Böhmens tragisches Jahrzehnt
1937-1947

Deutsch-tschechische Begegnung
mit dem Institut für internationale Studien der Universität Prag und der Akademie Sankelmark
vom 11. bis 13. April 2003 in Sankelmark

Acht Jahrhunderte lebten Tschechen und Deutsche auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik zusammen, und dies nicht immer ohne Reibungen und Konflikte. Den „Weg in die Katastrophe“ – um einen tschechischen Historiker zu zitieren – bahnte aber erst die politische Entwicklung seit Mitte der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts. Wenige Jahre reichten, das Miteinander zu zerbrechen. Auch nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft taten die Machtübernahme der Kommunisten und der niedergehende Eiserne Vorhang ein übriges zur Entfremdung von Deutschen und Tschechen. Erst die neunziger Jahre und die erneuerten Begegnungen beider Völker haben uns gelehrt, wie sehr Deutsche und Tschechen das Leid des jeweils anderen Volkes über dem eigenen Leid vergessen hatten.

Braucht Erinnerung nicht aber eine gehörige Portion Vergessen, wenn sie dem Leben dienen will? Die Diskussionen um die Beneš-Dekrete zur Enteignung und Vertreibung der Deutschen aus Böhmen und Mähren lehren jedoch, daß Erinnern sich nicht tagespolitisch instrumentalisieren oder tabuisieren läßt. Hilfreicher und von Dauer ist, gemeinsam, in „brüderlichem Dialog“, Erinnerungsarbeit zu leisten – Erinnerung an das Münchner Abkommen, an die Flucht der Tschechen aus den Sudetengebieten, an die Rolle der Sudetendeutschen im Sudetengau, im Protektorat und im Exil, an den Widerstand der Tschechen, an die Vertreibung der Deutschen und an jene Dekrete, die bis heute zwischen Deutschen und Tschechen stehen.

Der erhitzte Streit um den Fortbestand der Beneš-Dekrete verdeckt den Fortschritt, den die deutsch-tschechische Zusammenarbeit auf beiden Seiten tatsächlich erreicht hat. Umso wichtiger ist es, die Haltbarkeit des gemeinsamen Netzwerks zu prüfen. Unsere Wochenendbegegnung und das Gespräch mit sachkundigen Wissenschaftlern ebenso wie mit Zeitzeugen sollen uns die Sehweise und Urteile des jeweils anderen nahebringen. Sie sollen uns warnen, das Miteinander von Tschechen und Deutschen nicht durch Abkapselung, Ignoranz und Haß aufs Spiel zu setzen.

Die Begegnung wird simultan deutsch und tschechisch übersetzt. Wir laden Sie ein zum deutsch-tschechischen Gespräch!

         Prof. Dr. Jirí Pešek                     Dr. Václav Maidl          Dr. Dietmar Albrecht
    
  Institut für internationale                               Prag                        Academia Baltica
     Studien der Universität Prag                            Vorbereitung und Leitung der Tagung

Unser Titelbild zeigt das Tor zur Kleinen Festung vor Theresienstadt/Terezín im Norden Böhmens: für Österreich-Ungarn Garnison und Staatsgefängnis, für die Prager Gestapo Gefängnis, dann KZ und Durchgangslager für die Juden Europas, im Sommer 1945 Internierungslager für Deutsche, heute antifaschistischer Gedenkort und Museum.

TAGUNGSFOLGE

Freitag, 11. April 2003
16.30 Uhr            Böhmens tragisches Jahrzehnt. Eine Einführung
                          
Prof. Dr. Ferdinand Seibt, München

19.30 Uhr            Das Münchner Abkommen
                          
Dr. Jan Kuklík, Prag

Samstag, 12. April 2003
9 Uhr                  Tschechische Flüchtlinge aus den Sudetengebieten
                           Dr. Jaroslav Macek, Litomerice/Leitmeritz
                          
Wenn die Heimat zur Fremde wird. Das Exil sudetendeutscher Sozialdemokraten und ihrer Familien 1938/39
                          
Dr. Martin K. Bachstein, Pöcking

11 Uhr                Nationalsozialistische Tschechenpolitik unter sudetendeutschem Vorzeichen? Zur Rolle Karl Hermann Franks im Protektorat Böhmen und Mähren
                          
René Küpper M.A., Bonn
                           Der tschechische Widerstand 1939-1945
                           Dr. Václav Kural, Prag

