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Berichterstattung zum Deutschlandtreffen der Ostpreußen in Berlin
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Aufmerksamkeit haben wir Ihren Fernsehbericht über das diesjährige
Deutschlandtreffen der Ostpreußen in der SF1-Tagesschau vom 11. Mai 2008 verfolgt. Der
Tenor der Berichterstattung sorgte dabei innerhalb und außerhalb unseres Verbandes für
einige Irritationen. Während Sie dem Bund Junges Ostpreußen (BJO) im Kommentar pauschal
Rechtslastigkeit unterstellen, werden im Bild zwei Personen mit extrem kurzem
Haarschnitt eingeblendet, die klischeehaft dem charakteristischen äußeren
Erscheinungsbild bestimmter radikaler Gruppierungen entsprechen. Auf diese Weise setzen
Sie de facto die Tätigkeiten und Anliegen unseres Verbandes mit dem Gedankengut von
Skinheads gleich.
Da Ihre Sendeanstalt grundsätzlich den Ruf der Professionalität genießt, fällt es uns
schwer, die Art der Darstellung auf oberflächliche Recherche und mangelndes
Hintergrundwissen zurückzuführen. Während Sie aus einer Masse von mehreren tausend
Menschen zwei Personen herausgreifen, die dem gesamten Vorstand und allen bisher befragten
Angehörigen unseres Verbandes völlig unbekannt sind und die äußerlich zu dem Bild
passen, das erzeugt werden soll, wird über die wirklichen Aktivitäten des BJO nichts
berichtet.
Warum zeigen Sie keine Bilder von unserem Werbestand, an dem unsere Mitglieder
tatsächlich zu sehen waren?
Warum lenkten Sie die Kamera nicht auf die Jugendgruppe der Allensteiner Gesellschaft
Deutscher Minderheit (AGDM), die sich mit unserer Mitgliedschaft überschneidet und die
gemeinsam mit uns in Berlin aufgetreten ist?
Warum zeigen Sie nicht die polnische Schülergruppe aus Guttstadt (Dobre Miasto), die mit
dem BJO seit einer Woche durch die Bundesrepublik gereist war und sich mit ihrem Lehrer
nun das Ostpreußentreffen angesehen hat? Herr Kowalski vom Johannes-Paul-II.-Gymnasium
schickt inzwischen jährlich seine Schüler zu uns. Könnte und würde er dies als
verantwortlicher Pädagoge einer polnischen Schule tun, wenn er nicht sicher wäre, daß
es sich um eine lohnenswerte und seriöse Sache handelt? Warum befragen Sie nicht den
BJO-Bundesvorsitzenden Stefan Hein, der für unseren Verband spricht und in seiner
Ansprache während der Hauptkundgebung am 11. Mai 2008 dazu aufrief, gemeinsam für
Ostpreußen mit unseren Nachbarn stabile Brücken [zu] bauen? Er warb zudem dafür,
zum besseren gegenseitigen Verständnis mit Osteuropa Russisch und Polnisch als
Schulfächer in bundesdeutschen Schulen einzuführen.
Ein Drittel unserer Mitglieder lebt in Ostpreußen. Darunter befinden sich natürlich
viele Deutschstämmige, aber auch interessierte Polen. Unsere stellvertretende
Bundesvorsitzende Aneta Maciag, die in Ihrem Filmbericht mit der Flagge der Provinz
Ostpreußen in die Kundgebungshalle einzieht, stammt aus einer deutsch-polnischen Familie
und ist in beiden Kulturen zu Hause. Sie leitet jedes Jahr ein Kinderlager mit russischen
Kindern aus dem Königsberger Gebiet.
Der Bund Junges Ostpreußen (BJO) ist als Arbeitsgemeinschaft (AG) innerhalb der
Landsmannschaft Ostpreußen e.V. konzipiert. Damit zeichnet sich die Landsmannschaft
Ostpreußen für seine gesamten Aktivitäten und Tätigkeiten verantwortlich. Wäre hier
etwas zu bemängeln, verlöre die Landsmannschaft
umgehend den Status als gemeinnützige Organisation, den sie heute genießt.
Bei allen offiziellen Anschuldigungen wurde jedes Mal durch die Behörden klargestellt,
daß es im BJO keinerlei Anzeichen für extremistische Tendenzen gibt. Dies können Sie
sich gerne von den zuständigen staatlichen Institutionen bestätigen lassen.
