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ADALBERT - STIFTER - ZENTRUM
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Tschechisch-deutsch-österreichisches Studien- und Bildungszentrum europäischen Geistes
Cesko-nemecko-rakouské studijní a vzdelávací centrum v evropském duchu
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in Oberplan im Böhmerwald
v Horní Plané na Šumave

Pressemitteilung

Oberplaner Gespräche 2003:

„HEIMAT – Gefährdetes Gut gestern und heute“
Tschechen und Deutsche aus den böhmischen Ländern sprachen darüber miteinander

Mehr als achtzig tschechische und (sudeten-)deutsche Multiplikatoren – Lehrer, Erzieher, Journalisten, Kommunalpolitiker, Studenten u.a. – trafen sich vom 12. bis 14. September 2003 in Oberplan (Horní Planá) im Böhmerwald (Südböhmen), um über das Thema „Heimat – Gefährdetes Gut gestern und heute“ miteinander zu sprechen. Die deutschen Teilnehmer kamen gleichermaßen aus dem Kreis der heimatvertriebenen wie der heimatverbliebenen Deutschen aus Böhmen, Mähren und Schlesien. Horst Löffler, Initiator und Leiter dieses bereits im siebenten Jahr stattfindenden tschechisch-sudetendeutschen Forums, konnte dabei die Teilnehmer erstmals im „eigenen Haus“, dem im April 2003 eröffneten „Adalbert-Stifter-Zentrum“ willkommen heißen.

Grußworte konnten verlesen werden vom Oberplaner Bürgermeister Jirí Hulka (der durch eine Dienstreise an der persönlichen Teilnahme verhindert war) und von Martin Jäger, Kulturattachée an der Deutschen Botschaft in Prag. Ein persönliches Grußwort sprach Hofrätin Dr. Wilbirg Mitterlehner, Bezirkshauptfrau des benachbarten österreichischen Bezirkes Rohrbach im Mühlviertel.

Professor Alfred Brückner aus Weingarten/Baden-Württemberg (er stammt aus Grulich im nordböhmischen Adlergebirge) führte mit Überlegungen über „Heimat verlieren, Heimat gewinnen“ in das Thema ein, wobei er den Stellenwert von „Heimat“ mit allen ihren Komponenten aus den verschiedensten Blickwinkeln beleuchtete und das früher und heute vorhandene Gefährdungspotential beschrieb.

Dr. Fritz Peter Habel (Grafing bei München, früher Brünn) referierte über „Das Heimatrecht in den böhmischen Ländern – von der Donaumonarchie bis heute“. Er hob dabei auch hervor, daß dieses in Form eines „Heimatscheins“ für jeden einzelnen Bürger in der Tschechoslowakei verbriefte Recht erst 1948 nach der Machtergreifung der Kommunisten außer Kraft gesetzt wurde (daß die Vertreibung der deutschen Bewohner des Landes in den Jahren 1945/46 also auch gegen eigenes tschechoslowakisches Recht verstieß).

Magister Lukaš Novotný aus Karlsbad berichtete von den Ergebnissen seiner Feldforschung in Westböhmen, die sich dem Selbstverständnis und dem kulturellen Leben der dort heimatverbliebenen Deutschen widmete, deren Heimatbezug nach der Vertreibung der meisten Deutschen und der Neuansiedlung einer anderssprachigen Mehrheitsbevölkerung einen ganz eigenen Charakter aufweist.

In einer von Dr. Peter Becher (München) moderierten Podiumsdiskussion schilderten je ein(e) Vertreter(in) der aus den böhmischen Ländern vertriebenen Deutschen (Sigrid Lehneis aus Altdorf bei Landshut, früher Schluckenau in Nordböhmen), der heimatverbliebenen Deutschen (Magisterin Gabriela Pilarová aus Budweis in Südböhmen), der heute außerhalb der Tschechischen Republik lebenden Tschechen (Renata Sink aus München, früher Falkenau in Westböhmen) und der nach der Vertreibung der Deutschen in die früheren sudetendeutschen Gebiete gekommen Tschechen (Magister Ivan Slavík aus Krummau im Böhmerwald, früher Ostrau in Nordmähren), was sie heute als Heimat empfinden, warum sie so empfinden und welche Bindungen sie zum früheren und heutigen Lebensmittelpunkt haben. Übereinstimmend wurde dabei deutlich, daß in der Kindheit starke Bindungen entstehen, die im Erwachsenen weiter vorhanden sind und eine besondere Beziehung zur ursprünglichen Heimat entstehen lassen.

Am Sonntagvormittag referierte Professor Brückner, der früher viele Jahre als Berater der Südtiroler Landesregierung für Schulbuchfragen tätig war, über „Gefährdete Heimat am Beispiel Südtirol“, wobei er betonte, daß die Gefährdung in Südtirol heute nicht mehr so sehr von außen komme, z.B. durch den italienischen Staat, sondern dramatischer von innen, weil der verstärkte (vor allem deutsche) Tourismus traditionelle Lebensweisen und das bisherige Selbstverständnis der Südtiroler als heimatverwurzelte Bevölkerung aufzuweichen und zu zerstören beginne.

Das kulturelle Rahmenprogramm der diesjährigen „Oberplaner Gespräche“ umfaßte einen „Heiteren böhmischen Abend“ mit der tschechischen Volkstanzgruppe „Úsvit“ und der Musikkapelle „Dudlajda“ aus Budweis und die Vorstellung des in zwei Sprachen schreibenden Böhmerwäldler Schriftstellers Karl Klostermann (1848-1923) durch Referat und Lesung, musikalisch umrahmt vom Flötenquartett „Quattro Bohemi“ aus Schwarzbach bei Oberplan. Finanziell unterstützt wurden die „Oberplaner Gespräche“ wie schon in den vergangenen Jahren vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfond, von der Hanns-Seidel-Stiftung in Prag und von der Landesgruppe Baden-Württemberg der Sudetendeutschen Landsmannschaft.

Die nächsten „Oberplaner Gespräche“ sind für den 17.-19. September 2004 vorgesehen.

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