15 Uhr                 Gespräch zu den Themen des Vormittags

16.30 Uhr            Die Vertreibung
                          
Dr. Vladimír Kaiser, Ústi nad Labem/Aussig
                           Die außerordentlichen Volksgerichte in der Tschechoslowakei
                          
Václav Jirík M.A., Cheb/Eger

19.30 Uhr            Die Trennung der Slowakei
                          
Prof. Dr. Vladimir Segeš, Bratislava/Pressburg

Sonntag, 13. April 2003
9 Uhr                  Die „Beneš-Dekrete“. Ihre Entstehung und Wirkung
                          
Prof. Dr. Václav Pavlícek, Prag
                           René Küpper M.A., Bonn

11 Uhr                 Schlußgespräch

12.30 Uhr            Mittagessen, anschließend Abreise

Die Academia Baltica
Concordia domi foris pax. Im Brennpunkt hansischer Begegnung arbeitet die Academia Baltica für Verständigung und Partnerschaft der Deutschen im Netzwerk der Völker und Staaten Ostmitteleuropas und des Ostseeraumes. Seit ihrer Gründung am 24. September 2001 setzt sie die Arbeit der Ostsee-Akademie in Travemünde fort, wie sie im In- und Ausland Anerkennung fand. Inmitten der Lübecker Altstadt, in einem Kaufmannshaus aus dem Jahre 1612, hat die Academia Baltica ihren Sitz: ein paar Schritte die Mengstraße aufwärts steht das Haus der „Buddenbrooks” mit dem Zentrum für Heinrich und Thomas Mann, dichtbei in der Königstraße das künftige Zentrum für Willy Brandt und wiederum um die Ecke in der Glockengießerstraße das Haus für Günter Grass, den dritten der Lübecker Nobelpreisträger. Ihnen verbunden tut die Academia Baltica ihr Teil, damit „die Reiser, die wir pflanzen den Kindern, würden zum Garten. Im Licht“.

Der Förderverein der Academia Baltica
Die Bundesregierung und das Land Schleswig-Holstein fördern die Arbeit der Academia Baltica. Private Initiative muß die Hilfe von Bund und Land ergänzen. Wer die Arbeit der Akademie unterstützen will, kann Mitglied werden im Verein zur Förderung der Academia Baltica. Der Mindestbeitrag beträgt 60 € im Jahr. Beiträge und Spenden sind abzugsfähig.

Anreise
Die Akademie Sankelmark liegt nahe der deutsch-dänischen Grenze 9 km südlich von Flensburg am Nordufer des Sankelmarker Sees. Autofahrer verlassen die Autobahn Hamburg-Flensburg an der Abfahrt Tarp in Richtung Sörup und halten sich gleich darauf auf der Bundesstraße 76 in Richtung Flensburg. Nach 6 km weist ein Schild linksab zur Akademie. Bahnreisende fahren bis zum Bahnhof Flensburg, nehmen von dort ein Taxi (etwa 13 €) oder gehen ein Stück zu Fuß linkerhand den Hang aufwärts zur Haltestelle für den Bus nach Schleswig/Kiel oder Tarp/Eggebek. Die Akademie hat eine eigene Haltestelle.

Teilnahme
Die Gebühr für deutsche Teilnehmer beträgt 80 €, für Schüler, Studenten (bis 30 Jahre) und Arbeitslose 40 €. Im Preis enthalten sind Unterkunft, Verpflegung und Programm. Der Zuschlag für ein Einzelzimmer beträgt 9 € je Übernachtung. Gäste ohne Übernachtung zahlen die Hälfte der Tagungsgebühr. Für Teilnehmer aus Tschechien beträgt die Gebühr 22 €, für Schüler, Studenten, Rentner und Arbeitslose 11 €. Wir erstatten Gästen aus Tschechien die Reisekosten mit dem Bus oder der Bahn 2. Klasse. Wir bitten, die Reisekosten so niedrig wie möglich zu halten, und wir bitten um rasche Anmeldung. Anmeldeschluß ist der 28. 3. 2003. Mit der Bestätigung erhalten Sie weitere Informationen. Erfolgt eine Abmeldung später als vier Tage vor Beginn der Tagung oder erscheint der Teilnehmer nicht, müssen wir die Tagungsgebühr berechnen. – Unsere Tagungsnummer ist 5-03.

Tagungsanmeldung

Academia Baltica
Mengstraße 31
D-23552 Lübeck

Telefon +49(0)451-39694-0
Telefax +49(0)451-39694-25
office@academiabaltica.de
www.academiabaltica.de