschichte Zeitzeugenunterricht zu geben.
Hierüber ein Zeitungsbericht:
MORAVSKY SEVER vom 7. März 2006