Der SF1-Fernsehbericht zeigt darüber hinaus eine Passage aus der Rede der
stellvertretenden bayrischen Ministerpräsidentin und Sozialministerin Christa Stewens, in
der sie die historisch unbestreitbare Tatsache feststellt, daß es sich bei der
Vertreibung der Deutschen aus den deutschen Ostprovinzen und den Siedlungsgebieten
Osteuropas um die größte ethnische Säuberung in der europäischen Geschichte handelt.
Die bekannt gewordenen Greueltaten an der Zivilbevölkerung, für die der Ort Nemmersdorf
stellvertretend steht, waren extremst: Wem die Flucht nicht gelang, dem drohten
Massenvergewaltigung, Verstümmelung, Verschleppung oder der Tod.
Die traumatisierten Opfer dieser Ereignisse leiden noch heute im späten Alter, dann sogar
teilweise verstärkt, an den Folgen ihrer Erlebnisse, wie Dr. Christoph Muhtz,
Projektleiter am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, festgestellt hat. Nichts anderes
unterstreicht Frau Stewens, wenn Sie konstatiert, daß die Zeit [hier] keine Wunden
[heilt].
Diese Aussagen aus dem Gesamtzusammenhang der Rede herauszutrennen und mit dem
einleitenden Kommentar zu suggerieren, die stellvertretende bayrische Ministerpräsidentin
verdränge die von deutscher Seite im 2. Weltkrieg begangenen Verbrechen, ist wenig
seriös und manipulativ.
Da die beschriebenen Darstellungen Ihres Senders für unseren Verband und unsere
Mitglieder äußerst rufschädigend sind, möchten wir Sie dringend dazu auffordern, eine
Ergänzung und Korrektur Ihres Beitrages vorzunehmen. Zumindest im Internet dürfte dies
problemlos möglich sein.
In Erwartung Ihrer geschätzten Antwort
verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Jochen Zauner
BJO-Bundesvorstandsmitglied
Anlagen:
1. Rede des BJO-Bundesvorsitzenden Stefan Hein anlässlich der Hauptkundgebung des
Deutschlandtreffens der Ostpreußen am 11.05.2008 in Berlin
2. Berichte zu den Kinderfreizeiten des BJO unter Leitung von Aneta Maciag
3. Berichte über Aktivitäten des Guttstädter Johannes-Paul-II.-Gymnasiums mit dem BJO
4. Bericht der Schleswig-Holsteinischen Zeitung über die medizinischen Spätfolgen von
Flucht und Vertreibung
5. Distanzierung des BJO von der JLO
6. Unter www.deutschlandtreffen-berlin.de.vu
finden Sie eine Dokumentation des Deutschlandtreffens.
Kontakt:
Jaroslaw Kowalski,
Gimnazjum Publiczne im. Jana Pawla II,
ul. Garnizonowa 20,
PL-11-040 Dobre Miasto/Guttstadt,
Tel. +48 (0)89 616-10-91,
E-Mail: poczta@gimpub.dobremiasto.net
Der amerikanische Historiker und Jurist Prof. Dr. Alfred-Maurice de Zayas, Sekretär des UNO-Menschenrechtsausschusses a. D., beziffert die von den Vertreibungsgeschehnissen betroffenen Deutschen auf rund 15 Millionen.
Vgl.: De Zayas, Alfred-Maurice: A Terrible Revenge. The Ethnic Cleansing of the East
European Germans, 1944-1950, New York 1994, S. 152.
Blanke, Richard: Polish-speaking Germans? Language and National Identity among the
Masurians since 1871 (Ostmitteleuropa in Vergangenheit und
Gegenwart, Bd. 24), Köln u.a. 2001, S. 281.
Vgl.:
Kossert, Andreas: Masuren. Ostpreußens vergessener Süden, Berlin 2001, S. 354-355.
Vgl.:
De Zayas: A Terrible Revenge, S. 33-63.
Kontakt:
Dr. Christoph Muhtz,
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf,
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie,
Martinistraße 52, 20246 Hamburg,
Tel. (040) 42803-3210, Fax (040) 42803-4207.
Dieser Text wurde 2008-05-17-22:50 durch Gut Quednau verbreitet, ML 2008-05-18